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Bericht: Mit Michelin an den Nürburgring

von Max Albrecht
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Auch dieses Jahr fanden sich wieder die (deutsche) Elite der GT Teams und hoch motivierte Privatfahrer in der Eifel zum 24-Stunden-Rennen zusammen. Ich durfte das Rennen zusammen mit Michelin Motorsport verfolgen und dabei noch einiges über die Reifen lernen. Michelin 24h Nürburgring
Michelin ist wohl der Reifenausstatter überhaupt in jeglichen Langstreckenrennen und so fuhren auch knapp die Hälfte der Teams bei den 24h am Nürburgring mit Michelin-Pneus. Auch das Ergebnis mit sieben Autos in den Top 10 konnte sich sehen lassen, dass es schließlich nicht für den Gesamtsieg reichte, lag an verschiedenen Faktoren. Aber welche Faktoren es waren, die schließlich den Dunlop-bereiften Mercedes den Sieg brachten, könnt ihr weiter unten im Artikel lesen oder in der Rennanalyse von Don. Der erste Teil des Berichts wird ein persönlicher Erlebnisbericht vom Rennen sein und weiter unten folgen dann nochmal einige interessante Infos, die ich bei Michelin abgreifen konnte.

Samstag

Mein persönliches 24h-Rennwochenende begann Samstag in der Früh um 7:17 im Zug, da man wohl am Nürburgring für alles Geld hatte, nur für einen Bahnhof reichte es nicht. Die Anreise aus meinem Heimatstädtchen hätte damit schlappe acht Stunden gedauert, bei einer theoretischen Fahrzeit von vier Stunden mit dem Auto. Am Bahnhof in Mannheim durfte ich dann schon den hier bekannten Flo aus N treffen und es kam direkt zu spannenden und auch oft zwiegespaltenen Benzingesprächen, welche die Fahrt bis nach Koblenz deutlich verkürzt haben. In Koblenz ging es dann flott im Taxi an den Nürburgring, sodass wir pünktlich zum Klassiker da waren. Auf dem Hinweg ging es natürlich an den riesigen Zeltstädten entlang der Nordschleife vorbei, welche allein von ihren Dimension schon wirklich beeindruckend waren. Auch dank der Atmosphäre ist es für mich nicht mehr eine Sportveranstaltung, sondern vielmehr ein Festival, bei dem ab und zu mal Autos vorbeikommen.

Als wir dann endlich am Nürburgring waren, quartierten wir uns bei unserem (Co)-Gastgeber Nissan ein. Dieser hatte wie schon letztes Jahr eine Hospitality mit angeschlossenem Zeltlager direkt am ADVAN-Bogen aufgebaut. Als dann alle Formalien geklärt waren, ging es auch direkt ins Fahrerlager, in dem allerdings nicht sehr viel los war. Also ging es weiter ein bisschen das gerade stattfindende Klassikrennen anzuschauen, welches ich mir wirklich lauter vorgestellt hatte. Insgesamt muss man eigentlich das ganze Wochenende keine Ohrstöpsel tragen, obwohl das natürlich anders sein kann, wenn man auf einem der Zeltplätze schläft, auf denen dauerhaft Party angesagt ist.

Auf der Haupttribüne trafen Flo und ich dann auch Eagel-F1, den nächsten hier im Blog bekannten Nutzer. Auch hier gab es dann wieder Gespräche über Gott und die Welt und man spazierte etwas um die Strecke, was man ja durchaus machen kann am Nürburgring. Pünktlich zum Top40-Qualifying fanden wir dann Platz auf der Mercedes-Tribüne, welche die beste Sicht an der ganzen Strecke bietet. Ein weiterer Vorteil ist, dass man die einzige Videoleinwand an der ganzen Rennstrecke beobachten kann. Highlight war natürlich der McLaren von Dörr, der sich seines rechten Vorderrads fast direkt vor unseren Augen entledigte. Auch das abschließende ATS-Formel-3-Cup-Rennen wusste mit der einen oder anderen hakeligen Situation zu unterhalten. Zum Tagesabschluss ging es dann noch circa drei Stunden ins Fahrerlager, wo man ganz entspannt mit den Teams und teilweise auch Fahrern sprechen konnte. Wer also mal da ist beim Rennen, sollte auf jeden Fall auch ins Fahrerlager schauen.

