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NASCAR: Analyse Atlanta September 2009

von KristianStooss
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Das „Pep Boys Auto 500“ bot Sonntagnacht vor allem eines: viel Spannung! Die neun Cautions kamen keineswegs ungerufen, es sei denn, man drückt derzeit Kevin Harvick die Daumen. Ansonsten gab es viel Rennaction und gute Überholmanöver zu sehen.

NASCAR Sprint Cup SeriesAls ich im Vorfeld des Rennens meinen Tipp abgegeben habe, befanden sich einige Kandidaten auf der Liste für die Top5. Ganz sicher aber nicht Kasey Kahne, dessen Sieg mich sehr überraschte. Gegen Rennende sah nämlich zunächst alles nach einem Erfolg von Kevin Harvick aus. Auch David Reutimann konnte mit einem starken vierten Platz in die Riege der üblichen Verdächtigen vorstoßen und die Liste der positiven Überraschungen geht weiter: Robby Gordon (16.) fuhr das gesamte Rennen problemlos in den Top20 mit und zeigte eine gute Vorstellung, genauso wie Bobby Labonte (18.) im TRG-Toyota, der zeitweilig sogar an den Top10 kratzte.

Das Rennen begann für viele Teams mit massivem Übersteuern, was die Kommentatoren mit der Unerfahrenheit bezüglich der neuen Reifenmischung begründeten. Goodyear hatte für das erste geplante Nachtrennen eine andere Mischung als noch beim Frühlingsrennen an die Strecke gebracht. Schließlich erwischte es Sam Hornish Jr., der nach einem Dreher im Infield landete. Die ersten Pitstops wurden für teils weitreichende Änderungen an den Autos genutzt, denn fast überall steckten die Schraubenschlüssel für Trackbar- und Wedgeänderungen in den Heckscheiben. Dann stellte sich heraus, dass die progressiven Änderungen das Fahrverhalten noch verschlimmerten und nachdem Hornish erneut einen Dreher auf den Asphalt legte, gingen viele Teams wieder an den Setupausgangspunkt zurück. Man tröstete sich wohl damit, dass die Strecke im Laufe der Nacht bei sinkenden Temperaturen sowieso mehr Grip aufbauen würde.

Frühe Opfer des Rennens waren Matt Kenseth, der sich noch vor der zweiten Caution in der Mauer befand, und Carl Edwards mit einem defekten Ölkühler. Kenseths Crew bot im Anschluss eine sensationelle Vorstellung: In jeder Gelbphase wurde das beschädigte Heck weiter ausgebessert, sodass am Ende noch ein zwölfter Platz möglich war, der Kenseth einen knappen Verbleib im Chase sichert. Edwards‘ Ölkühler wurde wohl das Opfer von Debris auf der Fahrbahn, was eine 23-ründige Reparaturpause nach sich zog, womit letztlich nur ein 37. Platz heraussprang. Die Crew betrachtete das Rennen aber von vornherein als Testfahrt für den Chase, da Edwards mit die besten Chancen auf eine sichere Qualifikation für selbigen hat.

Dominiert wurde das erste Renndrittel durch Kyle Busch, Jimmie Johnson, Martin Truex Jr. und Denny Hamlin, dahinter fuhr Jeff Gordon konstant in den Top5. Die vier Fahrer wechselten sich dabei munter an der Spitze ab, wobei spät im Run meistens Truex die Führung übernahm, nur um sie bei einer Gelbphase an der Box wieder zu verlieren. Kyle Buschs Crew zeigte dagegen eine gute Leistung und brachte ihn zu diesem Zeitpunkt regelmäßig wieder an die Spitze. Das zeigt auch, wie wichtig viel Training für die Boxenmannschaften ist, die einzig und allein für diese Aufgabe an der Strecke verweilen. Die gesamte Woche wird mit einem Fitnesscoach an der Schnelligkeit und Beweglichkeit gearbeitet.

Zur Halbzeit waren dann die Autos, die am Anfang mit Übersteuern zu kämpfen hatten, plötzlich wieder in Form, da die Strecke an Grip gewann. Vor allem für Truex und Kyle Busch war das ein Problem, da ihr Auto zu Beginn neutral auf der Straße lag und nun zu untersteuern begann. Jetzt begann die Vorstellung von Kevin Harvick, der zu diesem Zeitpunkt plötzlich an der Spitze auftauchte und sich die Führung holen konnte. Diese gab er bis zum letzten Renndrittel nicht mehr ab, als Kasey Kahne kurzzeitig einige Führungskilometer sammeln konnte. 100 Runden vor Schluss ging Harvick dann allerdings wieder vorbei und unterstrich, wie gut sein Auto besonders auf den Longruns ging.

