Das war ein sehr spannendes Comeback der Formel Eins in den USA mit einem überraschenden Sieger. Hatte es doch bis Samstag so ausgesehen, als würde Red Bull die Konkurrenz in Grund und Boden fahren. Doch dann kam Lewis Hamilton.
Die Strecke in Austin zeigte sich in den ersten zwei Tagen von ihrer rutschigen Seite. Der Asphalt ist glatt und schwitzte unter den breiten Reifen der Formel Eins noch etwas Öl aus. Dazu kam jede Menge Staub, was den Fahrern zusätzliche Sorgen bereitete. Vettel nutzte in dieser Lage vor allem der Abtrieb des RB8 und die schon immer gute Traktion aus den staubigen Kurven. Kein Wunder, dass er der Konkurrenz fast eine Sekunde abnehmen konnte. Doch je länger das Wochenende dauerte, desto mehr Gummi lag auf der Strecke und desto näher rückte vor allem Lewis Hamilton. Ferrari sah sich mal wieder in einer sehr defensiven Rolle und überraschte am Sonntag mit einer umstrittenen Entscheidung.
In der Quali hatte Massa seinen Teamkollegen geschlagen, der nur auf P9 landete. Damit stand er auf der sauberen Seite der Strecke, doch weil Romain Grosjean das Getriebe wechseln musste, rutschte Alonso auf P8 und damit auf den staubigen Teil der Startaufstellung. Ferrari beschloss, das Siegel am Getriebe von Massa abzunehmen, ohne das Getriebe selber zu wechseln. Die FIA bestraft aber schon den Siegelbruch, also musste Massa nach hinten und von P11 starten. Damit rutschte Alonso auf P7. Die Aktion war umstritten, teilweise kam das Gerücht auf, dass Red Bull so etwas ebenfalls mit Mark Webber machen würde, damit Alonso wieder auf der schmutzigen Seite stehen würde. Ferrari war aber offen genug zu zu geben, dass man das Siegel nur aus taktischen Gründen gelöst habe, was die Gemüter wieder etwas beruhigte. Vermutlich hätte Red Bull auch ähnlich gehandelt, und solange die Regeln eine solche Entscheidung hergeben, ist es wohl auch ok. Ob es dem Geist der Sportlichkeit entspricht, ist dann wieder eine andere Frage.
Alonso profitierte von der Entscheidung. Am Start schnappte er sich Hülkenberg, der wegen Massa auf die staubige Seite gerutscht war, und er konnte in Turn 1 Michael Schumacher überholen, was für ihn sehr wichtig war. Danach fuhr er ein meist ungefährdetes Rennen und rutschte dank des Ausfalls von Webber auch noch auf P3.
Vorne sah die Sache aber spannender aus, als man erwartet hatte. Hamilton und McLaren waren Red Bull schon in der Quali auf die Pelle gerutscht, der schmale Abstand von 1 Zehntel in Q3 sagt da schon alles. Im Rennen sah es genauso aus, allerdings hatte Hamilton auch etwas Glück. Webber hatte ihn am Start kassiert, dem Briten gelang aber in den ersten Runden schon der Konter, was extrem wichtig war. Wie man später im Rennen sehen konnte, war es nicht leicht am Red Bull vorbei zu kommen. Hätte Webber sich bis zu seinem Ausfall vor dem McLaren gehalten. wäre die Rechnung für Vettel vielleicht aufgegangen. Ein Abstand von sechs Sekunden und mehr hätte Hamilton nur aufholen können, wenn er seine Reifen mehr belastet hätte. Ein größerer Abstand hätte für Red Bull auch mehr strategische Möglichkeiten bedeutet.
Hamilton hielt den Druck auf Vettel aufrecht, auch wenn er gegen Ende des ersten Stints etwas verlor, weil man sich bei McLaren Sorgen um Reifen machte. Die waren wohl unnötig und nach dem Stopp bekam er das Signal „Gib alles“, was der Brite auch umsetzte. Er setzte Vettel erneut unter massiven Druck, doch der wehrte sich mit seinen Mittel. In der Haarnadel nutze der die bessere Traktion des RB8 und sein KERS aus. Hamilton fehlten immer drei oder vier Zehntel um etwas näher dran zu sein.
In Runde 41 drehte sich die Situation dann. Vettel kam in schnellen ersten Sektor ein HRT in die Quere, der dem Deutschen genau die paar Zehntel kostete, die Hamilton halfen etwas näher zu kommen. Der Rest war dann dank DRS mehr oder weniger Formsache. Vettel blieb zwar am McLaren dran, aber nie mehr so nahe, dass er sein DRS einsetzen konnte.
