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Formel Eins: Analyse GP von Kanada – Ist Mercedes zurück?

von DonDahlmann
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Ein überraschend starkes Rennen der Mercedes, die aber den Sieg von Red Bull nicht verhindern konnten. Es wird eng an der Spitze.

Immer, wenn es Regen gibt, liefert die F1 gute Rennen ab. Das ist keine Neuigkeit und so war auch das Rennen in Kanada sehr abwechslungsreich und sah drei verschiedene Piloten an der Spitze. Dass sich am Ende Max Verstappen erneut durchsetzen konnte, war ein wenig Glück, aber auch dem Umstand geschuldet, dass Red Bull bei diesem Wetter die Reifen schneller auf Temperatur bringen konnte, als die McLaren, die dafür auf den Long Runs deutlich besser waren. Doch die eigentliche Überraschung kam von Mercedes.

Die hatten in den letzten Rennen eine ganze Reihe von Updates ans Auto angebracht und in Montreal gab es dann für beide Fahrer auch den neuen Frontflügel, den Russell schon in Monaco erfolgreich ausprobiert hat. Mercedes zeigte sich in Kanada sehr gut sortiert. Im einzigen regenfreien Training hatte man klar das schnellste Auto. Und auch in der Qualifikation fuhren beide Mercedes die absolut gesehen schnellsten Runden. Sie waren die Einzigen, die unter 1:12 min lagen. Doch das war in Q2. In Q3 war die Strecke nicht so schnell, aber Russell gelang es dennoch die Pole zu holen. Er landete am Ende bei einer 1:12.000 und Verstappen fuhr die exakt gleiche Zeit ein paar Runden später. Hamilton leistet sich einen Fehler und lag drei Zehntel dahinter.

Die Frage war: Was hatte Mercedes gemacht, dass sie plötzlich so schnell waren? Der angesprochene neue Frontflügel nebst Verbesserungen am T-Tray und dem Unterboden scheinen Früchte zu tragen. Das gilt vor allem für die Fahrbarkeit des Autos. Bislang war man entweder in den schnellen Passagen gut, dafür aber in den langsamen miserabel, oder umgekehrt. Genau dieses Problem haben die diversen kleinen Updates in den letzten Rennen wohl behoben.

Zumindest in Kanada. So ganz traue ich der Sache noch nicht. Montreal ist eine spezielle Strecke, eher Stopp ’n Go, mit keinen schnellen Kurvenpassagen, die die aerodynamische Last verteilen. In Barcelona wird man eher sehen, ob die Updates dem Team wirklich so stark geholfen haben. Ein weiterer Grund für meine Skepsis ist das schlechte Abschneiden von Ferrari, die in Kanada komplett untergingen. Beide verpassten den Einzug in Q3, was schon sehr außergewöhnlich ist.

Im Vergleich zu Mercedes fehlten Ferrari plötzlich sieben Zehntel. Wenn man die vier Zehntel dazu rechnet, die die Ferrari bisher vor Mercedes gelegen hat, sind das 1,1 Sekunden. So viel kann das Update nicht gebracht haben. Es sind, wenn sich das in Barcelona wiederholen sollte, vermutlich eher 3 bis 4 Zehntel. Damit läge Mercedes dann gleichauf mit McLaren und Ferrari, was ja auch schon Fortschritt für das Team wäre.

Warum Ferrari ein katastrophales Wochenende hatte, darüber rätselt man auch in Maranello. Die Fahrer berichteten, dass man die Reifen nicht vernünftig auf Temperatur bekommen würde und die Balance nicht stimmte. Das ist schon etwas merkwürdig, allerdings taten sich die Ferrari bei wärmeren Temperaturen auch in Miami etwas schwer. Die Motorprobleme bei Leclerc deuten auch darauf hin, dass das ERS von Ferrari weniger gut mit Strecken klarkommt, auf denen man wenig „lift and coast“ machen kann. Dass beide Autos dann im Rennen ausfielen, vervollständigte das schlechte Wochenende.