Bevor es in die entscheidende und wirklich spannende Phase ging, mussten zunächst noch drei Chase-Contender bzw. –teilnehmer Federn lassen. Kurt Busch setzte seinen Dodge mit Übersteuern in die Mauer und steuerte sofort die Garage an, wo er nach nicht einmal fünf Minuten schon fertig umgezogen für ein Interview bereit stand. Für ihn ist aufgrund seiner sicheren Chasequali der Ausfall genauso wenig tragisch, wie für Jimmie Johnson, der sich an der Box einen Achsbruch zuzog. Kurioserweise erwischte es auch Brian Vickers, der das gleiche Problem hatte. Während die Crew von Vickers die Achse noch im Pitstall wechseln konnte und sogar in der Führungsrunde blieb (!), brauchte man bei Johnson satte 22 Runden, was zum Schluss einen 36. Platz bedeutete.

50 Runden vor Rennende zeigte dann Juan Pablo Montoya, wie gut sein Chevy auf den Shortruns war und zog mit Leichtigkeit erst an Kasey Kahne und dann an Kevin Harvick vorbei, um wichtige fünf Bonuszähler für die Chasequali zu sammeln. Aus der Box von Montoya hörte man, dass das Team bereits mit einer so guten Abstimmung an die Strecke nach Atlanta gekommen ist, dass alle Abstimmungsänderungen im Training die Performance nur verschlechterten. Die #42 ging also mit dem Basissetup an den Start und der Wagen wurde im Laufe der Nacht konsequent besser.

30 Runden dauerte es bis Kevin Harvick, im Longrun wiedererstarkt, an Montoya vorbei in die Nacht davonfuhr und nicht mehr aufhaltbar schien – außer eben durch eine Gelbphase, die vier Runden später ausgerechnet sein Teamkollege Clint Bowyer auslöste, als er sich ins Gras verabschiedete. Alle Fahrer kamen noch einmal zum Stopp, um vier frische Reifen aufzuziehen. Gepokert wurde in Atlanta nicht: Mit vier „Dr. Feelgoods“ war man immer besser bedient, wie auch Ray Evernham zu bestätigen wusste. Zu schnell war der Grip der Pneus aufgebraucht, um ernsthaft zocken zu können. Mit noch zehn zu fahrenden Runden beim letzten Restart waren sich auch die Kommentatoren einig, dass Montoya nun wohl auf und davon ziehen würde.

Aber dann kam alles anders als gedacht, denn beim Restart gab David Reutimann Kasey Kahne einen Wahnsinns-Push und Kahne konnte somit vor Montoya und auch Harvick bleiben. Der Kolumbianer erwischte einen schlechteren Restart und griff zum Schluss auch Harvick nicht mehr an, möglicherweise um die wertvollen Punkte in der Meisterschaft nicht zu gefährden. Kasey Kahne gewann am Ende mit einem guten Vorsprung vor Harvick, Montoya, Reutimann und Mark Martin. Wie sauer man im Team der #29 ob des verpassten Sieges war, konnte man sehen, als die letzte Gelbphase ausgerufen wurde: Harvick, zu diesem Zeitpunkt schon um fünf Sekunden enteilt, hatte genug Benzin an Bord, um durchzufahren und besaß die nötige Schnelligkeit am Ende des Runs. Keiner hätte ihn wohl mehr eingeholt und Crew Chief Gil Martin wusste das auch, als er mit der Faust auf den Tisch haute, um seinem Ärger freien Lauf zu lassen.

Ein Rennen vor dem Cutoff hat sich in der Meisterschaftstabelle nicht allzu viel geändert. Denny Hamlin sicherte sich eine feste Qualifikation und braucht in Richmond nicht mehr zu zittern. Clint Bowyer dagegen ist endgültig draußen und auch David Reutimann hat trotz seines tollen vierten Platzes mit 132 Punkten Rückstand auf Platz 12 wohl nur noch Außenseiterchancen. Außerdem verloren beide Busch-Brüder durch schlechtere Ergebnisse einige Punkte.

Die Tabelle sieht ab Platz 5 nun folgendermaßen aus:

5) Carl Edwards (+105)
6) Kasey Kahne (+96)
7) Kurt Busch (+95)
8) Juan Pablo Montoya (+88)
9) Ryan Newman (+77)
10 Mark Martin (+72)
11) Greg Biffle (+69)
12) Matt Kenseth (+20 auf Platz 13)
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13) Brian Vickers (-20 auf Platz 12)
14) Kyle Busch (-37)
15) David Reutimann (-132)

Richmond wird also eine ganze Enge Kiste, genauer beleuten werde ich das aber erst am Ende der Woche in der Vorschau. Da gibt es dann alle „Chase clinch“-Szenarien vorgerechnet.

Abschließend möchte ich noch auf die Top35 der Owner Points hinweisen, hier konnte Scott Speed wie erwartet 21 Punkte auf John Andretti gewinnen. Somit steht die #82 nur noch mit 94 Punkten hinter der #34. Für die letzten elf Rennen bedeutet das folgendes: Qualifiziert sich Speed regelmäßig und landet immer zwei bis drei Ränge vor Andretti, dann ist der Sprung in die Top35 zu schaffen und eine allzu schwierige Aufgabe sollte das nicht sein.

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