Sonntag (Michelin)
Als es Sonntagmorgen raus aus dem Zelt ging, sah noch alles nach einem sonnigen 24-Stunden-Rennen aus, was sich später als falsch herausstellen sollte. Als Rahmenprogramm fuhren am Sonntagmorgen Clio, Mini und Porsche Cup, was ganz okay war.

Um 14 Uhr begann dann das eigentliche Programm meines Gastgebers Michelin. Zuerst konnten sich die anwesenden Gäste aus Deutschland, Frankreich, Spanien, Holland und den USA am Buffet stärken, bevor es zum Besuch der Michelin-Rennwerkstatt im Fahrerlager ging. Als größter Reifenausstatter im Feld hatte man immerhin 16 LKW mit Reifen zum Rennen gebracht, welche weiche und medium Slicks geladen hatten. Auch bei Regenreifen gab es jeweils eine Mischung für normale Bedingungen und eine Reifenmischung für kalte Außentemperaturen, welche dann auch für die meisten Teams die passende Reifenwahl war. Alternativ konnte man natürlich auch mit geschnittenen Slicks bei Mischbedingungen fahren.

Schnell wurde klar, warum Michelin den Langstreckensport so sehr schätzt. Denn zwei Faktoren sind ausschlaggebend für den (werksseitigen) Einsatz des französischen Reifenherstellers: Als primäres Ziel lässt sich der direkte Kampf mit Dunlop, Yokohama, Hankook und Bridgestone nennen, da man nur mit einem direkten Gegner die Stärke des Produktes beweisen kann. Ein weiteres wichtiges Ziel für Michelin Motorsport ist die Verbesserung der Effizienz der Reifen. Allerdings ist das wegen der langen Stoppzeiten bei dem 24-Stunden-Rennen nicht möglich, da man in der Tankzeit auch noch locker die Reifen wechseln kann, ohne Zeitverlust. Dennoch wären zwei Stints ohne Abbau des Reifens möglich. Eine weitere beeindruckende Statistik:
Brauchte man in den 50ern bei der Rally Monte Carlo noch 17.000 Reifen,
so kommt man heute mit 2.000 an einem Rennwochenende aus.

Die Abläufe gibt es so oder ähnlich bei allen anderen vertretenen Reifenherstellern auch: Alles beginnt mit der Bestellung eines Rennstalls bis eine Woche vor dem Rennen, dabei gibt es im Kundensport keine Verträge zwischen Reifenhersteller und Team, sodass alle Teams kurzfristig wechseln können. Dabei muss natürlich auch beachtet werden, dass die Reifen von Michelin etwas teurer sind als die der Konkurrenz, aber technisch mindestens ebenbürtig. Am Rennwochenende selbst ziehen dann die Teams ein Ticket mit Uhrzeit, bis wann die Reifen fertig sind. Michelin kann nun die Reifen im Fahrerlager auf die Felge ziehen, sodass die Teams nur noch die Reifen abholen müssen. Nach dem Stint werden die Reifen sofort von Mechanikern überprüft und die Fahrer befragt, ob es irgendwelche besonderen Vorkommnisse gab.

Pünktlich zum Start ging es dann wieder hoch in die Michelin Lounge oberhalb der BMW-M-Power-Tribüne (Haupttribüne), von der man sehr gut die Startphase beobachten konnte. Auch konnte man das frühe „Drama“ um den Mamerow Audi R8 sehr gut verfolgen. Kurz danach ging es zu einem kurzen Besuch in die Audi G-Drive Box, an der gerade der R8 der Busch-Brüder einen Stopp absolvierte. Auch das kann ich nur an alle Ringbesuchern als Tipp geben, unbedingt mal zu probieren, in die Boxen zu schauen.

