Alex Palou gewann am Sonntag das Rennen auf der Road America. Damit baute er seine Führung in der Meisterschaft weiter aus.
Colton Herta sicherte sich die Pole Position vor Pato O’Ward und Alex Palou und sah auch am Sonntag lange wie der Sieger aus. Insgesamt 33 Runden führte er das Rennen an. Doch am Ende sollte es für Andretti Autosport wieder nicht reichen. Sie mussten sich nicht nur Chip Ganassi Racing, sondern auch Team Penske und McLaren geschlagen geben. Auch Kyle Kirkwood konnte seine gute Ausgangsposition, Startplatz 6 hinter Josef Newgarden und Alexander Rossi, nicht in eine Top-Platzierung ummünzen. Trotzdem war es nach der ersten Runde eins ehr gutes Rennen. Zudem hatte Romain Grosjean im Rennen zahlreiche Ausritte. ein Rennen war eher eine Katastrophe. Trotzdem war Andretti Autosport als Team an diesem Wochenende nur ein kleines Thema.
Die große Aufregung des Wochenendes ereignete sich bereits im zweiten Training am Samstagmorgen: Will Power wollte auf einer schnellen Runde Romain Grosjean überholen. Doch der blockierte und Power musste mit zwei Rädern durch den Dreck. Weiter vorne hatte sich in der Zwischenzeit Scott Dixon gedreht. Er wartete abseits der Ideallinie und ließ Grosjean vorbei. Den nachfolgenden Penske von Will Power übersah Dixon jedoch völlig und zog in dessen Spur. Beide Autos kollidierten und schlugen anschließend hart in die Betonmauer ein. Will Power war, sicher auch durch die Aktion von Grosjean kurz zuvor, außer sich. Er zeigte Dixon den Mittelfinger und packte ihn am Kragen seines Rennanzugs. Offizielle waren schnell zur Stelle und brachten beide in den Rettungswagen. Beide Teams konnten ihre Autos für das Qualifying wieder aufbauen. Aber ganz passte es dann doch nicht. Sie qualifizierten sich nur für die Startplätze 22 und 23. Im anschließenden Interview legte Will Power nach: „[Grosjean] needs a punch in the face.“ Wahrscheinlich gibt es unter den IndyCar-Piloten dafür aber schon eine Warteliste.
Scott Dixon und Will Power hatten aufgrund ihrer Startpositionen ein sehr spannendes Rennen. Aber auch an der Spitze wurde es nie langweilig. Colton Herta konnte seine Pole-Position am Start in die Führung ummünzen. Doch hinter ihm wurde es eng: Kyle Kirkwood fuhr Pato O’Ward ins Heck und landete im Kiesbett von Turn 1. Die erste Caution war die Folge. Damit begannen auch die unterschiedlichen Startstrategien. Die im Vorfeld favorisierte Strategie sah vier Stints vor. Aufgrund der Streckenlänge und des Benzinverbrauchs war man bei drei Stopps nicht sehr flexibel, was die Stintlänge betraf. Es gab Bedenken bezüglich der Haltbarkeit der Option-Reifen. Es wurde diskutiert, ob eine 4-Stopp-Strategie mit einem sehr kurzen Stint auf den Option-Reifen möglich bzw. von Vorteil wäre.
Die frühe Caution durch Kirkwood gab nun den Piloten, die auf Option-Reifen gestartet waren, die Möglichkeit, sehr früh auf Prime-Reifen zu wechseln. Zu dieser Gruppe gehörten unter anderem Felix Rosenqvist und Scott Dixon. Auch Will Power nutzte die Caution für einen Stopp, blieb aber auf Prime-Reifen. Für alle Autos in der Spitzengruppe stellte sich die Frage nach einem Stopp nicht. Sie waren alle auf Prime-Tires gestartet. Nach dem Restart behielt Colton Herta die Führung vor Alex Palou und Marcus Armstrong. Josef Newgarden und Alexander Rossi folgten auf den Plätzen 4 und 5. Pato O’Ward fiel auf Platz 9 zurück, unter anderem weil er wegen Blockierens von Santino Ferrucci bestraft wurde.
Auch in den folgenden Runden blieb das Feld im Renntempo dicht beisammen. Die Strecke war neu asphaltiert worden und der neue Belag bot viel Grip. Der aerodynamische Nachteil beim Hinterherfahren war somit kein großer Faktor mehr. Durch alle schnellen Kurven konnte man mit weniger als einer Sekunde Abstand folgen. Auf den langen Geraden konnte man dann den Windschatten voll ausnutzen.
In Runde 13 versenkte Romain Grosjean seinen Andretti Dallara im Kiesbett von Kurve 3. Es war nicht sein erster Ausritt und sollte auch nicht der letzte bleiben. Da er aber den Motor abwürgte, war es der folgenschwerste und er verlor eine Runde auf die Spitze. Noch bevor eine Caution ausgesprochen werden konnte, kam das Feld zum Boxenstopp. Will Power kam in dieser und der folgenden Gelbphase insgesamt vier Mal an die Box. Es gab Probleme mit der Tankanlage und das Team hatte Schwierigkeiten, den Tank vollständig zu füllen. Das war natürlich ein heftiger Dämpfer auf dem Weg zu einer akzeptablen Schadensbegrenzung. Scott Dixon war mit diesem Stopp wieder im Rhythmus der Spitzengruppe, hatte seinen Stint auf Option-Reifen bereits absolviert und lag auf Platz 12.
