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ILMC/ALMS: Analyse 12h von Sebring

von StefanTegethoff
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Es war ein interessantes 12h-Rennen, bis zum Ende blieb es spannend. Doch es gewannen zumindest in der LMP1 nicht die Favoriten, aber sowohl dort – mit Oreca – als auch in der GT-Klasse – mit BMW – Teams, denen man den Sieg wirklich gönnt.

Zu BMW später mehr, zunächst zur LMP1, wo der Sieger Oreca hieß; und bei den Bildern des vor Freude weinenden Hughes de Chaunac konnte man kaum anders, als sich mitzufreuen – vor allem, wenn man noch sein Gesicht nach dem Ausfall des Oreca-Peugeot in der Schlussphase der letztjährigen 24 Stunden von Le Mans vor Augen hatte. Zwar konnten die Franzosen im Vorjahr den Titel in der Le Mans Series gewinnen (da kein Werks-Diesel-Team die gesamte Saison bestritt), doch ein Erfolg in einem großen Rennen, wie es Sebring ist, ließ schon einige Jahre auf sich warten.

Den Sieg mussten sich Nicolas Lapierre, Loic Duval und Olivier Panis sowie die Team-Strategen hart erkämpfen, doch ein wenig Glück in Form von Patzern der Konkurrenz war auch von Nöten. Denn – im Grunde selbstverständlich – hatten zunächst die Werks-Diesel von Peugeot und Audi das Feld angeführt. Nachdem der #1-Audi bereits früh mit zwei aufeinanderfolgenden Reifenschäden (und einem darauf folgenden längeren Check im Fahrerlager) zurückgefallen war, kämpften in der fünften Stunde des Rennens Rinaldo Capello und Marc Gene um die Spitze. Gene wollte am Ende der langen Gegengeraden in die schnelle Sunset Bend hinein angreifen, überlegte es sich dann – zu spät – anders, doch auf einem der Buckel versetzte sein Peugeot und ein Kontakt mit dem Heck des R15+ war nicht mehr zu vermeiden – ein Rennunfall, wenn auch ein ärgerlicher. Beide mussten zur Reparatur für mehrere Runden hinter die Boxenmauer.

Für diesen Zwischenfall gab es zwar keine Gelbphase, trotzdem waren diese in den ersten zwei Dritteln des Rennens zahlreich. Neunmal, für insgesamt 51 Runden der ersten 201 Runden, wurde die gelbe Flagge geschwenkt; aufgrund eines neuen Boxenstopp-Reglements und teils lang dauernder Aufräumarbeiten, zogen sich diese enorm in die Länge und machten diese Phase des Rennens sehr zäh.

Doch danach wurden die Zuschauer entschädigt: die verbleibenden knapp viereinhalb Stunden blieben ohne Unterbrechung, Zweikämpfe konnten ungestört ausgetragen und Strategien ausgespielt werden. Und so kam es zum großen Dreikampf zwischen dem Oreca-Peugeot, dem zweiten Werks-Peugeot (Montagny/Sarrazin/Lamy) und dem Highcroft-HPD (Brabham/Franchitti/Pagenaud).

Besonders letztere zeigten eine grandiose Leistung mit dem starken ARX-01e, der neuesten Weiterentwicklung von Nick Wirth, was zum Einen traurig darüber stimmt, dass das Team mangels Sponsor keine volle Saison fahren wird, sondern nur noch in Le Mans antreten wird, zum Anderen aber die Vorfreude auf den brandneuen Wirth-Prototyen weckt, der für 2012 konstruiert wird.

Pagenaud, der den Schlussspurt für Highcroft fuhr, schien lange eine echte Siegchance zu haben, doch ein vorgezogener kurzer Splash&Dash-Stopp von Oreca sicherte diesen ihren Vorsprung. Bei Highcroft muss man sich derweil fragen, ob man mit einem Reifenwechsel beim letzten Boxenbesuch nicht etwas zu wenig risikofreudig war, doch am Ende reichte es für einen guten zweiten Platz. Bemerkenswert, denn man war mit einem Benziner über viereinhalb Stunden konkurrenzfähig gegen die Diesel-Konkurrenz. Das weckt Hoffnung auf eine abwechslungsreiche Saison 2011.

