Das World Motor Sport Council der FIA hat getagt und, man kann es nicht anders sagen, bescheuerte Ideen durchgewunken. Die FIA macht die Formel Eins kaputt.
Für 2015 gilt dann:
– Das Parc Fermé gilt jetzt schon ab FP3 und nicht erst ab der Quali. Dafür bleiben die Trainings am Freitag.
– Die Zahl der Stunden im Windkanal wurde erneut reduziert. Von 80 auf 65 Stunden.
– CFD-Arbeit von 30 auf 25 Teraflops reduziert. Wie die FIA das messen will, ist mir ein Rätsel, dazu gleich was.
– Es sind nur noch vier Motoren pro Saison erlaubt (ab 20 Rennen dann 5).
– Testen wird wieder eingeschränkt.
– Die Autos werden wieder Funken sprühen, die Titan-Platten unter dem Auto sind zurück.
– Nach einer SC-Phase gibt es einen stehenden Start.
Die letzte Maßnahme ist ein Witz. Ich hätte durchaus nichts dagegen, wenn die F1 wie die NASCAR und die IndyCar einen rollenden Start in Zweierreihen nach einer SC-Phase einführen würde. Das ist auf den meisten Strecken problemlos möglich. Aber schon der rollende Start birgt gewisse Risiken, wie die IndyCar nicht müde wird aufzuzeigen. Aber ein stehender Start? Ich verstehe den Sinn dahinter nicht. Um „mehr Aufregung“ zu schaffen? Das Rennen wird, ebenso wie die WM mit ihren doppelten Punkten am Ende der Saison, zu einer Witzveranstaltung. Da kann man gleich Wrestling schauen. (Nichts gegen die WWE, aber es ist halt doch ein bisschen was anderes.)
Für mich geht es in der Formel Eins um die Leistung der Ingenieure, der Fahrer, der Boxencrew. Es geht um strategische Entscheidungen im Rennen, es geht um die Art und Weise, wie man die Reifen belastet, wie man mit dem Sprit haushält. Es geht um Endurance-Faktoren in einem 90 Minuten langen Rennen. Es geht mit Sicherheit nicht im Comic-artige Showeinlagen. Da geben die Teams 200 Millionen im Jahr aus, um dann ein Rennen auszuwürfeln?
Die Idee, einen Re-Start in den letzten zehn Runden zu provozieren, dürfte sehr schnell da sein. Im Moment macht das keinen Sinn, weil man im Single-File Restart nur dann etwas gewinnen kann, wenn man die frischeren Reifen hat. Aber bei einem stehenden Start sehen die Chancen der Top 6 da ganz anders aus. Warum nicht einen Wagen doof abstellen lassen, damit man die SC bekommt? In der NASCAR hat man sich an die klassischen „mystery caution“ ja gewöhnt, auch wenn ich sie immer noch mit einem genervten Augenrollen quittiere. Aber in der Formel Eins gehört sich so etwas einfach nicht. Es macht sie zu einer Micky-Maus-Veranstaltung.
Ich habe keine Ahnung, was in den Köpfen der Strategy Group, die hinter den Ideen steckt, vor sich geht. Aber viel kann es nicht sein. Es sieht eher nach der Frage aus „Was haben wir den sonst so für Ideen, um den Sport lächerlich zu machen.“ Statt eine sinnvolle Kostenbeschränkung einzuführen, die Sauber, Williams, Caterham, Marussia und selbst Mercedes gerne hätte, versucht man mittels CFD-Beschränkungen, die Kosten zu drücken. Ob die FIA schon mal davon gehört hat, dass man sich als Privatmensch ganze Serverfarmen mieten kann? Bei Amazon zum Beispiel? Und das man nie kontrollieren kann, wann ein Mitarbeiter in seiner Freizeit ein wenig am Design arbeitet? Es ist eine unnütze, überflüssige und dumme Regel.
Genau wie die Beschränkungen bei den Motoren und dem Design. Komischerweise zeigt die FIA, wie es auch anders gehen kann. Le Mans war dieses Jahr das beste Beispiel dafür, wie man mit einem relativ simplen Motorenreglement einen großen Erfolg erzielen kann. Die Motoren geben mehr Leistung ab als die der F1 und halten (na ja, teilweise) dann aber auch 6.000 km durch. Also eine gesamte F1-Saison.
Wenn Designer wie Adrian Newey die Lust verlieren, dann liegt das auch an einem Reglement, das keinerlei Freiheiten mehr erlaubt. Oder völlig bescheuerte Regeln beinhaltet, die dann zu dramatisch hässlichen Autos wie in diesem Jahr führen.
Statt die Regeln, wie in Le Mans, mal auf den Kopf zu stellen, statt den Ingenieuren und Desigern mal wieder das Grinsen ins Gesicht zu zaubern (und damit auch den Zuschauern), schafft es die FIA, die F1 zu einem langweiligen Regelmonster verkommen zu lassen. Und weil das langweilig ist, meint man dann mit artifiziellen Eingriffen, die Spannung wieder herstellen zu müssen.
Dabei sind die Rennen, so wie sie im Moment sind, gar nicht schlecht. Bahrain und Kanada waren fantastische Rennen, selbst am Österreichring machte es richtig Laune zuschauen zu können. Selbst wenn viele Fans jetzt schon der Meinung sind, dass KERS und DRS, ebenso wie automatisch zerfallende Reifen, eine Zumutung sind, das was da kommen soll, macht die F1 zu einer Witz-Veranstaltung. Königsklasse. Unbedingt.
Aber die Autos sprühen jetzt wieder Funken, sieht ja super aus.