Noch vor dem eigentlichen Restart fuhr Jack Harvey in der letzten Kurve geradeaus in die Reifenstapel. Über Harveys Leistung möchte ich lieber den Mantel des Schweigens hüllen. Aber sein Team RLL-Racing war an diesem Wochenende besser unterwegs. Christian Lundgaard ging von Startplatz 7 ins Rennen und hielt sich dort bis ins Ziel. Graham Rahal verbesserte sich von Startplatz 14 auf Platz 11. Toll fand ich das Interview von Graham Rahal nach dem Rennen über die positiven Auswirkungen der personellen Veränderungen in der kurzen Pause. Er bedankte sich bei den Entlassenen, bezeichnete sie als hervorragende Mitarbeiter und bedauerte, dass sie gehen mussten. Aber als Team habe man reagieren müssen, vor allem im Hinblick auf 2024. Das hatte Stil.
Den nächsten Restart gewann wieder Colton Herta. Im Laufe des Stints konnte sich Josef Newgarden an Alex Palou vorbei auf Platz 2 schieben. Alexander Rossi verbesserte sich auf Platz 4 und Pato O’Ward auf Platz 5. Marcus Armstrong fiel währenddessen etwas zurück. Die nächste Gelbphase wurde von David Malukas ausgelöst. Er musste seinen Dallara-Honda in Kurve 8 mit einem technischen Defekt abstellen. Das Feld kam während der Caution fast geschlossen zum Boxenstopp. Durch eine kleine Verzögerung verlor Colton Herta seine Spitzenposition an Alex Palou und auch Josef Newgarden schlüpfte noch durch. Nicht an die Box kamen Marcus Armstrong und Will Power, der ohnehin nichts zu verlieren hatte. Bei Armstrong fürchtete das Team einen längeren Stint auf Option-Reifen. Aber fast alle seine Konkurrenten in den Top-10 waren nun auf den weniger haltbaren Reifen unterwegs. Das Risiko war also sehr überschaubar. Doch der Stopp unter Grün wenige Runden später zerstörte sein Rennen um eine Top-Platzierung.
Beim Restart wählte Josef Newgarden die falsche Linie und verlor einige Plätze. Auch Alex Palou konnte die Führung hinter Power und Armstrong nur wenige Runden genießen. Bereits in der 30. Runde überholte ihn Colton Herta. Die Fahrer auf Option-Reifen mussten aufpassen. Scott Dixon, Marcus Ericsson und Kyle Kirkwood auf Prime-Reifen konnten dagegen volles Tempo gehen. Dixon und Ericsson fuhren damit in die Top-6, Kirkwood schaffte es vom letzten Platz nach der ersten Runde noch in die Top-12.
Eine Tankfüllung reichte für 14 Runden im Renntempo. Ziel war es, diesen Stint bis Runde 41 durchzuziehen. Doch bereits in Runde 40 kam Colton Herta an die Box. Die 15 Runden bis ins Ziel konnte man auch mit einer Tankfüllung schaffen. Man musste nur entsprechend Benzin sparen. Alex Palou, Josef Newgarden, Scott Dixon und fast alle anderen Piloten kamen in Runde 41 an die Box und hatten dementsprechend eine Runde mehr Benzin zur Verfügung. Bei der Länge der Strecke war das eine ganze Menge. Colton Herta war mehr oder weniger chancenlos. Es war wieder ein Rennen, in dem Andretti Autosport viel mehr hätte herausholen können. Der Stratege verlor das Rennen an der Box.
Alex Palou übernahm in der 47. Runde die Führung, nachdem Will Power an die Box gekommen war. Ungefährdet fuhr er den Sieg mit 4,5 Sekunden Vorsprung vor Josef Newgarden nach Hause. Dahinter kamen Pato O’Ward und Scott Dixon ins Ziel. Colton Herta rettete Platz 5 vor Marcus Ericsson ins Ziel. Santino Ferrucci, Scott McLaughlin, Kyle Kirkwood und Alexander Rossi komplettierten die Top-10. Will Power holte nach all den Problemen das Maximum heraus. In Runde 45 fuhr er mit 11 Runden alten Option-Reifen die schnellste Rennrunde. Das zeigt, welches Potential Will Power und sein Penke-Dallara an diesem Wochenende gehabt hätten. Am Ende kam er als 13. ins Ziel. Bei seiner Rückkehr auf die IndyCar-Rundstrecke erreichte Ryan Hunter-Reay Platz 17. Er lag damit in einer Region, die auch Conor Daly im Durchschnit erreichte.
Das komplette Ergebnis ist auf der Homepage der IndyCar-Serie (pdf) nachzulesen.
In der Meisterschaft konnte Alex Palau (324 Punkte) seine Führung weiter ausbauen. Er liegt nun 74 Punkte vor Marcus Ericsson (250 Punkte). Dahinter folgen Josef Newgarden (243 Punkte), Pato O’Ward (226 Punkte) und Scott Dixon (226 Punkte). Die Verfolger bräuchten schon mehr als ein schlechtes Wochenende von Palou, um noch einmal in Sichtweite der Meisterschaft zu kommen.
Das nächste Rennen der IndyCar-Series ist das Honda Indy 200 at Mid-Ohio am 02. Juli.