Ein sehr gutes Rennen, von beiden Fahrern. Vettel war nach dem Rennen sichtlich enttäuscht und das, obwohl er gerade mit seinem zweiten Platz Red Bull die Team-WM geschenkt hatte. Aber gleichzeitig konnte er seinen Vorsprung nur um 3 Punkte ausbauen. Das ist immer noch viel, aber die Rennen Brasilien hatten schon immer ihre eigenen Gesetze. Auch wird er mit Sorge sehen, dass Webber mal wieder mit einem Lichtmaschinendefekt ausgefallen ist. In der Hitze von Sao Paulo ist vielen möglich.
Ein sehr gutes Rennen fuhr auch Felippe Massa. Auf P11 gestartet, flog er teilweise durch das Feld und rang dabei immerhin beide Lotus nieder. Seine gute Fahrt wurde mit P4 belohnt, was für Ferrari nicht unwichtig war, denn so konnte man in der Team-WM den zweiten Platz vor McLaren halten.
Ebenfalls gut unterwegs war Jenson Button, der noch hinter Massa starten musste. In der Quali hatte sich sein Gaspedal verabschiedet, sonst hätte er weiter vorne gestanden. McLaren setzte ihn am Start auf die harte Mischung, was in den ersten Runden bedeutete, dass er erst mal nach hinten rutschte und sich in einem schwer umkämpften Pulk mit Force India, Williams, Mercedes und Toro Rosso wieder fand. Erst als seine Reifen nach ein paar Runden auf Temperatur waren, ging es für Button nach vorne. Ein sehr später Boxenstopp führte ihn am Ende auf P5.
Die Lotus sahen im am Wochenende nicht so gut aus, wie man es wohl selber erhofft hatte. Der rutschige Asphalt mag eine Rolle gespielt haben, Räikkönen beklagte sich im Rennen über massives Übersteuern. Zeitweise lief der E20 sehr gut und es sah so aus, als ob man Alonso würde einholen können. Aber über die Distanz war das nicht möglich, im Gegenteil. Mit den harten Reifen rutschte man noch weiter zurück, was Button und Massa den Weg nach vorne ebnete. Erstaunlich dabei war noch, dass Grosjean hinter dem Finnen landen konnte. Der Franzose hatte sich im ersten Drittel des Rennens gedreht und war auf P16 zurückgefallen. Dennoch gelang ihm das Comeback im Rennen und am Ende war es dann P7.
Dahinter rauschte Nico Hülkenberg durchs Ziel, schwer unter Druck von beiden Williams. Hülkenberg konnte seinen sechsten Platz aus der Quali zwar nicht halten, zeigte aber erneut, was für ein guter Fahrer er ist. Er blieb die gesamte Zeit in den Top 10. Der Deutsche war schon in Runde 17 zur Box gekommen und musste mit dem harten Satz bis zum Ende durchfahren. Reifen schonen war da nicht drin, er hatte nacheinander Ferrari, Lotus, McLaren und Williams hinter sich, die ihn schwer unter Druck setzten. Hülkenberg blieb fehlerlos und stach nebenbei auch mal wieder seinen Teamkollegen aus. Monisha Kaltenborn und Sauber werden sich jetzt schon auf die Saison 2013 freuen.
Beide Williams liefen in Austin im Rennen sehr gut. Maldonado schaffte den Sprung in Q3, Senna mal wieder nicht. Aber im Rennen drehte sich die Sache mal wieder und Senna zeigte mal wieder, was für ein guter Racer er ist. Maldonado schnappte sich seinen Teamkollegen zwar mit einem harten Manöver, dennoch holte Senna am Ende P10. Maldonado wiederum fuhr ein beherztes Rennen, blieb fehlerlos und behielt alle Teile am Fahrzeug.
Mercedes ging, wenig überraschend, in Texas unter. Schumacher prügelte den W02 aus P5 in der Quali, was nach einem Lichtblick aussah. Aber schon in der ersten Runde ging es für den Ex-Weltmeister nur noch hinten. Schumacher war derartig langsam, dass er sich sogar von Toro Rosso überholen lassen musste. Für Rosberg sah es nicht anders aus. Aus taktischen Gründen hatte man Rosberg mit dem alten Auspuff ausgerüstet. Offensichtlich testet man in den letzten Rennen neue Teile für 2013 in verschiedenen Konfigurationen. Enttäuschend war das Rennen am Ende dennoch. Man kann nur froh sein, dass Sauber in Austin ebenfalls nicht in die Punkte kam. So gelang es, die 12 Punkte Vorsprung in der Team-WM zu verteidigen.