Denn immerhin war man in der Lage, den neuen Werks-Peugeot 908 zu schlagen, wenn auch nur um wenige Sekunden und wohl auch, weil Lamy bei seiner Aufholjagd in den letzten Runden von einem zu überrundenden Audi aufgehalten wurde. Doch entscheidend für diese Ausgangslage für Lamy waren auch die Boxenstopps: als Lamy ins Cockpit wechselte, verlor man 30 Sekunden, weil aufgrund losgeruckelter Teile die Front gewechselt werden musste, und dann drehte sich der Portugiese in der dritten Kurve auf kalten Reifen, machte damit die Bahn frei für die Überraschung.

Dahinter folgten mit fünf bzw. sechs Runden Rückstand die beiden Audi, die damit in Bezug auf die ILMC-Gesamtwertung erfolgreich Schadensbegrenzung betrieben, und der Dyson-Lola-Mazda mit weiteren zwei Runden Rückstand. Doch der war ebenso blass geblieben wie der Rest der Konkurrenz, der Rebellion-Toyota auf dem siebten Rang  schaffte es immerhin noch ohne größere Aussetzer über die Distanz, der Rest der Klasse jedoch nicht.

Die GTE-Pro, ehemals als GT2 bekannt und in der ALMS weiterhin schlicht als GT bezeichnet, war wie erwartet lange hart umkämpft. Das führt jedoch nach zwei Stunden zu einem Unfall, der die Mitfavoriten Long/Bergmeister im Flying Lizard-Porsche um alle Chancen brachte und Johannes van Overbeek im Extreme Speed-Ferrari hart in die Reifenstapel katapultierte. Long verlor auf einem Bump in der letzten Kurve die Kontrolle und berührte die Corvette von Jan Magnussen, beide drehten sich und rissen den Ferrari mit ins Unglück.

Ein weiterer Favorit quittierte den Dienst, als spät im Rennen beim Risi-Ferrari F458 die Elektrik versagte und sich der Wagen nach einem Boxenhalt nicht wieder starten ließ. Bemerkenswert: sowohl Jaime Melo als auch Toni Vilander mussten nach je einem Stint erschöpft bzw. mit Rückenschmerzen aussteigen.

In der 4,5 Stunden langen „grünen“ Schlussphase zog sich dann schließlich auch die enge GTE auseinander, es blieben schließlich im Kampf um Sieg und Podium die zwei BMW und die zwei Corvettes übrig – bemerkenswert, nachdem die Corvette in besagten Unfall verwickelt war und der #55er-BMW in der Anfangsphase von einen Reifenschaden sowie einem Lackaustausch mit einem der Jaguar zurückgeworfen worden war.

Doch wie es sich an den Testtagen ansatzweise angedeutet hatte 8die Abstände in der Klasse waren ja stets eng), waren die BMW sehr flott unterwegs und so konnten sich Farfus, Auberlen und Werner zurückkämpfen und überholten in der Schlussphase noch die Corvette von Beretta, Garcia und Ex-BMW’ler Milner, die Dritter wurde.

Der Klassensieg ging damit an Andy Priaulx, Dirk Müller und Joey Hand und BMW konnte, wie Oreca, endlich einen Sieg, und sogar einen Doppelsieg, in einem „großen“ Le Mans-Event feiern, worauf man in den letzten zwei Jahren hingearbeitet hatte; passend ist das in Sebring auch deshalb, weil der Wagen dort sein Debüt feierte, auch damals schon mit Rahal-Letterman(-Lanigan) als Einsatzteam. Auch die Ausgangsposition in der ILMC ist damit für BMW denkbar günstig.

Fisichella/Bruni/Kaffer wurden für AF Corse Fünfte im alten, aber erprobten F430, vor den beiden Flying Lizard-Porsche, wobei Long, Bergmeister und Lieb den durch den Crash verursachten Schaden so mit Klassenrang 6 begrenzen konnten. Dennoch ist die Ausgangsposition für Porsche in der Hersteller-Wertung der ILMC damit eher schlecht und auf die europäischen Porsche-Teams kommt viel Arbeit zu, diesen wieder aufzuholen.

