Ein verregneter erster Lauf auf dem Silverstone National Circuit führte zu unterschiedlichen Reifenstrategien und sah mit Jake Hill einen verdienten Sieger, der sich zugleich kurzzeitig in den Meisterschaftskampf zurückbrachte. Die trockenen Läufe zwei und drei boten dann packende Kämpfe, eine beeindruckende Aufholjagd von Ash Sutton und einen historischen 150. BMW-Sieg durch Colin Turkington.
Vor dem Start zum ersten Lauf hatte es erstmals an diesem Rennwochenende geregnet, und die Strecke präsentierte sich zu Beginn des Rennens noch nass. Die entscheidende Frage war also, ob die Strecke schnell genug abtrocknen würde, um den Start auf Slicks zu wagen oder ob doch Regenreifen die besser Alternative wären.
Überraschungs-Pole Sitter Micky Doble im Vauxhall Astra des PMR-Teams entschied sich wie der Großteil innerhalb der Top Ten für Slicks. Tags zuvor Doble sich in einer spannenden und engen Quali mit nur wenigen tausendstel Sekunden Vorsprung gegen Colin Turkington, Tom Ingram und Jake Hill durchgesetzt, womit erstmals in dieser Saison kein NAPA Racing-Ford auf dem ersten Startplatz zu finden war. Meisterschaftsfavorit Ash Sutton fuhr mit dem fünften Startplatz sogar sein bislang schlechtestes Qualifikationsresultat, welches aber natürlich immer noch eine vielversprechende Ausgangsposition, bedeutete.
Für den ersten dramatischen Moment des Tages sorgte dann nach vor dem eigentlichen Start ausgerechnet Pole-Mann Dobl, als er – in der Annahme es würde wegen der nassen Strecke zwei Einführungsrunden geben, nach der ersten Einführungsrunde weiterfuhr, während sich der Rest des Feldes in den Startboxen positionierte. Aus dem ersten Startplatz wurde somit der letzte, den Doble nach Absolvierung seiner ganz privaten zweiten Einführungsrunde gerade noch rechtzeitig zum Start einnehmen konnte.
Da es kurz vor dem Start der Einführungsrunde zudem wieder leicht zu regnen begonnen hatte, waren nun plötzlich all diejenigen, die sich in der Startaufstellung noch für Regenreifen entschieden hatten, klar im Vorteil. Auf den vorderen Positionen war dies einzig Jake Hill, der dann auch gleich mühelos die Führung übernahm, während um ihn herum alle verzweifelt nach Grip suchten.
Turkington, Ingram, Sutton und viele andere Slick-bereifte kämpften mit den schwierigen Bedingungen und verloren Position um Position. Schon nach einer Runde befanden sich mit Andrew Watson, Sam Osborne und Dan Rowbottom auf den Plätzen zwei bis vier ausschließlich Fahrer, die mit Regenreifen gestartet waren. Für Turkington kam es noch bitterer, als er nach einer Kollision mit Josh Cook zum Ende der ersten Runde in Luffield ausschied.
Der Regen fiel zwar nicht sonderlich stark, dauerte aber immer weiter an, so dass mehr und mehr Fahrer die Box ansteuerten und Slicks gegen Profilreifen tauschten. In der vierten Runde entschieden sich schließlich auch Tom Ingram und Ash Sutton für einen Wechsel, was sie eine ganze Runde kostete. Durch die ganzen Boxenstopps bot sich ein chaotisches Bild auf der Strecke und es wurde zunehmend schwierig, den Überblick über die verschiedenen Reifenstrategien zu behalten. Währenddessen behauptete Jake Hill souverän die Führung und dominierte das Rennen.
Kurz vor Rennhalbzeit hörte es zu allem Überfluss schließlich doch wieder auf zu regnen und die Strecke begann recht schnell abzutrocknen. Die wenigen Fahrer, die auf Slicks draußen geblieben waren, fuhren im letzten Renndrittel plötzlich deutlich schnellere Rundenzeiten als ihre Konkurrenten auf Regenreifen. Die besten unter ihnen – Rory Butcher, Árón Taylor-Smith und Josh Cook – kämpften sich nun sukzessive erfolgreich zurück in die Top Ten, auch wenn es für einen Anschluss zur Spitze nicht mehr reichen sollte.
Am Ende sicherte sich Jake Hill einen hochverdienten Sieg mit einem komfortablen Vorsprung vor Dan Rowbottom, Andrew Watson, Adam Morgan und Bobby Thompson. Die Entscheidung, auf Regenreifen zu starten, erwies sich somit als die richtige Strategie für die führenden Fahrer. Rory Butcher und Árón Taylor-Smith auf Slicks belegten die Plätze sechs und sieben, gefolgt von Sam Osborne auf Regenreifen und Josh Cook auf Slicks. Dan Lloyd auf Regenreifen erreichte den zehnten Platz und war damit der beste Fahrer, der einen Boxenstopp – geschickterweise bereits zum Ende der Einführungsrunde – eingelegt hatte.