8 Kommentare
Auf den Punkt gebracht. Als ich von den stehenden Restarts hörte, habe ich erstmal an mir selber gezweifelt, schließlich ist doch gar nicht April. Umso trauriger das Ganze. Die laufende Saison ist an sich gar nicht mal schlecht, Teams haben schon früher dominiert und (fast) alle Rennen eines Jahres gewonnen. Das gab es schon immer. Das Ganze verkommt von Motorsport zu einer Motorshow – damit ist jetzt nicht die Messe in Essen negativ gemeint ;-) . Stehende Restarts – und ich dachte das neue Chase-Format in der NASCAR ist das, was mir im laufenden Motorsportjahr am meisten missfällt. Immer mehr lenke ich mein eigenes Augenmerk auf die WEC – wie viele andere wol auch…
Danke dafür, alles vollkommen richtig, die F1 wird zu einer Witz-Veranstaltung, und selbst ich, der ich das wohl seit rund 30 Jahren intensiv verfolge, habe bald keine Lust mehr darauf. Da hilft nur, dass ich ein Gewohnheitsmensch bin, und die F1 eine Gewohnheit ist, die man nicht so leicht aufgibt.
Auch Parc Ferme Bedingungen zu Beginn von FP3 ist totaler Unsinn. In FP3 wird noch an der Rennabstimmung gefeilt, und diejenigen, die am Freitag Probleme hatten, können prüfen, ob sie das noch aussortieren können. Stattdessen kann man dann außer ein paar Flügeleinstellungen nichts mehr am Auto verändern, so dass die meisten Teams wahrscheinlich nur sehr wenig fahren werden, höchstens ein bisschen üben für die Qualifikation. Kosten spart das nicht, es kostet nur interessierte Zuschauer.
@ Dirk:
Was FP3 angeht. Mal sehen, wie sie Parc Fermé Bestimmungen am Samstag auslegen. Schon jetzt ist es aber so, dass man mit dem Getriebe und dem Motor fährt, die man in der Quali und im Rennen nutzen wird. Ein Tausch zwischen FP3 und Quali geht nicht mehr, weil zu kompliziert.
Ganz offenbar versucht die FIA verzweifelt, mit immer krawalligeren Ideen neue Zuschauer zu gewinnen, merkt dabei aber nicht, wie sie die echten Fans immer mehr vergrault. Das kann nicht gutgehen, das ist fast schon ein Teufelskreis. Zuschauer wandern ab, eine absurde Idee soll neue Fans gewinnen, was nicht funktioniert, stattdessen wandern noch mehr ehemals treue Zuschauer ab, weil sie den Irrwitz nicht mehr ertragen, worauf die FIA mit einer noch absurderen Idee kontert, worauf dann …
Das ist nicht nur lächerlich, das spricht auch dafür, dass man bei der FIA denkfaul ist und weder fähig noch willens, die echten Probleme ernsthaft anzugehen. Auch ich verfolge die Formel 1 seit Jahrzehnten, aber lange werde ich mir diesen ganzen Schwachsinn wohl nicht mehr antun.
Irgendwie kommt mir das ganze spanisch vor. Hier im Blog kann jeder 1 + 1 zusammenzählen und merkt wie bescheuert das ganze ist und bei der FIA kommt kein einziges Hirn auf die Idee, dass das vollkommener Mumpitz ist. Entweder sind die wirklich alle zu verblendet oder da hat jemand seine Finger im Spiel.
Die FIA scheint wohl auch nichts von Remote Arbeitsplätze gehört zu haben…
Also: Die Rechenkapazitäten von Clustern – hierbei gehen die Cloudlösungen von Amazon eher nicht, weil die nicht uneingeschränkt einen das tun lassen, was man möchte – soll um 5 Teraflops gedeckelt worden sein…schön: Und was macht man, wenn man gewisse Entwicklungsarbeiten extern ausschreibt, in ein andere Projekt schiebt und am Ende doch für die Formel 1 verwendet?
Mal ganz davon abgesehen, dass selbst eine Workstation oder ein Notebook CFD anstellen kann…nehmen wir daher doch das konkrete Beispiel, aus aktueller Erfahrung mit meinen Projekten auf der Arbeit, folgendes an: Wenn gewisse Aufträge extern ausgeschrieben werden, werden diese in Büros von den externen Konstrukteuren gezeichnet oder berechnet oder was auch immer. Die Berechnungsleistung wird dann im Unternehmen des Auftraggebers veranlasst und der Mitarbeiter sitzt bei sich auf der Firma im Büro. Wie will also die FIA regeln wollen, dass die Rechenkapazität eingehalten wird? Compute Nodes konfiszieren? „Einheits Cluster powered by HP“ anbieten? Totaler Käse…
Das Team könnte auf der anderen Seite – siehe externe Ausschreibung – auch einen Teilcluster extern aufstellen…und schon hätte man das ganze auch wieder ausgehebelt.
Die Formel 1 hat sich schon die letzten 2 Jahre immer weiter lächerlich gemacht und inzwischen ist für mich persönlich das Maß voll…die Königsklasse des Motorsports ist meinen Empfinden nach eher die WEC.
LG,
Stephan
Ihr ranter hier alle gegen die FIA dabei dürft ihr nicht vergessen wer die Regeln macht, das sind in der Strategy Group die Teams! Die FIA kann nicht nicht einmal mehr neue Regel einführen bzw. bestehende verändern, wenn es nicht auf Grund der Sicherheit geschieht.
[…] möchte die FIA gerne im nächsten Jahr nach einer SC-Phase einen stehenden Start einführen. Nicht nur wir, auch viele Fans empfinden diese Idee als völligen Blödsinn. Man fragt sich, was das soll, ob man […]
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