In den meisten anderen Klassen verlief das Rennen eher unspektakulär, es setzten sich jeweils Ausdauer und Zuverlässigkeit durch. Zwei Oreca-Chevrolets kamen in der LMP-Challenge-Klasse ohne größere Probleme durch, eines der beiden Genoa Racing, die schon Erfahrung in der Klasse aus dem Vorjahr haben, gewann mit Petersen/Cameron/Guasch am Steuer (Gesamtrang 9), in derselben Runde kam auf Rang 2 das erste der beiden Core Autosport-Autos ins Ziel (Bennett/Montecalvo/Dalziel), sieben Runde dahinter komplettierten deren Teamkollegen Jeannette/Gonzalez/Junco das Podium.

Damit war die Einheits-Prototypen-Klasse immer noch besser als die LMP2-Klasse. Die Wagen dort waren zwar in den Anfangsstunden doch etwas schneller als die LMPC, doch dafür hielten sie die 12 Stunden nicht ohne Probleme durch. Beide Level5-Lola-Honda hatten zunächst Probleme, ebenso der OAK-Pescarolo, sodass es einige Zeit lang schien, als könnte Nissan (als Motorenlieferant für das Signatech-Team) bei seiner Rückkehr gleich den Klassensieg einfahren. Doch auch hier schlug der Defektteufel zu: die Gänge ließen sich nicht mehr problemlos einlegen, ein Trip ins Paddock war die Folge.

So konnte am Ende doch der offene Level5-Lola mit Tucker(Hunter-Reay/Diaz mit zehn Runden Vorsprung siegen, leider für Scott Tucker das „falsche“ Auto, da dieses nicht für die ILMC gemeldet ist, aber so hat man zumindest für die ALMS eine gute Ausgangsposition. Mehr als Gesamtrang 20 sprang jedoch nicht heraus, insgesamt ein schwaches Bild der LMP2, das sich bei den kürzeren europäischen Rennen mit höherer Starterzahl aber verbessern sollte. Doch von der Zeit, als Penske mit dem RS Spyder den Gesamtsieg in Sebring einfahren konnte, ist die neue, „privatisierte“ LMP2 weit, weit entfernt.

Sogar der GTE-Am-Sieger, Tracy Krohn mit seinem Ferrari-Team und seinen Co-Piloten Jonsson/Rugolo, war noch davor platziert. Am nächsten kam diesen die meiste Zeit über der CRS-Ferrari, doch auch der überstand die Distanz nicht, sodass am Ende doch der Felbermayr Proton-Porsche den zweiten Rang erbte, wenn auch mit 50 Runden Rückstand auf den giftgrünen Krohn-F430.

Die Exoten der GT-Klassen schafften es leider auch nicht weit: der West Racing-Lamborghini stand nach zehn Runden ohne Vortrieb am Straßenrand, der neue Panoz Abruzzi brachte es immerhin auf 19 Runden, aber immerhin hat der neue Wagen aus dem Hause des ALMS-Gründers mal ein paar Runden in einem Rennen gedreht. Das schaffte der Gulf Middle East-Aston Martin nur mit Mühe und Not, nach einem Defekt am Samstagmorgen konnte man nur mit einigen Runden Verspätung ins Rennen starten und auch dann reichte es nur zu fünf Runden.

Einen kleinen Erfolg gab es immerhin für das Rocketsports-Jaguar-Team: mit 256 Runden schafften Jones/Moran/Wilden immerhin einen Großteil der Renndistanz (Gesamtrang 38), auch wenn bei der schnellsten Runde immer noch 4 Sekunden auf die GTE-Spitze fehlten; außerdem hatte P.J. Jones in der Anfangsphase einen Zusammenstoß mit einem der BMW in der schnellen Kurve 1. Der zweite Jaguar überquerte zwar ebenfalls die Ziellinie, verbrachte jedoch den Großteil der 12 Stunden in der Box, wo fast die komplette Elektrik des Wagens ausgetauscht werden musste.

