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Formel Eins: Analyse GP von Singapur – Norris in einer anderen Liga

von DonDahlmann
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Lando Norris dominierte das gesamte Wochenende in Singapur. Der Rest des Feldes hatte keine Chance gegen den McLaren.

Besser kann man ein Wochenende nicht fahren. In fast allen Sessions vorn, dominante Pole, dominanter Sieg. Teilweise nahm Norris dem Weltmeister Verstappen eine Sekunde pro Runde ab. Und so war schon sehr früh im Rennen klar, dass der Sieg nur an Norris gehen würde. Weder Verstappen noch die Mercedes hatten eine Antwort auf die Pace, die Norris in der Hitze vorlegen konnte. Das zeigte aber auch, dass das Rennen sehr ruhig war und mal wieder eher einer Prozession glich. So hübsch die Kulisse in Singapur in der Nacht ist, so langweilig sind dann oft leider auch.

Überraschenderweise gab es in diesem Jahr kein einziges Safety Car, was dem Rennen nicht guttat. Zwar gab es einige Überholmanöver, aber die entscheidende Rolle spielte die Strategie. Der besseren Übersicht halber, hier die Stopps der Spitzenfahrer:
L14 SAI Hard
L17 HAM Hard
L26 ALO Hard
L28 RUS Hard
L29 PER Hard
L30 VER Hard
L30 HUL, COL Hard
L31 NOR Hard
L37 LEC Hard
L39 PIA Hard

Die drei Autos, die man sich genauer anschauen muss, sind Hamilton, Leclerc und Piastri. Hamilton hatte zum Start die Soft genommen, in der Hoffnung, am Start von seiner dritten Startposition entweder Verstappen oder Norris auf der Pole angreifen zu können. Aber die beiden starteten exzellent und den kleinen Vorteil, den Hamilton mit seinen Soft hatte, verwandelte sich zu einem gewaltigen Nachteil.

Der Brite konnte schnell das Tempo auch von Verstappen nicht mehr halten und sogar Russell hinter ihm wurde etwas ungeduldig. Der Zeitverlust war hoch und so entschloss sich Mercedes zu einem ungewöhnlich frühen Stopp in Runde 17. Das brachte Hamilton zwar für einen Moment die Chance auf einen Undercut, aber er wies zu Recht darauf hin, dass er mit den harten Reifen am Ende Probleme haben würde.

Da das Auto noch schwer war, musste es Hamilton langsamer angehen lassen, was natürlich für seinen Long Run nicht half. Er verlor einen Platz gegen Russell, der erst in Runde 28 an die Box kam. Im weiteren Verlauf des Rennens musste er die sehr spät gestoppten Piastri und Leclerc passieren lassen, was ihn auf P5 zurückwarf. Das war natürlich enttäuschend, nachdem er sich eine so gute Ausgangsposition in der Quali erarbeitet hatte. Der Fehler lag hier klar bei der Entscheidung, die Soft zum Start zu nehmen.

War es eine gravierende Fehlentscheidung? Eher nicht. Mercedes mag in der Quali stark gewesen sein, im Rennen war man es nicht. Russell absolvierte die normale Strategie und musste sich dennoch gegen Piastri geschlagen geben und konnte Leclerc gerade ebenso hinter sich halten. Im besten Fall wäre Hamilton auf P4 rausgekommen. Was angesichts der Position von Mercedes in der Team-WM auch keinen Unterschied gemacht hätte. Um das Podium konnten beide Mercedes nicht kämpfen.

Die interessanteste Strategie hatte McLaren mit Piastri. Der Australier war in der Quali nur auf P5 gelandet, mit deutlichem Abstand zu Norris. Er lag dann nach dem Start lange hinter beiden Mercedes, die er erst nach deren Stopps passieren konnte. Danach hatte er freie Fahrt und kam ungefähr auf die Rundenzeiten von Norris, war also plötzlich rund eine Sekunde pro Runde schneller. McLaren ließ Piastri lange auf der Strecke. Während der Rest der Top Ten zwischen Runde 26 und 31, wartete man bei McLaren sehr lange auf den Stopp. Da Piastri zu diesem Zeitpunkt auf P2 lag, hoffte man wohl auf ein Safety Car, was aber nicht kam.

