Nach drei Wochen Rennpause und einer Testwoche in Mugello, startet die Formel Eins in die Europa Saison. Und die kann schon eine Vorentscheidung in der WM bringen.
Schon vor dem Test in Mugello war klar, dass man, je nach Strecke, Temperatur und Asphalt, nicht nur ein Team hat, dass um die Spitze fährt. Bisher konnten McLaren, Mercedes, Ferrari und Red Bull gewinnen, dahinter lauert Lotus. Nach den Testtagen scheint auch Sauber hinzu gekommen zu sein, jedenfalls zeigte sich das Team extrem selbstsicher und sprach davon, dass man in Podiumsreichweite sei.
Fast alle Teams kommen mit großen Update-Paketen nach Spanien. Ferrari hat das halbe Heck umgebaut. Der Auspuff wurde nach vorne geschoben, die Lage so verändert, dass man die Heckelemente unter dem Flügel nun direkt anbläst. Red Bull bastelte ebenfalls weiter am Heck rum, während Sauber den Auspuff und die Seitenkästen verändert hat. McLaren war zur nur mit „B-Mannschaft“ (Paffett/Turvey) am Start, probierte aber allerhand aus. So fuhr man eine deutlich nach oben gezogene Nase, die nun auch eine leichte Welle hat. Zusätzlich probierte man eine Bremsbelüftung aus, die weniger den Bremsen, sondern mehr den Reifen nutzen soll. Angeblich nutzt man die Abwärme der Bremsen nun, um die Reifentemperatur besser kontrollieren zu können. Ist es zu kalt, wird mehr heisse Luft aus den Bremsen auf die Reifen geleitet. Ist zu warm, verschliesst man die Belüftung. Ab das System aktiv oder passiv arbeitet, ist nicht klar.
Bei Mercedes widmete man sich dem leidigen Problem des Reifenverschleisses, ob man da auf der schnellen Strecke in Mugello Erfolg hatte, war nicht klar. Lotus probierte einiges aus, offenbar aber nicht sehr erfolgreich. Eigentlich wollte man diese Woche noch „Geradeaus“ Tests fahren, also sehen, wie die Aerodynamik bei bestimmten Geschwindigkeiten arbeitet. Stattdessen stellt man den E20 in den Windkanal. Vielleicht liegt es auch am schlechten britischen Wetter.
Die Team kennen die Strecke in Barcelona nur allzu gut. Es dürfte keinen Parameter geben, den man nicht in den Datenbanken hat, also wird man sich im Training eher damit beschäftigen, wie die neuen Updates funktionieren. Große Geheimnisse voreinander hat man wegen der Testwochen im Winter auch nicht, irgendwann werfen die Prognose-Computer die richtige Einschätzung über den Gegner aus.
Damit das alles nicht zu langweilig wird, hat sich Pirelli etwas einfallen lassen. Man überspringt eine Reifenmischung und schleppt die „Soft“ und die „Hard“ Variante nach Spanien. Das dürfte bei den meisten Teams nicht auf allzu große Gegenliebe stossen, weil das die strategischen Überlegungen sehr schwierig macht. Man weiß, dass der Zeitabstand zwischen beiden Mischungen rund 1.2 Sekunden betragen sollte, was die Entscheidung fürs Rennen relativ einfach macht: So wenig „Soft“ wie möglich in der Quali verbrauchen. Was man aber nicht weiß ist, wie sich die harten Reifen auf der Strecke in einem Rennen verhalten. Die harte Mischung ist bekannt dafür, dass sie lange durchhält, im letztem Jahr konnte man damit fast ein Rennen durchfahren. In diesem Jahr ist Mischung etwas weicher, dafür könnte sie aber unter Graining leiden, vor allem, wenn viel Gummi auf der Strecke liegt.
Die Überlegung, was man macht, fängt also schon in Q2 an. Lässt man sich auf das Risiko eines schlechten Startplatzes ein, damit man im Rennen zwei oder drei Satz weiche Reifen hat? Die Verlockung ist groß, allerdings ist Barcelona auch bekannt dafür, dass es in den ersten beiden Kurven nach dem Start gerne mal kracht. Was Q3 angeht, so bin ich mir sicher, dass man wenig Fahrbetrieb sehen wird. Ein Versuch dürfte das Maximum sein, was die Top Team machen, Lotus oder Ferrari werden es vermutlich bei einem „Rein-Raus“ lassen, um die Reifen zu schonen.