Bleibt zum Abschluss noch ein Blick auf die GTC-Kategorie. Die Porsche 911 GT3 Cup erwiesen sich als äußerst ausdauernd und mehrere Teams als konkurrenzfähig. Am Ende siegte das stärkste Team der Vorsaison, Black Swan Racing mit Timothy Pappas, Damien Faulkner und Sebastian Bleekemolen, mit gut einer Minute Vorsprung vor dem TRG-Porsche von Pumpelly/Ende/Li. GMG Racing mit u.a. Jan Seyffarth und das starke Alex Job Racing-Team schafften es (nachdem beide mal eine Gelbphase ausgelöst hatten) leider nicht unbeschadet über die Distanz, gerade letztere Mannschaft hätte sonst sicherlich auch noch um die Spitze mitkämpfen können. Bei sechs Klassen blieb aber leider sowieso nicht mehr viel Zeit für die GTC als „niedrigste“.

Überhaupt, zur Berichterstattung: nachdem Scott Atherton und Kollegen über Monate versucht haben, dem Publikum den neuen TV-Deal schmackhaft zu machen: zumindest außerhalb der USA hat man Fans und eventuell neu hinzugekommene Zuschauer in den ersten Stunden des Rennens eher verscheucht als begeistert. Mal hakte der Ton, aber vor allem auch das Bild, und durch die Aussetzer sammelte sich im Laufe der ersten Stunden ein „Rückstand“ auf die Live-Übertragung von über 5 Minuten an.

Immerhin – und dafür dann doch ein Lob an die Verantwortlichen – schaffte man es nach einem Neustart des Streams, die restlichen Stunden in guter Qualität und ohne Aussetzer über die Bühne zu bringen. Dass man John Hindhaugh und Jeremy Shaw von Radio Le Mans (sowohl im internationalen Stream als auch auf ESPN3 fürs US-Publikum) den Kommentar übernehmen ließ, war eine lobenswerte Entscheidung, da Hindhaugh und Co. es wie so oft schafften, über die lange Distanz fesselnd zu berichten.

Positiv: wer das Rennen verpasst hat und viel Zeit übrig hat, kann sich das gesamte Rennen nun auch on-demand auf www.americanlemans.com anschauen. Für den Rest der ALMS-Saison ist diese Art der Coverage für den internationalen Markt sicher eine gute Variante, aber für ein Event wie Sebring und für die ambitionierte ILMC und vermutlich auch für die Präsenz der ALMS auf dem US-Markt ist es zu wenig. Die ILMC-Saison hat das Potential, äußerst spannend zu werden, die ALMS dagegen, die vor 12 Jahren den Anfangspunkt der Le Mans-Serien markierte, muss mit dem neuen TV-Deal und den extrem schwach besetzten Prototypen-Klassen eher zusehen, ihr Stamm-Publikum zu sichern – ob die tolle GT-Klasse und die Zusammenfassungen auf ABC und ESPN dafür ausreichen, bleibt abzuwarten.

Gabriele Mini (Bild: Alpine)
Brando Badoer (Bild: McLaren F1)
Victor Martins (FRA) ART Grand Prix. 27.07.2024. Formula 2 Championship, Rd 10, Sprint Race, Spa-Francorchamps, Belgium, Saturday.

(Bildquellen: ACO, Audi, Ferrari, Porsche)

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1 Kommentare

Bluthund87 22 März, 2011 - 10:17

Glückwunsch an Oreca! Es hat zwar der falsche Peugeot gewonnen, aber immer noch besser als Audi.

Zur TV-Übertragung: Ich finde es schade, das man sich die Rennen nur noch im Internet ansehen kann. Auf dem kleinen Bild kann man kaum die Einblendungen lesen. So erreicht man keine neuen Fans. Warum lässt man nicht wieder MotorsTV übertragen? Die haben das die letzten Jahre gut gemacht. Sebring und Road Atlanta live, die anderen Rennen verspätet in voller Länge. Dazu noch deutscher Kommentar. Das war doch prima.
Okay, sie zeigen zwar jetzt die LMS, aber die hat nicht annähernd so viele Rennen und die ewig langen Rennen, sind teilweise doch extrem langweilig. Da haben mir die kurzen „Sprintrennen“ der ALMS deutlich besser gefallen.

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