Piastri kam dann wieder hinter beiden Mercedes auf die Strecke, machte aber kurzen Prozess mit Hamilton und Russell. Für einen Moment sah es dann auch so aus, als könne er die 15 Sekunden große Lücke zu Verstappen noch zu fahren. Aber der Niederländer war in seinem Red Bull am Wochenende gut unterwegs und ließ dem Australier, trotz dessen deutlich frischeren Reifen, keine Chance.

Vorne drehte Norris seine Runden und deklassierte das Feld. Abstand zu Verstappen: 20 Sekunden. Piastri fehlten, auch aufgrund seiner ungewöhnlichen Strategie: 42 Sekunden. Russell: 61 Sekunden, Leclerc 62 Sekunden und Hamilton: 85 Sekunden. Das war schon eine ungewöhnliche Demonstration der Überlegenheit, die McLaren gerade hat.

Richtige Spannung kam in den Top Ten nur eher selten auf. Ja, es war zu Beginn des Rennens ab P5 sehr eng, aber das war dann lange auch nur ein DRS-Train. Die Spannung lag nur darin begründet, wer wann zum Stopp kommen würde. Aber am Ende waren es nur die späten Stopps von Leclerc und Piastri, die einen echten Unterschied machten.

Die Ferrari waren in Singapur erstaunlich unsortiert. Ich hatte sie, vor allem nach dem Sieg in Monaco, stärker eingeschätzt. Die Autos sahen auch nicht schlecht aus, aber beide Fahrer versemmelten die Qualifikation. Sainz feuerte sein Auto in die Bande, Leclerc wurde seine schnellste Runde gestrichen, sodass beide Ferrari nur von P9 und P10 starten konnten. Dass am Ende noch P7 und P5 herauskam, war dann schon alles, was man machen konnte.

Dabei profitierte man auch von der Tatsache, dass beide Williams (die vor den Ferrari lagen) im Rennen nicht gut unterwegs waren. Albon wurde erst von seinem Teamkollegen Colapinto bei Start etwas rüde zur Seite gerempelt, musste aber das Auto sowieso in Runde 15 abstellen. Colapinto lag lange in den Punkten, konnte sich aber nicht gegen Perez wehren, der von P13 gestartet war.

Der Mexikaner hatte mal wieder ein schlechtes Rennen und er kam mit dem Red Bull in Singapur nicht zurecht. Das zeigt auch, dass er sich über die Hälfte des Rennens mit dem Haas von Hülkenberg herumschlagen musste. Der Deutsche war von P6 gestartet und hielt sich da auch lange. Er musste die Ferrari ziehen lassen und kassierte einen Undercut von Alonso, der vier Runden vor ihm gestoppt hatte. Danach hielt er Perez unter Kontrolle und sicherte Haas erneut zwei Punkte.

Der Fahrer, der am Wochenende besonders unter Druck stand, war Daniel Ricciardo. Red Bull muss in der kommenden Woche eine Entscheidung treffen. Liam Lawson hat in seinem Vertrag wohl festgeschrieben, dass Red Bull ihm bis zum 01.10. ein Cockpit geben muss, oder kann woanders hingehen. Die Frage ist, was Red Bull macht. Setzt man Lawson schon beim Rennen in Austin ins Cockpit? Gibt man ihm einen Vertrag im RB für 2025? Die Gerüchte verdichteten sich am Wochenende, dass Lawson schon in den USA im RB sitzt.

 

Das ist aus Sicht von Red Bull durchaus nachvollziehbar. Ricciardo hat weder im letzten Jahr noch in diesem Jahr eindeutig gezeigt, dass er wieder seine alte Form gefunden hat. Tsunoda hat ihn klar im Griff, da gibt es keinen Zweifel. So sehr ich Ricciardo mag, er hat keinen Grund aufgezeigt, warum man Lawson nicht nehmen sollte. Tsunoda kann man wegen seiner Verbindung zu Honda nicht austauschen und man muss es auch nicht, da der Japaner ansprechende Leistungen zeigt. Sowohl Tsunoda als auch Ricciardo sehen aber auch nicht so aus, als könnten sie Perez ersetzen. Und dann ist Ricciardo der schwächere Fahrer, der Platz machen muss.