Zu sagen, wer in Barcelona vorne sein wird, gleicht einem Blick in die Glaskugel. Dem Red Bull sagt man nach, dass er in schnellen Passagen, wovon es in Spanien einige gibt, die größten Vorteile hat. Die Sektorenzeiten in Bahrain bestätigten dies, die in Malaysia allerdings nicht. McLaren soll nicht weit weg sein, deutlich mehr Probleme hat da schon Mercedes, die in schnellen, langgezogenen Kurven nicht so gut gehen. Aber die haben ja dann die lange Gerade in Barcelona. Schwer einzuschätzen sind die Lotus, die sowohl in China als auch in Bahrain eine gute Figur machten. Gefühlt könnten die Pole bei Grosjean ebenso wie bei Rosberg, Vettel oder Hamilton liegen.
Bei Ferrari ist man sich unsicher, was die Updates bringen. Man sprach in Mugello davon, dass man einen Schritt nach vorne gemacht hat, aber das war Mugello bei kalten Temperaturen, was dem F2012 liegt. Die anderen haben zudem auch nicht geschlafen, kann sein, dass Ferrari sich genau da wieder findet, wo man vorher war. Die Probleme des Wagens im Heck mag man in Griff bekommen haben, die Probleme mit der Vorderradaufhängung lassen sich so schnell nicht lösen.
Sauber könnte, wie schon erwähnt, in Spanien für eine Überraschung sorgen. Schon bei den Tests im Winter fuhr erstaunliche Long-Run Zeiten, die Updates scheinen ebenfalls zu funktionieren. Ein Podium ist durchaus in greifbarer Nähe, auch wenn ich glaube, dass da etwas Glück hinzu kommen muss. Vor allem bei der Strategie muss Sauber etwas besser werden. In einigen Rennen passte es, in anderen beließ man die Fahrer zu lange draussen, oder setzte generell auf eine zu defensive Strategie.
Und dann sind da noch die „Wundertüten“ Force India, Toro Rosso und Williams, bei denen man nie weiß, was gerade geht. Williams, die so stark in die Saison gestartet waren, sahen in Bahrain nicht gut aus, Force India war dafür bei den Rennen davor teilweise von der Rolle. Und bei Toro Rosso hat man ein schnelles Auto für eine Runde, aber mehr auch noch nicht.
Bleiben die Hinterbänkler. Caterham enttäuscht mich weiter sehr, auch wenn mittlerweile scheinbar Mark Smith (Ex-Force India) das Kommando in Sachen Fahrzeug-Entwicklung übernommen hat. Mike Gasconye scheint etwas mehr im Hintergrund zu arbeiten. Natürlich hat Caterham, verglichen mit dem letzten Jahr, einen Schritt nach vorne gemacht. Aber sie fahren mit Renault-Motoren und dem Red Bull KERS, und wenn man sieht, wo die Lotus stehen, kann man nur enttäuscht sein.
Bei Marussia geht im Moment wenig, der Cosworth und das fehlende KERS dürften eine grosse Rolle spielen. HRT hat immerhin die Woche einen Sponsor an Land gezogen.
In Sachen Strategie habe ich ja schon einiges erwähnt. Ganz grundsätzlich wird man, je nach zur Verfügung stehender Reifensätze, zwischen zwei und drei Stopps liegen. Die An- und Abfahrt zu den Boxen ist in Barcelona relativ kurz, man verliert wenig Zeit. Wenn man bedenkt, dass man mit den weichen Reifen mehr als eine Sekunde pro Runde holen kann, dürften drei Stopps nicht allzu selten sein. Die DRS-Zone dürfte mal wieder die lange Gerade sein, woanders ist dafür in Spanien auch kein Platz. Da die Wagen in diesem aerodynamisch etwas entschärft sind, kann man im letzten Turn dichter auffahren, ein Überholvorgang dürfte also leicht sein.
Ich rechne mit einem vermutlich engen, aber auch statischen Rennen. Die allesentscheidende Frage dürfte sein, wer am Ende seinen Wagen am besten auf Reifen und äußere Umstände abgestimmt hat.