Die Saison ist um, Zeit sich mal anzuschauen, wie das Jahr für die Teams so war. Ein Rückblick und eine Analyse.
Was war denn da los? Dass McLaren in den letzten Jahren schon fast notorisch schlechte Saisonstarts hatte, daran hat man sich gewöhnt. Aber dem Team gelang es dann nach wenigen Rennen immer wieder, auf die Siegerstraße einzubiegen. Doch in diesem Jahr war alles anders. Schon bei den Tests im Winter sahen die Zeiten eher bescheiden aus. Unsere Analyse hatte schon ein paar Fragezeichen: „Die Briten haben allen Beobachtern bei den Tests kleine Rätsel aufgegeben. Der Wagen ist schnell, keine Frage, die Long Runs sahen sehr gut aus, vor allem, was den Verschleiß der Reifen angeht. Aber richtig gute Zeiten hat man auch nicht gesehen.“ Tatsächlich sahen die Long Runs gut aus, das Sandbagging der anderen Teams verwehrte eine tatsächliche Sicht auf die Dinge. Denn McLaren hatte in Barcelona schon alles gezeigt. Aber wie konnte man so daneben liegen?
Eine Frage, die McLaren ebenfalls beschäftigte und die klar machte, wie ernst die Lage war. Denn man wusste zunächst nicht, warum man so weit hinten lag. Button bestätigte, dass der MP4/28 gut zu fahren sei, aber halt einfach zu langsam war. Die Lage war so verzweifelt, dass man kurzzeitig darüber nachdachte, beim Rennen in China den Vorjahreswagen einzusetzen. Das scheiterte aus logistischen Gründen und weil man das alte Chassis nicht so schnell umbauen konnte. Die Frage, ob man mit dem MP4/27 besser dran gewesen wäre, steht aber durchaus im Raum. Whitmarsh meinte, dass man beim alten Chassis kein Entwicklungspotenzial mehr sehen würde, man so also im Laufe der Saison noch weiter nach hinten rutschen könnte.
Schief gelaufen war wohl die Grundkonzeption des Autos. Eine neue Vorderradaufhängung, neue Seitenkästen, ein neues Heck samt neuer Luftführung. Man habe sich, so Whitmarsh, im Herbst 2012 für eine Variante des neuen Wagens entscheiden müssen. Entweder hätte man auf Basis des MP4/27 weiter gemacht, der aber gegenüber dem Red Bull auf einigen Strecken einen Nachteil hatte. Oder man musste sich für einen komplett neuen Ansatz entscheiden, was sich am Ende dann als Fehler herausgestellt hat. Das aerodynamische Konzept des des Fahrzeugs passte hinten und vorne nicht, vermutlich fing das schon bei der Front an. Auffällig war, dass McLaren erst gegen Ende der Saison mit neuen Seitenkästen kam und auch die Position des Auspuffs sich während der Saison nicht veränderte. Was darauf hindeutet, dass man sich darüber im Klaren war, dass man aus dem MP4/28 niemals mehr würde rausholen können. Man erkennt daran auch, wie schnell man als Team nach hinten rutschen kann. Mutige Entscheidungen, neue Lösungsansätze und Ideen können einen Rennstall ins Nirvana der Mittelklasse stürzen. Und das passiert selbst den erfolgreichsten Teams.
Ausgerechnet im Jubiläumsjahr des Teams legte man die schlechteste Saison seit 1980 hin. Und nur der vierte Platz von Button im letzten Rennen sorgte dafür, dass es nicht die schlechteste Saison seit 1968 wurde. Man muss dem Team aber zugute halten, dass man bis zum Schluss am Auto gearbeitet hat und sich die Ergebnisse etwas verbesserten. Dabei war McLaren aber eines der wenigen Teams, die von der Änderung der Reifen nicht betroffen war. Im Grunde blieben die Platzierungen vor und nach Ungarn stabil, was schon etwas erstaunlich ist. Platz 5 in der Team-WM klingt jetzt nicht allzu schlimm, aber der Abstand zu Lotus beträgt knapp 190 Punkte.
Der Weggang von Hamilton hat dem Team schwer geschadet. Button ist nicht der Schnellste in der Qualifikation, aber auch Sergio Perez gelang es nur selten, seinen Teamkollegen zu schlagen. Das Quali-Duell ging zwar 10:9 für den Mexikaner aus, aber das ist denkbar knapp. Wenn man davon ausgeht, dass Hamilton in der Quali drei Zehntel schneller ist, dann sieht man den Unterschied. Vermutlich hätte der Ex-Weltmeister auch nicht mehr reißen können, aber er hätte den McLaren häufiger in Q3 bringen können. In der WM konnte Button seinen jüngeren Teamkollegen dann auch deutlich distanzieren (73:49 Punkte).
Perez tat sich, vor allem zu Beginn der Saison, extrem schwer. So schwer, dass sich Martin Whitmarsh nach drei Rennen dazu genötigt sah, von seinem Nachwuchspiloten deutlich mehr Aggressivität einzufordern. Die kam dann auch in Bahrain, als Perez und Button die Fernsehzuschauer mit einem beinharten Duell erfreuten. Aber Perez gelang es auch danach nicht, Button deutlich zu schlagen. Er fuhr teilweise auf dem Niveau des Briten, aber nie darüber. Und das wird auch den Ausschlag dafür gegeben haben, warum McLaren in nach nur einer Saison wieder rausgeworfen hat.
Die Entscheidung, den unerfahrenen Kevin Magnussen ins Cockpit zu setzen, wird nicht unkritisch gesehen. Warum setzt man ausgerechnet 2014 nicht auf Kontinuität? Die Antwort lautet: Weil McLaren jetzt schon für 2015 plant. Zum einen bekommt man ab 2015 exklusiv die Motoren von Honda, zum anderen weiß man, dass man wegen dieses Motorenwechsels von Mercedes 2014 nicht immer das neuste Material bekommen wird. Ferrari, Renault und Mercedes haben schon angekündigt, dass die Kundenteams vermutlich erst ein paar Rennen später die neusten Updates beim Motor bekommen werden, dass Mercedes vor allem ab dem Sommer 2014 McLaren die neueste Motorengeneration geben wird, kann man getrost ausschließen.
2014 wird für McLaren also wieder ein Übergangsjahr. Man wird weniger den WM-Titel anpeilen, als ein besseres Ergebnis. Top 3 wird das Ziel sein, dazu vielleicht auch mal wieder ein paar Siege.