Diesen Monat stehen gleich zwei Rennen für die Formula Nippon an. Ehe es aber Ende des Monats nach Autopolis geht, findet an diesem Wochenende der zweite Meisterschaftslauf auf dem Twin Ring Motegi statt.
Weltweit ist der Twin Ring Motegi eine einzigartige Rennstrecke, da er anders als die Strecken in den USA einen separaten Oval- sowie Straßenkurs enthält, ohne dabei Kompromisse bei der Streckenführung einzugehen, während beispielsweise in Daytona, Homestead-Miami oder Indianapolis mehr oder weniger gut gelungene Infield-Kurse gebaut wurden. Gebaut wurde der gesamte Komplex 1997 von Honda, mit dem Ziel die CART nach Japan zu holen und das eigene Wissen im Bereich des amerikanischen Open-Wheel-Sports zu erweitern.
Trotz der zwei „Zwillingsstrecken“ ist es allerdings nicht möglich, gleichzeitig zwei Rennen auszutragen, da sich der 4,8km lange Straßenkurs die Boxengasse wie auch Haupttribüne mit dem 2,493km langen Super Speedway teilt. Zusätzlich werden beide Kurse jeweils in einem jeweils anderem Uhrzeigersinn gefahren. Neben der CART und später der IndyCar fuhr 1998 auch der NASCAR Sprint Cup (damals noch Winston Cup) ein Einladungsrennen auf dem Oval. Das Coca-Cola 500 gewann damals Mike Skinner für Richard Childress Racing. In die NASCAR-Geschichte ging das Rennen allerdings aufgrund der Tatsache ein, dass es zum einen das erste (und einzige) Oval-Rennen der NASCAR in Japan war und zum anderen, weil Dale Earnhardt sr. sowie sein Sohn Dale Earnhardt jr. das erste Mal zusammen in einem Rennen fuhren. Das letzte Oval-Rennen der IndyCar fand 2010 statt. Nach dem Tohoku-Erdbeben vom 11. März 2011 wurde der Super Speedway leider sehr stark beschädigt. Da die IndyCar bereits davor beschlossen hatte, nach 2011 aus wirtschaftlichen Gründen vorerst keine Rennen mehr im Land der aufgehenden Sonne auszutragen, beschloss der Streckenbetreiber, das Oval nicht zu reparieren. Das letzte IndyCar-Rennen fand deshalb erstmals auf dem Straßenkurs statt, welches Scott Dixon für Chip Ganassi Racing gewann. In Europa ist der Kurs insbesondere durch den dort seit 2004 jährlich ausgetragenen Japan Grand Prix der MotoGP bekannt. Die Formula Nippon trägt in diesem Jahr erneut zwei Rennen in Motegi aus; die Super GT feiert dort im November ihr Saisonfinale. Kurze Randnotiz: Bei IndyCar-Auftritt 2011 auf dem Straßenkurs des Twin Ring Motegi erzielte Scott Dixon mit 1:38.391 die Pole Position. Zwar mag der Vergleich des alten Dallara-IndyCars mit dem FN09 der Formula Nippon unfair wirken, im gleichen Jahr erzielten bei beiden Auftritten im Juni und Oktober jeweils Joao Paulo de Oliveira sowie André Lotterer mit 1:35.012 respektive 1:32.989 die Pole Position.