Micky Doble, nach seinem unglücklichen Vorfall vor dem Start, rettete sich ebenfalls auf Slicks durch das Rennen und landete immerhin noch auf dem respektablen elften Platz. Tom Ingram und Ash Sutton, die nach ihren Boxenstopps keine Punkte einfahren konnten, erlebten dagegen auf den Plätzen 22 und 23 eine Nullnummer, was Rennsieger Hill unvermittelt wieder etwas näher im Meisterschaftskamp heran brachte: Statt 62 hatte er nun „nur“ noch 41 Punkte Rückstand und war zugleich an Hill vorbei auf Rang zwei gezogen.
Nach dem nassen ersten Lauf fand der zweite Lauf bei trockenen Bedingungen. Jake Hill verteidigte seine Führung beim Start zunächst souverän, während dahinter Dan Rowbottom auf Startplatz zwei Schwierigkeiten hatte und auf den vierten Platz zurück hinter Watson und Morgan zurückfiel. In den ersten Runden behielten Hill und Watson die Spitzenpositionen, während Morgan und Rowbottom dahinter in der zweiten Runde in Brooklands aneinander gerieten, was Rowbottom bis auf den 13. Platz zurückwarf.
An die Spitzengruppe hatte sich unterdessen Árón Taylor-Smith herangeschlichen, der In der vierten Runde schließlich Morgan überholen konnte, wodurch beide Vauxhall-Fahrer überraschend auf den Plätzen zwei und drei lagen. Währenddessen kämpften sich Ash Sutton und Tom Ingram von hinten durch das Feld. Bis zur sechsten Runde hatte sich Sutton bereits in die Top Ten vorgearbeitet. Eine intensive, zwei Runden dauernde Auseinandersetzung mit reichlich Lackaustausch zwischen Josh Cook und Bobby Thompson ermöglichte es Sutton, direkt an beiden vorbeizuziehen. Leider musste BTCC-Rückkehrer Thompson in der Folge aufgrund von Schäden an seinem Cupra Leon aufgeben.
Hinter dem um einige Wagenlängen enteilten Hill überholte Taylor-Smith in der achten Runde seinen Teamkollegen Watson für den zweiten Platz. In der darauffolgenden Runde verlor Watson dann eine weitere Position verlor Watson gegen Toyota-Pilot Rory Butcher, während wenige Autos dahinter Sutton seine eindrucksvolle Aufholjagd fortsetzte und in der zehnten Runde zunächst seinen Teamkollegen Rowbottom sowie Dan Lloyd überholte, sodass er nun hinter Watson auf dem sechsten Platz lag.
In der 14. Runde erlebte das Rennen dann eine kurze Neutralisierung, als das Safety-Car auf die Strecke kam, damit einige verstreut liegende Trümmerteile aufgesammelt werden konnten. Hill, um seinen herausgefahrenen Vorsprung gebracht, behauptete auch nach dem Restart zunächst seine Führung vor Taylor-Smith, Morgan, Butcher, während Sutton dahinter Watson in Brooklands für Platz fünf überholte. Zum Ende der ersten Runde nach dem Restart wurde es dann aber plötzlich dramatisch, als Hill in Führung liegend plötzlich zweitweise keinen Vortrieb mehr hatte und chancenlos mehrere Positionen zurückfiel.
Somit führte kurz vor Schluss nun plötzlich Árón Taylor-Smith im Vauxhall vor Adam Morgan im BMW, Rory Butcher im Toyota und Ash Sutton im Ford. Gegen einen möglichen Sensationssieg für das älteste Auto im gesamten Feld schien aber Ash Sutton etwas zu haben: In der 20. Runde überholte Sutton zunächst und erreichte den dritten Platz und in der vorletzten Runde schließlich auch Morgan. In der letzten Runde kam es schließlich zum Showdown, als Sutton vor Copse Taylor-Smith für die Führung attackierte und sich in einem sehenswerten Manöver schließlich durchsetzen konnte.
Sutton siegte somit also vor dem dennoch überglücklichen Árón Taylor-Smith und – man höre und staune – Tom Ingram. Der Hyundai-Pilot hatte sich, immer einige Autos hinter Sutton liegend, ebenfalls Position um Position nach vorne gearbeitet und in der vorletzten Runde schließlich den dritten Platz von Adam Morgan erobert. Rory Butcher, der im Windschatten von Ingram ebenfalls an Morgan vorbeigehen konnte, belegte den vierten Platz. Hinter Morgan komplettierten Watson, Cook, Turkington (ebenfalls mit guter Aufholjagd von ganz hinten), Lloyd und Rowbottom die Top Ten. Jake Hill fand sich mit seinen Antriebsproblemen und einem zusätzlichen Dreher dagegen nur auf dem 22. Platz wieder. Der kurz zuvor gut gemachte Boden in der Meisterschaft war somit also wieder dahin.
