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Formel Eins Saisonrückblick 2024 – Ferrari

von DonDahlmann
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Nur 15 Punkte fehlten Ferrari zum Sieg in der Konstrukteurs-Meisterschaft. Knapp verloren, aber er hätte zu Beginn der Saison gedacht, dass die Italiener so konkurrenzfähig sein würden?

Man muss Frederic Vasseur beglückwünschen. Wohl nur wenige hatten damit gerechnet, dass der Franzose das Team so schnell wieder an die Spitze führen würde. Doch das hervorragende Ergebnis ist eine Sache. Die andere, dass Ferrari in diesem Jahr die Konstanz fehlte, vor allem zur Mitte der Saison. Die Entwicklungsschritte, die man da unternommen hatte, passten nicht und warfen das Team im WM-Kampf zurück. Vasseur selbst nagelte den Verlust der WM auf ein Rennen fest: Kanada. Da fielen beide Ferrari aus und konnten trotz einer guten Ausgangsposition keine Punkte sammeln.

Wie Mercedes hatte auch Ferrari für dieses Jahr ein neues Chassis an den Start gebracht. Allerdings basierte dies schon auf den Veränderungen, die Mitte 2023 vorgenommen wurden, während Mercedes im letzten Jahr zwar neue Sidepods hatte, das Auto darunter im Grunde noch das alte war. Das sah bei Ferrari anders aus. Der kleine Vorsprung, den Ferrari sich gegenüber Mercedes erarbeitet hatte. Was man auch sehen konnte, denn Ferrari war in Bahrain das einzige Team, das zumindest in der Quali an Red Bull ran kam. Und das Rennen in Australien konnte man sogar gewinnen, auch dank des Ausfalls von Max Verstappen.

Ferrari arbeitete sich weiter ran und lieferte in Monaco eine dominante Vorstellung ab. Leclerc gewann zum ersten Mal sein Heimrennen und ganz generell schien Ferrari auf dem richtigen Weg. Doch dann kam das Rennen und Update in Kanada und die Form verschwand so schnell, wie sie gekommen war. Der ganze Juni lief schlecht und erst das Rennen in Österreich brachte Sainz einen dritten Platz. Aber so richtig in Form kam das Team dann erst wieder mit dem Rennen in Italien, das Leclerc erneut gewinnen konnte. Immerhin stabilisierten sich die Ergebnisse.

Mit dem Update, das man dann in den USA brachte, änderte sich das Bild noch einmal zum Positiven für Ferrari. Dass man auf einer Strecke, die im Grunde aus Teilen anderer Strecken besteht und durchaus Referenzcharakter hat, so deutlich siegen konnte, war ein Warnsignal für die anderen Teams. Es folgte ein weiterer Doppelsieg in Mexiko und diverse Podien. Auch wenn McLaren auf manchen Strecken dann doch noch besser war, weit weg waren die Ferrari nie.

Bekanntermaßen können die Ergebnisse aus den letzten Rennen ein Vorzeichen auf den Start der Saison des Folgejahres geben. Das gilt besonders für 2025. Zum einen werden die Teams aufgrund des stabilen technischen Reglements enger zusammenrücken. Zum anderen wird man versuchen so viel Entwicklungszeit wie nötig für die Saison 2026 zu sparen. Eine gute Basis für das erste Halbjahr 2025 ist also wichtig, und Ferrari scheint das zu haben.

Es gibt dieses Jahr erstaunlich wenig zu kritisieren. Selbst die Strategie-Calls von Ferrari passten und man zeigte dabei auch oft durchaus Mut. Das stabile Chassis hatte einen guten Reifenverschleiß, was Ferrari viel Spielraum bei der Strategie gab. Das letzte Rennen in Abu Dhabi war dafür ein schönes Beispiel. Man holte Leclerc sehr früh rein, hatte aber im späteren Verlauf des Rennens keine Probleme mit der Ein-Stopp-Strategie. Sainz, der besser positioniert war, konnte bis kurz vor seinem sehr viel späteren Stopp Druck auf den in Führung liegenden Norris ausüben. Man hatte mit Sainz also Optionen und mit Leclerc jemanden im Rennen, der von einem Safety Car zwischen Runde 20 und 30 massiv profitiert hätte.