Ob er jetzt schon in Austin raus ist oder erst in Abu Dhabi, ist dann auch nicht mehr wichtig. Für 2025 hat der Australier auch im Grunde keine Chance. Den einzigen freien Sitz gibt es bei Sauber. Und da hat Binotto diverse Möglichkeiten: Bottas, Schumacher, Porchaire, Colapinto und eben vielleicht Ricciardo. Und da ist Ricciardo einer der schwächeren Lösungen. Sollte sich Ricciardo in Singapur verabschiedet haben, hat man das wenigstens mit Stil gemacht. RB gab ihm in den letzten Runden einen Saft Soft, mit denen er die schnellste Runde fahren konnte. Das ist dann immerhin ein Trostpflaster.

Ob man Ricciardo in anderen Serien sehen wird? Er selbst sagt, dass er darüber noch nicht nachgedacht hat. Natürlich dürfte es Optionen geben, und die besten dürften IndyCar und die WEC sein. In der WEC kommen ja genug weitere Hersteller rein, die gute Fahrer suchen. Er selbst interessiert sich für die NASCAR, aber das wird wohl eher schwer werden.

Sauber und Alpine waren in Singapur chancenlos. Bei Sauber scheint man das Jahr komplett aufgegeben zu haben. Der Abstand pro Runde lag im Rennen bei rund 2 Sekunden. Das ist schon fast Standard bei jedem Rennen und auf jeder Strecke. Erschreckend ist, dass Sauber im gesamten Jahr nicht mal ein Rennen hatte, bei dem man wenigstens ein wenig auftrumpfen konnte. Es ist auch nicht mehr nachvollziehbar, was bei Sauber vorgeht. Die Umstrukturierung mag ein Grund dafür sein, entschuldigt aber nicht die absurd schlechte Leistung.

Den Aufreger des Wochenendes lieferte FIA Chef Mohammed Ben Sulayem. Dem missfällt, dass die Fahrer im Funk fluchen. In der Tradition eines echten Autokraten hat er verfügt, dass die „Fuck“ von den Sendern nun ganz verschwinden. Sie werden nicht mehr mit einem „beep“ belegt, sie werden gleich gar nicht mehr gesendet. Das ist natürlich Quatsch. Es mag empfindliche Seelen geben, die sich unangenehm berührt fühlen, wenn ein Rennfahrer flucht. Aber es gibt ein Unterschied ob man aus dem Moment heraus, unter Druck, flucht, oder ob man seine Wortwahl generell so trifft. Letzteres ist dann ebenso langweilig, wie der Versuch, die Sprache zu säubern. Und die Frage, ob ein „Fuck“ sich heutzutage noch von einem „verdammt“ unterscheiden lässt, lasse ich mal unbeantwortet.

Verstappen fluchte am Donnerstag in der offiziellen PK. Was dann eher schon verständlich ist, dass die FIA das nicht mag. Man verdonnerte den Weltmeister daraufhin zum einen Tag „Sozialdienst“ (was immer das dann sein wird). Verstappen schlug zurück und beantwortete alle Fragen in der PK nach der Quali einsilbig und lud die Reporter daraufhin ein, nach der PK ihn draußen zu treffen. Könnte interessant werden, wenn die FIA das weiter eskalieren will. Was absurd wäre.

Die Formel Eins macht jetzt vier Wochen (!) Pause. Es ist nicht so ganz nachvollziehbar, warum man jetzt diese Pause hat, um dann drei Triple Header zu machen. Sicher, die Terminfindung mit so vielen Rennen ist schwierig, aber so Löcher im Kalender helfen der Spannung in der WM auch nicht. Diese Pause wird es 2025 nicht geben, da dann das Rennen Singapur eine Woche später ist.

Bilder: Pirelli

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