Dass Red Bull nicht wie gewohnt dominieren konnte, war allerdings auch überraschend. In den letzten zwei Jahren sah das in Montreal völlig anders aus. Nachdem das Auto schon in Monaco schwach unterwegs war, stellt sich die Frage ob die Konkurrenz den Abstand zum Weltmeisterteam verringert und gar eingestellt hat. Auch hier wird man eine Antwort vermutlich in Barcelona sehen, was eine Referenzstrecke für die F1 ist.

Das Rennen wurde auf einer nassen Strecke gestartet, die dann aber schnell abtrocknete. Vorne änderte sich nicht, aber von hinten flogen die Haas in die Top Ten. Die hatte als einzige auf die Full Wets gesetzt und hofften darauf, dass der Regen etwas länger anhalten würde. Magnussen schob sich bis auf P5 nach vorn und auch Hülkenberg, der ausnahmsweise mal von seinem Teamkollegen in der Quali geschlagen wurde, kam in den Top 10 an. Doch der erhoffte Regen kam für Haas nicht und die Strecke trocknete schnell ab. So mussten beide dann an die Box und verloren wieder die Zeit, die herausgefahren hatten.

Vorn lag Russell lange an der Spitze, aber nur knapp vor Verstappen. Norris dahinter lag teilweise bis zu sieben Sekunden dahinter. Das änderte sich aber, als die Strecke abtrocknete. Plötzlich war vor allem Norris rund eine Sekunde pro Runde schneller auf den Intermediates. Russell hatte mit seinen Reifen dagegen Probleme und musste erst Verstappen und Norris ziehen lassen. Der schnappte sich dann auch Verstappen und sicherte sich einen Vorsprung von rund 5 Sekunden.

Dass es bis zu dem Zeitpunkt kein SC gegeben hat, war schon verwunderlich, aber Sargeant lieferte dann wie schon fast gewohnt ab und setzte den Williams in die Mauer. Das SC kam für Norris denkbar ungünstig. Er war kurz vor der Boxeneinfahrt, als das SC ausgerufen wurde, was zu knapp für einen Stopp war. Er musste dann eine halbe Runde hinter dem SC fahren, was ihn rund sechs Sekunden kostete. Sein Boxenstopp kam eine Runde, nachdem die Konkurrenz schon frische Intermediates genommen hatte. Der unverschuldet späte Stopp warf Norris dann wieder hinter Verstappen und Russell zurück.

Nach dem Restart setzte sich Verstappen vorn schnell ein paar Sekunden ab. Der Red Bull schafft es, seine Reifen schneller auf Temperatur zu bekommen als die Konkurrenz. So schafft es Verstappen in den ersten zwei Runden immer die Gegner aus dem DRS-Fenster zu fahren. Weder Russell noch Norris konnten da mithalten. Aber richtig weit absetzen konnte sich der Niederländer auch nicht.

Die Strecke trocknete zusehend ab und die Frage war, wer als Erster auf die Slicks setzen würde. Mercedes machte aus der Spitzengruppe den ersten Versuch mit Lewis Hamilton, der hinter beiden McLaren auf P5 lag. Der Wechsel kam vielleicht eine Runde zu früh, denn er verlor auf einer Outlap etwas Zeit. Aber er löste damit die Stopps im Feld aus. McLaren zog mit Piastri nach, aber die eine Runde, die Piastri auf den Intermediates länger als Hamilton draußen war, sollte sich auszahlen. Vor seinem Stopp hing Hamilton dem McLaren im Diffusor, nach dem Stopp lag er vier Sekunden dahinter.

Auch Russell und Verstappen kamen dann an die Box, aber McLaren ließ Norris zwei weitere Runden draußen. Der Versuch eines Overcut sollte sich auch fast auszahlen. Nach seinem Stopp lag Norris in der Boxenausfahrt tatsächlich eine halbe Wagenlänge vor Verstappen, doch er war auf der nassen Linie und hatte dann natürlich keine Chance gegen den Red Bull. Aber er lag immerhin vor Russell.