Der dritte Lauf des Tages versprach dann mit einer nach dem Reverse Grid Draw maximal umgedrehten Startaufstellung weiterhin einiges an Spannung. Auf der Pole Position fand sich Michael Crees wieder mit Ronan Pearson, der erst kurz zuvor eine Vertragsverlängerung beim Exclr8-Team erhalten hatte, neben sich in der ersten Startreihe. Der Rennstart verlief dann turbulent, als Crees schlecht wegkam und Pearson und Dan Rowbottom Seite an Seite auf den ersten beiden Plätzen in die ersten Kurven gingen. Colin Turkington befand sich direkt dahinter im Zweikampf mit Dan Lloyd. Zum Ende der ersten Runde unterlief Pearson dann ein Fehler, als er in Luffield zu weit nach außen kam und dadurch Rowbottom, Lloyd und Turkington an ihm vorbeiziehen konnten.
Etwas weiter hinten im Feld gab es derweil eine Schrecksekunde, als Crees, Butcher und Morgan bei voll durchgedrücktem Gaspedal im dichten Pulk kollidierten und Butcher und Morgan sich nach links wegdrehten, wobei Butcher mit der Fahrerseite in die Begrenzungsmauer einschlug. Glücklicherweise blieb der Schotte unverletzt, und Morgan konnte sogar das Rennen fortsetzen und am Ende sogar den zehnten Platz erreichen. Die Bergung des verunfallten Toyotas von Butcher erforderte jedoch den Einsatz des Safety Cars für mehrere Runden.
Nach dem Neustart in der siebten Runde griff Colin Turkington dann sofort die vor ihm fahrenden Rowbottom und Lloyd an. In Brooklands überholte er zunächst Lloyd und eine Runde später auch Rowbottom auf der Start-Ziel-Geraden, um die Führung zu übernehmen. Hinter Turkington hatten sich derweil Ingram und Sutton durch das Feld gearbeitet und befanden sich in der zehnten Runde bereits auf den Plätzen drei und fünf.
In der 14. Runde überholte Ingram schließlich Rowbottom unter Einsatz seiner Hybrid-Zusatzpower auf der Start-Ziel-Geraden für Platz zwei und setzte sich schnell von ihm ab. Rowbottom geriet daraufhin unter Druck von Ronan Pearson, während Sutton hinter diesem lauerte. Sutton nutzte die Gelegenheit, als Pearson von Rowbottom ausgebremst wurde, um erfolgreich gegen den Hyundai-Piloten anzugreifen und sich auf den vierten Platz zu schieben.
Anschließend war es etwas überraschend, dass Rowbottom seinen Teamkollegen Sutton nicht vorbeiließ und ihm sogar etwas Widerstand leistete, während Ingram sich davor etwas absetzen konnte. Erst in der 22. Runde überholte Sutton schließlich mit dem Einsatz seines Hybrid-Systems Rowbottom und sicherte sich den dritten Platz. Zu diesem Zeitpunkt war Ingram jedoch außer Reichweite. Das etwas rätselhafte Duell der beiden erklärte Sutton hinterher so, dass Rowbottom am Tag zuvor absichtlich seinen letzten Quali-Run abgebrochen hatte, damit Sutton es in das Top Ten-Shootout schaffen würde. Die Widergutmachung dafür war dann quasi, dass Rowbottom für die Verteidigung seiner Position kämpfen „durfte“.
Von den Kämpfen hinter ihm gänzlich unbeeindruckt fuhr Colin Turkington an der Spitze den Sieg ein und erreichte damit den insgesamt 150. BTCC-Sieg für BMW. Nach seinem Ausfall im ersten Lauf war dies zweifellos eine wohlverdiente Wiedergutmachung für den vierfachen BTCC-Champion. Das Podium komplettierten Tom Ingram und Ash Sutton vor Rowbottom, Pearson, Cook, Collard, Hill, Taylor-Smith und Morgan.
Die Ergebnisse der drei Läufe aus Silverstone können bei TSL Timing und auf der offiziellen BTCC-Webseite im Detail studiert werden.
Am kommenden Wochenende steht das Finale der diesjährigen BTCC-Saison auf dem Grand Prix-Circuit von Brands Hatch an. Ash Sutton wird als klarer Meisterschaftsfavorit an die Strecke in der Grafschaft Kent reisen. 45 Punkte Rückstand bedeuten für den amtierenden Champion und aktuell Meisterschaftszweiten Tom Ingram allerhöchstens noch Außenseiterchancen. Jake Hill ist mit 68 Punkten Rückstand bereits raus aus dem Meisterschaftskampf.
Eng ist es noch in der Herstellerwertung, wo BMW hauchdünn vor Ford führt, während in der Teamwertung NAPA Racing UK schon so gut, wie alles klar gemacht hat, da sich die Punkte der BMW-Teams auf zwei Entries verteilen (WSR als Team BMW und MB Motorsport als Laser Tools Racing).
Alles durch ist auch bereits in der Independent-Wertung, in der Josh Cook bei den Fahrern und OneMotorsport bei den Teams uneinholbar vorne liegen.
Aber auch wenn die Meisterschaft schon so gut wie entschieden ist, dürfen wir uns mit Sicherheit auf drei spannende letzte Läufe der diesjährigen BTCC-Saison freuen.
Bilder:btcc.net