Der Straßenkurs des Twin Ring Motegi fällt für japanische Verhältnisse aufgrund seines flachen Höhenprofils eher untypisch aus. Zudem besitzt die Strecke mit seinen 14 Kurven einen Stop-and-Go-Charakter mit lediglich einer leichten Erhöhung in der Haarnadelkurve. Interessant ist die Tatsache, dass der Straßenkurs zwei Unterführungen besitzt, mit der ersten auf der kleinen Geraden zwischen Kurve 4 und 5. An dieser Stelle verlassen die Fahrer quasi unter Turn 3 des Ovals den inneren Teil der Anlage; auf der Geraden nach Kurve 11 (zwischen Turn 1 und 2 des Ovals) gelangen sie durch die zweite Unterführung – das ganze wirkt wie die Unterführung nach der Degner vor der Haarnadel in Suzuka – wieder in den inneren Teil hinein. Dies ist nur aufgrund der Einzigartigkeit der kompletten Anlage möglich und stellt somit gleichzeitig die Besonderheit der Strecke dar. Im folgendem ein Onboard-Video von André Lotterer aus der Reihe „Driver’s Eye“ des japanischen Fernsehens:
Unglücklicherweise sorgt aber genau diese Einzigartigkeit der Strecke für einige Probleme für die Zuschauer vor Ort. Zum einen sitzen sie beispielsweise auf der Haupttribüne zu weit von der Start- und Zielgeraden entfernt, zudem blockiert das Oval die Sicht auf einige Kurven der Strecke, weshalb viele, größere Monitore zum Verfolgen des Geschehens benötigt werden. Abseits der Haupttribünen sind die Sitze auf wenige Stellen im inneren Teil des Ovals sowie der Gegengerade des Straßenkurses limitiert. Zu allem übel besitzt die Strecke keine besonders gute Infrastruktur. Motegi (Tochigi-Präfektur) selbst ist eine relativ kleine Stadt mit lediglich 16.403 Einwohnern (Stand 2005) und einer Gesamtfläche von 172,71km². Zwar ist die Strecke mit dem Auto nur rund 6km von der Innenstadt entfernt, dennoch sind die Übernachtungsmöglichkeiten, abgesehen von einem Hotel direkt an der Strecke, quasi inexistent. Zu allem übel besitzt die Strecke lediglich zwei zweispurige Straßenzufahrten, was bei Großveranstaltungen mitunter für regelmäßige Verkehrsstaus sorgt. Die Anfahrt mit dem Zug gestaltet sich ebenfalls als schwierig, weil die zwei großen, regionalen Zuggesellschaften JR East sowie Tobu Railway den Bahnhof in Motegi nicht direkt anfahren. Pläne für eine Schnelltrasse für den Shinkansen gibt es ebenfalls nicht.
Nach seinem Sieg beim Saisonstart in Suzuka gilt Kazuki Nakajima selbstverständlich als Favorit für das Rennen in Motegi. Bei seinen ersten beiden Auftritten im letzten Jahr erreichte er allerdings lediglich einen dritten Platz im Frühjahrsrennen sowie zwei zweite Plätze beim verregneten Saisonabschluss (das Rennen wurde auf zwei kurze Sprintrennen nach der Absage des Sommer-Rennens in Suzuka aufgeteilt). Im Gegensatz zum letzten Jahr wirkt Nakajima allerdings deutlich kompletter, in Suzuka war zudem kein einziger Fehler während dem Rennen zu beobachten. Stattdessen ging er sorgsam mit seinen Reifen um und übte stetigen Druck auf Koudai Tsukakoshi aus. Des Weiteren legte er zum richtigen Zeitpunkt, nämlich als Tsukakoshi in die Box abbog, die schnellsten Rennrunden hin, was ihm letztlich den zweiten Sieg seiner Formula-Nippon-Karriere brachte. Nach seinem fünften Platz in Suzuka mag der Saisonstart für den deutschen Titelverteidiger André Lotterer alles andere als glücklich abgelaufen sein, mit insgesamt bereits vier Siegen in Motegi gilt Lotterer allerdings als einer der Geheimfavoriten auf den Sieg, nicht nur aufgrund seiner Erfahrung mit der Strecke. In der Vergangenheit waren insbesondere seine sensationellen Starts ausschlaggebend für den Sieg. Der größte Gegner für die Petronas-Tom’s-Jungs dürfte allerdings der Brasilianer Joao Paulo de Oliveira darstellten. Der Champion von 2010 gewann die jeweiligen Frühjahrsrennen in den letzten beiden Jahren und legte nach seiner verkorksten Qualifikation in Suzuka (nach einem Dreher in der Löffelkurve in Q3 lediglich Startplatz 7) eine bombastische Aufholjagd hin und beendete das Rennen trotz Motorenprobleme auf einem mehr als nur respektablen dritten Platz, was ihn nicht umsonst für mich persönlich zum Mann des Rennens machte. Es wäre somit nicht weiter verwunderlich, wenn diese drei Piloten sich um den Sieg in Motegi streiten werden.