Kurz nach dem Abendessen stand noch ein Treffen mit Timo Bernhard an, mit dem man auch ganz locker ein bisschen reden konnte. Auch hier gilt die Devise, wenn man mal da ist unbedingt die Fahrer ansprechen und Fragen stellen! Keiner von denen beißt und die meisten geben auch keine patzigen Antworten ;)

In den Abendstunden gab es noch ein Treffen mit Serge Grisin, dem Manager der Automobilsport-Aktivitäten von Michelin. Dabei kam unter anderem heraus, dass die Reifen bei den VLN und dem 24-Stunden-Rennen ein wahnsinnig großes Fenster haben und man theoretisch auf eine freie Runde Reifen bauen könnte, die deutlich schneller wären. Auch ist das aus der Formel 1 bekannte Problem des Pickup auf den Reifen gar kein Problem auf der Nordschleife.

Später kam auch noch Philippe Mussati zu dem Gespräch, der Leiter der Kundensport-Aktivitäten von Michelin. Er erzählte, dass die Customer-Racing-Sparte von Michelin sich komplett selbst finanzieren muss, aber man trotzdem meist nur mit einer schwarzen null bei solchen Rennen rauskommt. Insgesamt sind also die Kosten für die Reifenhersteller (mit den „Werksreifen“ für Manthey und Co.) in etwa so hoch wie die Einnahmen. Am interessantesten war wohl für mich die Info, dass die Reifen hauptsächlich auf dem R8 LMS, Ferrari 458 GT3, BMW Z4 GT3 und Porsche 911 GT3R entwickelt werden. Allerdings werden die Reifen nach jedem Rennwochenende weiterentwickelt, sodass es nie zu einem Entwicklungsstopp kommt.

Den Abend habe ich dann bis zur Rennunterbechung bei Michelin ausklingen lassen. Netterweise hatte man auch zwei Computer hingestellt, sodass ich nebenbei das Geschehen im Blog verfolgen konnte. Als dann das Rennen unterbrochen war, habe ich mich wieder mit Flo getroffen und die Neuigkeiten ausgetauscht. Im Fahrerlager selbst war zu dieser Zeit nicht mehr soviel los, da die meisten sich wohl ein trockenes Plätzchen gesucht haben.

Montag
Die Nacht von Sonntag auf Montag haben wir dann probiert, möglichst gut mit Schlaf zu füllen, allerdings war dies nur schwer machbar, da das komplette Zelt abgesoffen war. Auch die durchnässte Kleidung und der Wind machten die Situation nicht besser. Irgendwie haben wir es dann aber doch noch geschafft, zwei Stunden Schlaf zu sammeln, sodass wir pünktlich um 6:30 zur Vorstartphase wach waren. Und wir waren reichlich überrascht, als es dann hieß, dass man um 8 Uhr starten würde, da es die ganze Nacht weitergeregnet hatte und somit die Strecke wohl kaum besser aussah. Der Morgen selbst wurde dann damit verbracht, sich im Trockenen aufzuhalten und nicht einzuschlafen, was uns teilweise auch ganz gut gelungen ist ;)

Das Highlight des Wochenendes war wohl der Hubschrauberflug über die Nordschleife, der leider bei leichtem Nebel stattfand. Aber trotzdem war das eine absolut einmalige Erfahrung und man hat wirklich mal gesehen, warum die Nordschleife Grüne Hölle heißt. Im Prinzip ist die Strecke nur ein schmaler Asphaltstreifen mitten in einem riesigen Wald, der massive Höhenunterschiede aufweist.

Dieser Eindruck sollte sich am späteren Nachmittag bestätigen, als alle Michelin-Gäste zusammen nochmal an die Nordschleife kamen. Zur Begrüßung stand direkt ein gestrandeter Cup-Porsche auf dem Parkplatz zwischen den Autos der Zuschauer – auch das dürfte ziemlich einmalig sein. Hier wurde aber auch das Problem der Verlegung des Rennstarts auf Sonntag deutlich, denn die Campingplätze waren nur noch zu einem Drittel voll, da die meisten schon abgereist sind. Sicherlich liegt das auch am starken Regen in der Nacht, dennoch denke ich, dass man bei einem Start am Samstag mehr Leute am Ring gehalten hätte.