Sauber hatte in den USA mit Grip-Problemen zu kämpfen. Man kam, im wahrsten Sinne des Wortes, kaum von der Stelle und fiel nicht weiter auf. Dabei hätte der Kurs den Schweizern liegen sollen, man rätselte übers Wochenende über die Gründe, ohne denen wirklich näher zu kommen. Der Topspeed stimmt, die Fahrer beklagten sich einfach über mangelnden Abtrieb.
Toro Rosso zeigte erneut einen leichten Aufwärtstrend, auch wenn es am Ende keine Punkte gab. Man versuchte Ricciardo lange draußen zu lassen, am Ende musste man sich aber einfach dem schnelleren Speed der Konkurrenz beugen.
Weiter hinten gab es keine Überraschungen. Zwar war Marussia in der Quali schneller als die Caterham, im Rennen drehte sich die Sache aber wieder.
Nun geht es also zum letzten Rennen nach Brasilien, wo es schon am kommenden Wochenende weiter geht. Vettel ist der klare Favorit, ich sehe nicht, wie Ferrari aus eigener Kraft in Brasilien gewinnen kann. Und ein Sieg muss schon sein, es sei denn, Vettel fällt aus, was ja nicht unmöglich ist. Alles Weitere dann in der Vorschau am Donnerstag.
Zum Schluss noch ein paar Worte zur Strecke. Ich war vor dem Rennen aufgrund des Layouts skeptisch, was die Spannung angeht. Tatsächlich funktionierte die Strecke besser, als erwartet. Es gab nicht nur eine, sondern mehrere Überholstellen, die auch genutzt wurden. Pirelli hatte sich für eine sehr konservative Reifenvariante ausgesprochen, was man verstehen kann, da man keine Daten hatte. Im nächsten wird man, das hat man schon angekündigt, andere Mischungen mitbringen. Vermutlich Medium/Soft, was das Rennen noch abwechslungsreicher machen sollte. Eventuell auch Soft/Supersoft, da die Medium Mischung in Austin auch länger hielt. Wünschenswert wäre generell, wenn man die Medium-Variante wieder etwas weicher machen würde, denn im Moment halten die Reifen mehr als die Hälfte einer Distanz.
Man muss den Amerikanern ein großes Lob aussprechen. Die Anlage ist wundervoll, man hatte mit 117.000 Besuchern ein fast ausverkauftes Haus (120.000 gehen rein) und Tielke ist eine sehr abwechslungsreiche und schöne Strecke gelungen. Man kann sich schon auf das nächste Jahr freuen und die anderen Rennen freuen, die dort stattfinden werden.
1 Kommentare
Red Bull hat sich – erstaunlicherweise, wie ich finde – schon in der Quali einen kleinen taktischen Fehler geleistet. Dass Grosjean fünf Plätze nach hinten gehen würde war bekannt. Kurz vor Ende des Qualifyings lag er auf Platz 3, Webber auf 4. Hätte man es dabei belassen, wäre Grosjean rückversetzt worden auf 8 und damit Webber so oder so auf 3 gerutscht. Platz 8 wäre dann aber noch vor Alonso gewesen, der nur auf 9 rumkrebste und merklich nicht nach vorne kam. Dadurch dass Webber kurz vor Schluss noch Platz 3 geholt und Grosjean damit auf 4 verwiesen hat, was ihn minus 5 Plätze dann hinter Alonso brachte, hat Red Bull Alonso eine Startposition geschenkt und im Grunde die Massa-Geschichte „per Fake-Getriebewechsel auf die saubere Seite“ erst ermöglicht. Man denkt immer, der Sport wäre so hochprofessionell dass die Taktik-Abteilung ständig alle optionalen Rechenspielchen im Überblick hat, aber das haben sie verpennt.
Re: „Hitze von Sao Paulo“, das kann sich natürlich noch ändern, aber bislang ist anscheinend für den Rennsonntag eine sehr hohe Regenwahrscheinlichkeit vorhergesagt. Das dürfte Alonso sehr recht sein.
Und Re: Hitze an sich, die Red Bulls sind in Austin wieder mit den vermaledeiten 2012er Lichtmaschinen gefahren anstatt wie zuvor mit den zuverlässigeren Vorjahresmodellen. Der Webber-Ausfall wäre aus dieser Sicht also durchaus vermeidbar gewesen. Sollte Vettel die WM in Brasilien noch verlieren, werden sie vermutlich irgendeinen Verantwortlichen von Magneti Marelli kielholen. :)
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