Es muss also doch nicht immer Citroën sein. Die Franzosen mussten zum ersten Mal in diesem Jahr einer anderen Marke den Vortritt lassen. Zumindest im zweiten Rennen. Im Ersten war alles so wie immer.
Auf der winkeligen Strecke des Hungaroring hatten die Citroën erstaunlicherweise zum ersten Mal etwas mehr Probleme mit der Konkurrenz. Schon in der Qualifikation waren die Abstände nach hinten bei weitem nicht mehr so groß wie noch in den Rennen zuvor. Gerade mal 0,5 Sekunden lag der schnellste Honda hinter dem Citroën-Trio und auch die Cruze waren nicht so weit weg. Grund für die „Schwäche“ waren wohl die Besonderheiten der Strecke. Den Citroën liegen eher lange, schnelle Passagen und Geraden, die Honda gehen vor allem auf engen Strecken etwas besser. Aber auch der mit einem etwas längeren Radstand ausgestattete Cruze machte in Ungarn eine gute Figur. Eine weitere kleine Überraschung war, dass Sebastian Loeb in Ungarn so seine Probleme hatte. Eigentlich sollte man meinen, dass dem Rallye-Weltmeister die kurvenreiche Strecke liegen sollte, aber offenbar hatte sich der Franzose mit der Abstimmung vertan und lag so das gesamte Wochenende ein gutes Stück hinter seinen Teamkollegen.
Im ersten Rennen gingen die Citroën von den ersten drei Positionen ins Rennen, Loeb versemmelte aber den Start und fiel hinter Monteiro, Tarquini, Bennani und Lokalmatador Michelisz zurück. Und damit hatte sich das Rennen auch schon erledigt. Es ging zwischen Loeb und Michelisz zwar teilweise eng zu, aber eine echte Chance hatte der Citroën erstaunlicherweise nicht. Offenbar fehlte ihm auf der Geraden der Topspeed. Das Rennen war also eher langweilig, es passierte auch im Hinterfeld so gut wie nichts.
Der Reverse Grid für das zweite Rennen brachte dann etwas mehr Pfeffer in die Sache. Auf der Pole stand WTCC-Neuling Hugo Valente, neben ihm ein weiterer Cruze mit Gianni Morbidelli. Die Citroën folgten auf den Plätzen 9 und 10. Vieles sprach im zweiten Rennen für Sebastian Loeb, der deutlich vor seinen Teamkollegen starten konnte, aber erneut gelang dem Franzosen kein guter Start. Morbidelli konnte sich durchsetzen, auf P2 setzte sich Tiago Monteiro nach einem Monsterstart fest, während Valente P3 einnahm. Zwischen Morbidelli und Monteiro entwickelte sich über das gesamte Rennen ein packender Zweikampf. Der Honda Civic war auf der Bremse und im Kurveneingang etwas besser, der Cruze hatte den besseren Kurvenausgang und die bessere Höchstgeschwindigkeit auf der Geraden. Man bekam die unterschiedlichen Abstimmungskonzepte quasi aus dem Lehrbuch vorgeführt. Honda hatte mehr Abtrieb, der Cruze etwas weniger. Vermutlich hätte Monteiro die Spitze erobern können, wäre da vor ihm nicht Morbidelli unterwegs gewesen, der nun wirklich alle Tricks kennt, die man wissen muss. Der Italiener galt schon immer als ein Fahrer, den man nur schwer überholen kann, Monteiro, nun auch kein Anfänger, fand kein Mittel, um den Cruze hinter sich zu lassen. Hugo Valente schaute sich das alles mit einer knappen Sekunde Abstand interessiert an und dürfte einiges gelernt haben.
Hinter Valente gab es ein weiteres schönes Duell. Tom Coronel hatte seinen neu aufgebauten Cruze nach dem Start vor Yvan Muller und Jose-Maria Lopez platziert und es schien eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis die Citroën sich am Niederländer würden vorbei schieben können. Doch Coronel gelang ein ähnliches Kunststück wie Morbidelli weiter vorne. Irgendwie hielt er die Franzosen hinter sich, auch wenn er seinen Chevrolet dafür teilweise sehr breit machen musste. Dürfte ihm Spaß gemacht haben, allerdings ließ es Muller auch ruhig angehen. Er wollte wohl weder seinen noch den Wagen von Coronel gefährden, da nächste Woche das Rennen am Slowakiaring ansteht.
Am Ende siegte aber völlig verdient Gianni Morbidelli, der damit dem deutschen „All Inkl.“ Team den ersten Sieg in der WTCC spendierte. Honda wird enttäuscht sein, man hatte in Ungarn eigentlich das zweitschnellste Auto. Und doch musste man sich den privat eingesetzten Cruze beugen. Das wird sicher nicht zu guter Laune führen. Aber immerhin konnte Honda in Ungarn den Abstand auf die Citroën etwas verkürzen.
Ob das allerdings am Slowakiaring auch der Fall sein wird, kann man bezweifeln. Die Strecke dürfte den Citroën wieder besser liegen, da sie über mehr schnelle Kurven verfügt und sehr schnell ist. In der Vergangenheit sahen die Civic da auch nicht sonderlich gut aus, es wäre also nicht überraschend, wenn die mit einem besseren Topspeed ausgestatteten Cruze am Slowakiaring die Nase vorne haben werden.
Bilder: WTCC