Auch den Besuch der Nordschleife selbst kann ich nur empfehlen, da es einfach eine ganz andere Welt ist als die normalen Grand-Prix-Strecken heutzutage. Da fliegen dann die Wagen einfach mal über Kuppen oder fahren extreme Steigungen hoch. Auch kann man teilweise sehr schöne Fotos machen, wenn man irgendwie an den FIA-Sicherheitszäunen vorbei fotografieren kann. Das Ende des Rennens wurde dann wieder bei Start-Ziel angeschaut, wo dann auch kräftig alle ankommenden Fahrer beklatscht wurden. Als letzten Tipp würde ich noch geben, dass man sich das Rennen von der Mercedes-Tribüne anschaut, da man erstens ein sehr guten Blick auf die Strecke hat und zudem die einzige Videoleinwand auf der ganzen Strecke sehen kann.

Warum für Michelin die Regenunterbrechung schlecht war
Bis zur Regenunterbrechung sah es für die von Michelin unterstützten Teams sehr gut aus. Aston Martin lag in Führung und die Manthey, die als einzige im gesamten Feld auf Mischbedingungen gesetzt haben, waren gerade dabei sich auf Platz 1 und 2 zu schieben. Doch dann kam die knapp achtstündige Regenunterbrechung. Da jedoch keine Parc-Ferme-Bestimmungen galten, konnten alle Teams auf ein Regensetup beziehungsweise Mischsetup wechseln. Als dann um kurz nach 8 Uhr morgens das Rennen neu gestartet wurde, war die Stunde der Dunlop-Reifen und SLS gekommen. Denn die abtrocknenden Bedingungen waren wohl die größte Stärke der Dunlop-Reifen und deswegen auch der ausschlaggebende Faktor. Bei MarcVDS hätte man sicherlich eine gute Siegchance gehabt, wenn man statt Göransson einen Fahrer gehabt hätte, der genauso schnell fährt wie die anderen. Insgesamt denke ich, dass ohne Regenunterbrechung wohl einer der Manthey Porsche gewonnen hätte.

Fazit
Wie auch letztes Jahr gab es wieder viel Spektakel am Nürburgring und auch die eine oder andere hitzige Diskussion über die Zukunft. Auch sportlich wusste das Rennen durchaus zu überzeugen und hat die 210.000 Zuschauer (nach DTM-Messverfahren wohl) gut unterhalten. Problematisch war natürlich der Regen in der Nacht, der einige Camper verscheucht haben dürfte und auch das Rennen durcheinander gebracht hat. Es wäre im Nachhinein wohl schlauer gewesen, wenn man von Samstag auf Sonntag gefahren wäre. Dennoch war es wie wieder ein tolle Veranstaltung, die mehr Festival als Motorsportveranstaltung war. Wer also mal die Chance hat, zum Rennen zu kommen, sollte das auf jeden Fall machen, auch da langsam die Anzahl der Racingblog-User am Ring steigt :)

Ein besonderer dank gilt Michelin, die mein Aufenthalt durchorganisiert hatten und mich auch mal an Stellen gebracht haben, an die man sonst nicht kommt.

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1 Kommentare

Stephan 1 Juni, 2013 - 22:24

Tatsächlich gab es bis 1984 einen Bahnhof in Adenau. Nahezu pünktlich mit der Eröffnung der Grand Prix Strecke wurde jedoch dieser geschlossen und das Gleisbett herausgerissen. Warum und wieso, darf man sich heutzutage zu Recht fragen…denn auch wenn man von außerhalb kommt, ist es immer noch so, als würde man ins Niemandsland fahren.

Sehr schöner Bericht derweil! Hat mir sehr gefallen! Schade nur, dass unsereins nicht übern Weg gerannt ist.

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