Damit hatten sich die Top 5 wieder eingefunden, doch es sollte noch eine weitere Unterbrechung. Sainz drehte sich und nahm dabei den völlig unschuldigen Alex Albon mit, der auf P9 lag. Die SC-Phase nutzten beide Mercedes für einen weiteren Boxenstopp. Damit verlor Russell zwar einen Platz an Piastri, aber für die letzten Runden hatte man eben die frischen Reifen. Beide Mercedes schnappten sich dann auch Piastri und Hamilton nutzte einen Fehler von Russell und sicherte sich P3. Doch der Teamkollege schlug ein paar Runden zurück und schnappte sich den ehemaligen Weltmeister in einem sehenswerten Überholmanöver.

Hinter den Top 5 sicherte sich Aston Martin P6 und P7. Die beiden Aston fuhren ein relativ einsames Rennen. Zu Beginn stritt sich Alonso in einem schönen Duell mit Hamilton, doch nach dem ersten Stopp lag der Brite vor dem Spanier. Danach war von den Aston wenig zu sehen. Sie konnte das Tempo der drei Teams an der Spitze nicht halten, waren aber deutlich schneller als der Rest des Feldes. Aston steht weiter vor dem Problem, dass man die Lücke nach vorn nicht schließen kann und man in der Entwicklung hinterherhängt.

P8 sicherte sich Daniel Ricciardo, der endlich mal wieder ein sehr gutes Wochenende hatte. P5 in der Quali war schon ein Statement. Vor allem, nachdem RB den Vertrag mit Tsunoda verlängert hatte, den des Australiers aber nicht. Das Rennen lief für Ricciardo zunächst nicht so gut. Am Start verlor er Plätze, zeitweise rutschte er auch aus den Top Ten, weil er sich auch noch eine 5-Sekunden-Strafe eingehandelt hatte. Es lag aber auch daran, dass sein Teamkollege in der ersten SC-Phase auf einen Wechsel der Intermediates verzichtete. Ricciardo kämpfte sich aber zurück und lag auf P9, als Tsunoda einen Fehler machte und ans Ende des Feldes fiel. Drei Punkte sollten dem Gemüt von Ricciardo aber gut tun.

P9 und P10 gingen an die Alpine. Die leicht (wirklich nur ganz leicht) aufsteigende Tendenz des Teams setzte sich in Montreal fort. Beide waren gut unterwegs, profitierten aber auch von den vielen Ausfällen. Beide Ferrari und beide Williams flogen raus, was das Ergebnis für Alpine möglich machte. Dass sie sich gegen die Haas und Sauber durchsetzen konnte, war dann nur eine Randnote.

Für Sauber allerdings nicht. Das Team ist einem einem desolaten Zustand. Und wenn Audi nicht schon die Mehrheit übernommen hätte, würde man sich fragen, wann Sauber verkauft wird. Beide Sauber waren die langsamsten Autos im Feld. Wie schlecht der Sauber war, sieht man, wenn man sich die letzten 15 Runden nach dem Restart anschaut. Bottas auf P13 verlor in den letzten Runden des Rennens 9 Sekunden auf Magnussen vor ihm. In einem Rennen, in dem zwei Alpine in die Punkte kommen, müsste mehr drin sein. Aber Sauber lag nicht einmal in den Punkten.

Nach dem mauen Rennen in Monaco war das Rennen in Kanada eine schöne Abwechslung. Da nächste Woche Le Mans ist, pausiert die F1 und geht danach in ein Dreier-Wochenende mit Barcelona, Red Bull Ring und Silverstone. Drei Strecken, die dem Red Bull normalerweise sehr gut liegen, aber auf denen McLaren im letzten Jahr auch stark war.

Bilder: Pirelli

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