Für den Beginn der zweiten Saisonhäfte zieht es die IndyCar-Series nach Kanada. Es ist der einzige Auftritt außerhalb der USA.
Das Rennen in Toronto ist eines der traditionsreichsten im IndyCar-Kalender. Seit 1986 fährt die IndyCar regelmäßig auf dem Exhibition Place. In dieser Zeit fiel das Rennen nur dreimal aus: 2008 wegen der Fusion von Champ Car und IRL, 2020 und 21 wegen der COVID-19-Pandemie. Letztes Jahr war es wieder ein großer Erfolg. Es wurde ein Zuschauerrekord für die letzten 20 Jahre aufgestellt und in diesem Jahr lief der Vorverkauf sogar noch etwas besser. Verständlich, dass eine Verlängerung der Verträge von allen Beteiligten angestrebt wird.
Im vergangenen Jahr gewann Scott Dixon das Rennen. Es war sein vierter Sieg in Toronto seit 2013, dennoch ist er an diesem Wochenende höchstens zweiter Favorit. Sein Teamkollege Alex Palou ist derzeit einfach in bestechender Form. Er hat vier der letzten fünf Rennen gewonnen. Das Indy 500 dazwischen beendete er nur wegen des Boxenunfalls mit Rinus VeeKay als Vierter. Palou könnte also auch schon bei fünf Saisonsiegen stehen. Ein Sieg in Toronto wäre nun sein vierter in Folge. Eine solche Serie gelang zuletzt Sébastien Bourdais in der Champ-Car-Saison 2006, übrigens in der Rookie-Saison von Will Power. In der wiedervereinigten IndyCar-Serie wären vier Siege in Folge unerreicht.
Die Liste der Fahrer, die Palous Siegesserie beenden könnten, ist kurz. Vom Speed sind es am ehesten noch Pato O’Ward und Colton Herta, die beide in dieser Saison noch sieglos sind. Beide schaffen es immer wieder, sich durch Fehler um bessere Ergebnissen zu bringen. Vor allem Colton Herta und Andretti Autosport sind mittlerweile Experten darin, sich selbst ins Bein zu schießen. Aber wenn alles zusammenpasst, können sie auch aus eigener Kraft Rennen gewinnen.
Team Penske erlebt eine merkwürdige Saison. Einerseits beweisen der Sieg von Scott McLaughlin in Alabama sowie die Podestplätze von Will Power und Josef Newgarden in Detroit, Road America und Mid-Ohio, dass sie als Team den Speed haben. Manchmal geht aber auch gar nichts. Josef Newgarden qualifizierte sich in Mid-Ohio für Startplatz 15 und kam als Zwölfter ins Ziel. Es gab keine offensichtlichen Probleme wie einen Dreher, einen verpatzten Boxenstopp oder ein beschädigtes Fahrzeug. Der Wagen war einfach nicht schnell genug. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Josef Newgarden nach Platz zwei in Road America innerhalb von zwei Wochen verlernt hat, auf einem Straßenkurs zu fahren. Aber Team Penske ist zuzutrauen, dass sie jederzeit den sprichwörtlichen Hebel finden, umlegen und plötzlich sind alle drei in den Top-5.
Wie schnell es gehen kann, hat zuletzt Rahal Letterman Lanigan Racing gezeigt. Teilweise kamen sie bisher kaum in die Top-15 und die letzten beiden Rennen beendete Christian Lundgaard in den Top-7. Zudem fuhr Graham Rahal trotz Probleme beim beiden Boxenstopps in Mid-Ohio auf Platz 7 und sogar Jack Harvey tauchte zeitweise in den Top-10 auf. Lundgaard und Rahal sind absolute Wildcards. Wenn sie ihren Aufwärtstrend fortsetzen, sind sie Kandidaten für die Top 5, wenn nicht aber auch für die Last-10.
Das Gegenteil von Wildcards sind Scott Dixon und Marcus Ericsson. Beide fahren sehr konstant, wenn auch auf etwas niedrigerem Niveau als ihr Teamkollege Alex Palou. Ihre einzige Platzierung außerhalb der Top-10 verdanken sie jeweils einem Unfall in der Anfangsphase des Rennens. Doch während Scott Dixon in Long Beach unverschuldet aus dem Rennen genommen wurde, muss sich Marcus Ericsson den Ausfall in Mid-Ohio selbst zuschreiben. Trotzdem sind beide sichere Kandidaten für die Top-10, vielleicht sogar für die Top-5.
Simon Pagenaud kann noch nicht wieder ins Cockpit steigen. Nach seinem Unfall in Mid-Ohio zeigt er Symptome einer Gehirnerschütterung. In seinem Auto gibt Tom Blomqvist sein Debüt in der IndyCar-Serie. Derzeit fährt er erfolgreich für Meyer Shank Racing in der IMSA.
Strecke
Die 1,75 Meilen (2,82 km) lange Strecke führt durch den Exhibition-Place, einem multifunktionalen Veranstaltungsort direkt am Lake Ontario. An der größten Messehalle Kanadas befindet sich die Start- und Zielgerade, die mit einer 90 Grad Rechtskurve endet. Die folgende schnelle Rechtskurve führt auf die längste Gerade der Strecke. Am Ende lädt eine enge Rechtskurve zum Überholen ein. Eine schnelle Linkskurve führt auf eine kurze Gerade, die in einer 90 Grad Linkskurve endet. Nach einer langgezogenen Rechtskurve um das Queen-Elizabeth-Theater folgt eine weitere, leicht gebogene Gerade. Vor dem Horse Palace macht die Strecke eine 90 Grad Rechtskurve in Richtung BOM-Field. Eine 90-Grad-Linkskurve mündet in eine schnelle Rechts-Links-Passage, die die Fahrer bereits wieder auf die Start- und Zielgerade führt. Im Prinzip ein typischer amerikanischer Stadtkurs mit den üblichen Problemen: Enge Strecke, nahe Betonwände, nicht unbedingt überholfreundlich.
Zeitplan (eastern time, MESZ)
Freitag, 14. Juli
3:00 – 4:15 p.m. (21:00 – 22:15) – NTT IndyCar Series practice #1
Samstag, 15. Juli
10:35 – 11:35 a.m. (16:35 – 17:35) – NTT IndyCar Series practice #2
2:50 – 4:20 p.m. (20:50 – 22:20) – Three rounds of NTT IndyCar Series knockout qualifications
Sonntag, 16. Juli
10:15 – 10:45 a.m. (16:15 – 16:45) – NTT IndyCar Series warm-up
1:30 p.m. (19:30) – Honda Indy Toronto green flag, 85 laps/151.81 miles, Peacock, Sky live