Dahinter stellen sich nach dem Suzuka-Rennen die Fragezeichen auf. Takuya Izawa sicherte sich zwar die Pole Position zum Saisonstart, fiel aber im Rennen komplett ab und kam unter diesen Umständen auf einem sehr enttäuschenden sechsten Rang ins Ziel. Sein Teamkollege Koudai Tsukakoshi (Startplatz 2) kämpfte hingegen mit Nakajima um den Sieg, was er lediglich durch eine etwas geringere Pace in der zweiten Rennhälfte sowie einem gebrochenen Auspuff verlor. In den Qualifyings war Docomo Team Dandelion Racing bereits im letzten Jahr gut unterwegs, im Rennen fielen sie allerdings ab. Die Leistung von Tsukakoshi lässt zumindest darauf hoffen, dass es in diesem Jahr auch in den Rennen besser läuft. Eventuell können sogar beide Fahrer die Party der drei Favoriten sprengen. Erfreulich war in Suzuka der vierte Platz von Kazuya Oshima vom Traditionsteam Team LeMans, der die ganze Zeit über trotz Druck von André Lotterer den Deutschen hinter sich halten konnte. Oshima gilt daher als sicherer Kandidat für die Punkteränge. Spannend wird ebenfalls das Duell der Rückkehrer und ehemaligen Champions von 2007 / 2008 (Tsugio Matsuda) sowie 2010 (Loic Duval). Matsuda, der in Suzuka das erste Rennen mit dem FN09 bestritt, kam mit seinem Gefährt in der Qualifikation außerordentlich gut zurecht, fiel allerdings im Rennen nach einer Berührung in der Löffelkurve zurück. Er lieferte sich allerdings mit Duval ein sehenswertes Duell, was Matsuda letztlich für sich entscheiden konnte. Mit nur einer Sekunde Abstand kamen die beiden Ex-Meister auf P8 und P9 ins Ziel. Zerknirschte Gesichter hingegen bei Nakajima Racing. Während Daisuke Nakajima für das Team seines Vaters erneut nicht die Erwartungen erfüllte (beendete den Saisonstart nach einem unnötigen Unfall komplett von der Rolle auf P16, also dem vorletzten Platz) lief das Rennen für seinen Teamkollegen Takashi Kogure besserer. Aufgrund eines zweiten Boxenstopps landete er allerdings trotz einer deutlich besseren Pace dennoch gerade mal einen Platz vor seinem Teamkollegen.
In den letzten Jahren, insbesondere zum Saisonabschluss 2011, hat sich über dem Twin Ring Motegi gerne mal der Himmel geöffnet. Zumindest an diesem Wochenende sollten die Fahrer allerdings vom Regen verschont bleiben. Sowohl am Samstag sowie Sonntag soll es Temperaturen zwischen 20-22 Grad geben; das Regenrisiko für den Rennsonntag beträgt 20%, für den Samstag, an dem die Qualifikation der Top 12 des ersten Segments im Einzelzeitfahren ermittelt wird, sogar nur 10%.
TV-Zeiten Motegi
Wenig überraschend wird im deutschen Fernsehen selbstredend auch an diesem Wochenende nichts aus Japan zu sehen sein, weshalb man sich nach der berühmt-berüchtigten Graualternative umschauen wird müssen. Wie auch zum Saisonstart in Suzuka wird die Qualifikation nicht live im japanischen Fernsehen gezeigt. Am Sonntag startet J Sports 2 um 07:00 Uhr deutscher Zeit die Übertragung. Der Start zum 52-Runden-Rennen soll laut offiziellem Zeitplan um 07:30 Uhr deutscher Zeit erfolgen. Zum Saisonstart Ende April musste der angekündigte Live-Blog leider kurzfristig aufgrund des Ausfalls des Live-Bilds abgesagt werden. Dies sollte dieses Mal allerdings nicht passieren.
Den Live-Blog starten wir am Sonntag um 07:00 Uhr deutscher Zeit!