Home IRLIndyCar IndyCar São Paulo: Alles beim Alten im Sambadrom

IndyCar São Paulo: Alles beim Alten im Sambadrom

von Vorsicht
0 Kommentare

Nichts ändert sich: Trotz neuem Asphalt hatten die Aufhängungen viel zu tun, die Sambadrom-Gerade staubt noch immer – und am Ende gewann in Brasilien wieder Will Power. 

(c) INDYCAR/LAT USA

Verkleinert, aber nicht grundsätzlich verändert auch für die Motorenunterschiede: Trotz neu konfiguriertem Honda-Turbolader hatten auch in der größten Stadt Südamerikas wieder die Chevrolet-Teams die bestere Kombination aus Kraft und Verbrauch für sich. Neu in dieser Saison ist, dass sich wieder erste Beschwerden gegen die Rennleitung zu formieren beginnen. Vor allem die seit Long Beach neu eingeführte Regelung, wonach die Boxengasse bei gelber Flagge offen bleibt, sorgte bei einigen für Irritationen – aber auch die Double File Restarts begeisterten in der engen Start-Schikane von São Paulo nicht jeden. Unbestritten toll ist dagegen weiterhin die Form von Will Power, der nicht nur in Brasilien unschlagbar bleibt, sondern auch seinen dritten Sieg in nur vier Saisonrennen holte.

Das Rennen

Erst eine Kollision Ryan Briscoes mit der Mauer riss das Itaipava Indy 300 in Runde 25 aus seiner eher gemütlichen Anfangsphase – und der erste größere Knall sollte bald darauf folgen.

Beim Restart schob nämlich Mike Conway den bis dahin gut platzierten Dario Franchitti in einen Dreher. Für den Schotten ging das Rennen am Ende des Feldes weiter, ähnlich schlecht erwischten es Simon Pagenaud, Graham Rahal und Mike Conway selbst, die durch den weitläufigen Auslauf der ersten Schikane fahren mussten, und dabei ebenfalls massenhaft Plätze verloren.

Ein Pitstop-Reigen folgte in Runde 28 während der Gelbphase. Dieser spülte unter anderem Lokalmatador Rubens Barrichello bis auf Rang fünf nach vorne – was zwar für kurzfristigen Platzgewinn sorgte, aber im Laufe des Rennens wegen der damit einhergehenden schlechteren Tank-Strategie zum Nachteil wurde. Nach dem Rennen dann sollte sich das Team deshalb über die neue Regelung der offenen Boxengasse bei Gelbphasen beschweren – mehr dazu weiter unten.

Auf die nun schon längere Gelbphase folgte gleich nach dem Restart eine weitere: Mike Conway und Josef Newgarden waren gleich nochmal in einen Dreher verwickelt – Auslöserin war diesmal allerdings Simona des Silvestro, die Conway Ausgangs einer der 90-Grad-Kurven umgedreht hatte.

Beim Restart einige Runden später hatte sich dann an der Spitze schon die Reihenfolge verfestigt, die sich auch bis zum Ende des Rennens halten sollte: Will Power vorne, dicht dahinter Ryan Hunter-Reay, der zwar womöglich etwas schneller war, aber nicht in ausreichendem Maße, um Power auch zu überholen.

Wegen eines Crashes zwischen Josef Newgarden und Ana Beatriz gab es gegen Schluss noch einmal eine Gelbphase. Und als diese mit acht Runden „to go“ endlich wieder endete, passierten zwei Dinge: Takuma Sato holte sich mit einem waghalsigen Restart-Manöver Rang drei. Und dahinter schalteten sich die in eine Massenkollision verwickelten Simon Pagenaud, Graham Rahal, Scott Dixon, Tony Kanaan, aus dem Rennen um die vorderen Plätze aus. Auslöser war einmal mehr Mike Conway, der in der Mauer landete, und für die nachfolgenden Fahrer zum Prellbock wurde.

Wenige Runden vor der Schwarz-Weiß-Karierten Flagge gab es dann noch einmal grün – am Rennstand auf den ersten Plätzen änderte sich aber nichts mehr.

Das Kräfteverhältnis

Wie oben schon erwähnt, konnte Honda die Lücke zu GM mit der neuen Konfiguration des Turboladers zwar verkleinern – so ganz geschlossen scheint sie aber immer noch nicht.

Jedenfalls finden sich an der Spitze des Feldes nach wie vor zwei Chevy-Teams: Ganz vorne war Penske auch in São Paulo nicht zu schlagen – auch, wenn unklar ist, wieviel davon Will Powers Leistung zu verdanken ist, und wieviel dem Auto. Denn weder Ryan Briscoe noch Helio Castroneves kamen in Brasilien auch nur annähernd an den Australier heran.

Zweiter ist vermutlich Andretti Autosport – auch, wenn dort meist nur Hunter-Reay und Hinchcliffe wirklich voll auf der Höhe sind.

Bei Ganassi kam zum (kleinen) Rückstand auch noch Pech: Dario Franchitti, Scott Dixon und Graham Rahal wurden unverschuldet in Kollisionen verwickelt.

Dixon war aber wohl wieder der bessere Ganassi, teils sogar der schnellste Mann auf der Strecke. Strategie-Pech kostet ihm aber zunächst Positionen, der Crash acht Runden vor Schluss dann das Rennen. Franchitti kam zwar auf dem achtbaren fünften Rang ins Ziel, sah im Rennen aber sonst wieder recht unspektakulär aus. In der Qualifikation war er aber (wie schon in Long Beach) besser als seine Teamkollegen.