Den einzigen Vorwurf, den man sich machen kann, betrifft das schwierige Update aus dem Frühsommer. Aber da sollte man ein wenig Nachsicht walten lassen. Auch McLaren probierte viel aus und war nicht immer zufrieden, und sowohl Red Bull als auch Mercedes versemmelten ihre Updates teilweise komplett. Was auch zeigt, wie eng der Spielraum ist, den die Ingenieure haben, und wie schnell man aus einem guten Auto ein mittelmäßiges machen kann.

Das Problem ist auch nicht ein schlechtes Update, das Problem ist, wie schnell man herausfinden kann, was schiefgelaufen ist. Normalerweise würde man denken, dass man einfach die neuen Teile abschraubt und die alten wieder dran macht. Aber so einfach ist es eben nicht. Es kommt kein Update ans Auto, das in den Simulationen und im Windkanal nicht zeigt, dass es besser ist. Die Frage ist zudem, ob ein Update einfach auf der einen Strecke nicht funktioniert hat, dafür aber auf den anderen. Dazu kommen diverse andere Rahmenbedingungen wie der Asphalt, die Streckentemperaturen, Dichte der Luft usw. Weswegen die Entwickler oft ratlos sind und erst einmal schauen müssen, was genau da nicht passt. Und das findet man nur raus, indem man das Auto mit den Updates weiterfährt. Denn die Erkenntnisse aus diesem Experiment sorgen dafür, dass man bei weiteren Updates nicht wieder daneben liegt.

Wenn Ferrari das im nächsten so gut hinbekommt wie McLaren in diesem Jahr, dann dürften sie sehr gut aufgestellt sein. Auch personell hat Vasseur seine Neustrukturierung abgeschlossen. Das gilt vor allem für das Designteam. Da mussten einige Leute gehen, aber Ferrari hat sich vor allem aus dem eigenen Nachwuchs bedient. Für das Management hat man ein paar Leute bei Mercedes abgeworben, darunter Jerome D‘ Ambrosio, aber im Grunde ist das Team jetzt komplett auf Vasseur zugeschnitten.

Und dann war da natürlich der Deal des Jahres. Dass man Lewis Hamilton ins Team geholt hat, ist allerdings auch nicht nur gut angekommen. Nicht wenige befürchten, dass Hamilton langsam zu alt wird und andere stellen die Frage, ob Lewis, sollte er von Leclerc gebügelt werden, motiviert bleibt und die zweite Geige spielt. Die Gefahr besteht natürlich. Aber auf der anderen Seite geht auch keiner davon aus, dass Hamilton jetzt plötzlich komplett unter die Räder kommt und nur noch um P12 herum fährt. Er wird schon seine Ergebnisse liefern.

Dazu kommt, dass Hamilton perfekt zu Ferrari passt. Sein Lebensstil, sein Hang zu Designerkleidung, sein professionelles Auftreten – all das passt zur Marke Ferrari. Er bringt sie also auch in andere Zielgruppen. Selbst, wenn Hamilton von Leclerc geschlagen wird – allein der Marketingeffekt, den Lewis hat, sollte das vermutlich nicht geringe Jahresgehalt wieder ausgleichen.

Zudem geht niemand davon aus, dass er schlechter als Carlos Sainz sein wird. Ich sehe Sainz und Hamilton auch auf einem ähnlichen Niveau, mit sogar leichten Vorteilen für Hamilton, weil er meiner Meinung nach der bessere Racer ist. Um Hamilton in einem gleichwertigen Auto, in dem er sich wohlfühlt, schlagen zu können, muss sich auch Max Verstappen anstrengen.

Die entscheidende Frage wird aber sein, wie schnell er sich bei Ferrari einfindet, wie schnell er mit dem gänzlich anderen Auto klarkommt und wie gut er mit Leclerc zurechtkommen wird. Wie üblich wird man ihm bis Mai oder Juni Zeit geben müssen, bevor man ein echtes Urteil fallen kann. Aber es kann natürlich auch schiefgehen und dann werden viele Vasseur dafür kritisieren, dass er Sainz abgegeben hat. Denn auch wenn Sainz vielleicht ein, zwei Prozent zu Leclerc fehlen, er ist der perfekte zweite Fahrer für Ferrari gewesen.

Quali-Duell
Leclerc – Sainz 14:9
Leclerc – Bearman 1:1

Renn-Duell
Leclerc – Sainz 14:8
Leclerc – Bearman 1:0

 

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