Takuma Sato und Rahal Letterman Lanigan Racing waren, wie schon in Long Beach, wieder schnell unterwegs – und endlich wurde die Arbeit auch belohnt: In São Paulo reichte es für den ersten Podestplatz in der IndyCar-Karreire des Japaners, der sich im Interview nach dem Rennen auch entsprechend freute.

Lotus war auch in São Paulo wieder am Ende des Feldes zu finden. Bryan Herta muss seine Entscheidung, den Hersteller zu verlassen also bisher nicht bereuen. Zumindest dann, wenn er nicht am Ende ganz ohne Motoren dasteht. Denn sein Wunsch-Partner Honda zeigt ihm bisher die kalte Schulter. Dreyer&Reinbold Racing will für das Indy 500 offenbar einen Chevy-Vertrag, hat aber ebenfalls noch nichts unterschrieben.

Interessantes Detail für alle, die sich fragen, wieso Dragon nicht längst den Vertrag mit Lotus gekündigt hat: Offenbar hat die Nobelmarke dem Team von Jay Penske das Chassis finanziert.

Wer sonst noch aufgefallen ist: Ana Beatriz hatten einen guten Einstand im neuen Auto, und konnte durchaus mit dem vorderen Mittelfeld mithalten. Nach diesem Rennen steht für die Brasilianerin noch das Indy 500 an – wie sie sich auf dem Oval macht, bleibt abzuwarten. Beendet wurde ihr Rennen durch einen Zwischenfall mit einer anderen positiven Überraschung dieser Saion. Ihr Unfallgegner war Josef Newgarden, der auch in Brasilien wieder schnell unterwegs war, aber auch zahlreiche Zwischenfälle zu verzeichnen hatte. Aber gut: Newgarden ist ja auch noch ein Rookie (und zwar, etwa im Vergleich zu Pagenaud, ein echter) – da kann man das eine oder andere ungestüme Manöver schon verzeihen, solange der Speed stimmt.

Erstmals in dieser Saison gab es Kritik an der Rennleitung: Wegen der vielen Crashes bei den Restarts zeigten sich einige Teams und Piloten (etwa Dario Franchitti) mit den Double File Restarts unzufrieden. In die entgegengesetzte Richtung argumentierte James Hinchliffe: Der Kanadier war diesmal auch am hinteren Ende des Feldes unterwegs, und spricht davon, dass Piloten dort die Restart-Reihenfolge nicht richtig einhalten, und sich damit unfaire Vorteile erschleichen.

Außerdem wurde die seit Long Beach neu eingeführte Regelung, wonach die Boxengasse bei Gelbphasen offen bleibt von jenen kritisiert, die in entsprechenden Situationen Plätze verloren hatten (in Brasilien beispielsweise von Rubens Barrichello).

Noch kommt die Kritik an Beaux Barfield im Stile „freundlicher“ oder zumindest nicht persönlich adressierter „Hinweise“ daher. Er muss aber aufpassen, dass sich nicht die dauernde Nörgelei aller Verlierer wieder einschleicht, die es 2011 gab, nachdem Rennleiter Brian Barnhart mit einer Reihe merkwürdiger Entscheidungen seinen letzten Kredit aufgebraucht hatte.

Die Meisterschaft

Nach vier von insgesamt 16 Rennen hat Will Power (180) schon einen beachtlichen Vorsprung von 45 Punkten auf den den Zweitplatzierten Helio Castroneves (135). Relativ knapp dahinter liegen James Hinchcliffe (123) und Ryan Hunter-Reay (121). Bester Honda (und gleichzeitig bester „Rookie“) ist immer noch Simon Pagenaud (118) auf Rang fünf. Erst danach folgt der bestplatzierte Ganassi-Pilot, Scott Dixon (109). Meister Dario Franchitti liegt mit nur 82 Punkten auf Platz zehn.

Im TV 

Die TV-Übertragung war diesmal wieder weniger toll – Schuld daran ist aber ausnahmsweise keiner der US-Broadcaster. Denn die Bilder vom Rennen wurden vom einem brasilianischen Weltregisseur des Senders Band Sports übernommen. Währenddessen saßen die NBC-Kommentatoren in den USA, lediglich Kevin Lee informierte (mit deutlichem Audio Lag) live aus dem Boxen. Zwar gingen alle Beteiligten erfreulich ehrlich mit der Situation um – für einen Sender wie NBC Sports wäre es aber sicher leistbar gewesen, die Kommentatoren auch nach São Paulo zu schicken. Der Übertragung hätte es gut getan.

Immerhin die TV-Quoten in Brasilien waren großartig: Umgerechnet auf US-Standards brachte es der Lauf auf Ratings zwischen 6.4 und 8.0 – das ist mehr als das Indy 500 in den USA hat. Die Zahlen für die Vereinigten Staaten sind unbekannt, aber vermutlich wenig berauschend. Sieht man sich diese Maßstäbe an, vermag es nicht mehr zu verwundern, dass sich die INDYCAR so angestrengt um ein zweites Rennen auf brasilianischem Boden bemüht.

Indy 500

Als nächstes Rennen folgt ins in knapp einem Monat das Indy 500. Zumindest der Bump Day könnte diesmal aber deutlich weniger spannend werden, als in den vergangenen Jahren: Der Plan von Newman/Haas Racing, mit Jean Alesi anzutreten, ist offenbar geplatzt. Auch Ed Carpenter Racing wird voraussichtlich doch keinen zweiten Wagen einsetzen. Vielleicht gibt es somit nichtmal 33 Starter, denn auch die Situation rund um Michael Shank Racing ist weiterhin unklar: Zwar sind Sponsor und Fahrer (Jay Howard) vorhanden, aber noch kein Motor.

Das könnte Dir auch gefallen