Caterham und Marussia werden in Austin und Sao Paulo nicht am Start sein. Beide Rennställe sind insolvent und die Frage stellt sich, welches Team es als nächstes erwischt.
Es ist immer ein Warnsignal, wenn ein Formel-Eins-Team verschwindet. Aber es ist auch kein Beinbruch. In der Formel Eins gab es, vor allem im Hinterfeld, schon immer eine große Fluktuation an Teams. Das war in allen Jahrzehnten der Serie so. Tatsächlich war es in den letzten Jahren, verglichen mit den 60ern und 70ern regelrecht ruhig. Die letzten beiden Privat-Teams, die aus Geldgründen aufgeben mussten, waren letztes Jahr HRT und Super Aguri, die 2008 das Handtuch warfen. Insgesamt ist die Liste der Teams, die es in der F1 nicht geschafft haben, ziemlich lang.
Jetzt scheint es Caterham und Marussia erwischt zu haben. Caterham ist insolvent und versucht gerade, über den Insolvenzverwalter die rauchenden Reste des Teams an einen Interessenten zu verkaufen. Marussia hat, laut britischen Medienberichten schon im Oktober angekündigt, dass man einen Isolvenzantrag stellen wird. Während bei Caterham das Chaos hausgemacht war, kommt es bei Marussia auch nicht so überraschend. Wir haben uns hier ja auch schon seit Jahren gefragt, wer bei Marussia eigentlich die Rechnungen bezahlt. Seit diesem Jahr ist „Marussia Cars“ nicht mehr existent, die Rennlizenz hält nun eine Firma, die in Irland sitzt. Seit Monaten hört man Gerüchte, dass Marussia einen Käufer sucht und auf dem Weg wohl auch schon relativ weit gekommen ist.
Es mag also nicht unüblich sein, dass die Serie Teams verliert. Doch was der Serie Sorgen machen sollte, ist der Umstand, dass es seit Jahrzehnten kein neues Team mehr geschafft hat, sich auf lange Sicht zu etablieren. Die drei neuen Teams, die 2010 in die F1 eingestiegen waren, haben alle das Handtuch geworfen. Ebenso erging es Toyota und Super Aguri. Bei HRT waren die Voraussetzungen von Anfang an eher schwierig, Marussia/Virgin hatte immerhin etwas Geld, Caterham/Lotus hatte sicher die besten Voraussetzungen, kam aber dennoch auf keinen grünen Zweig.
Schuld daran ist auch die ungleiche Verteilung der Preisgelder. Die großen, erfolgreichen Teams, die sowieso gute Sponsoren haben, bekommen ungleich mehr Geld als die kleinen Teams. James Allen spricht von einer Ratio von 4,5 zu 1. Anders gesagt: Je schlechter es läuft, desto größer werden die Probleme. Da die Ausgaben pro Jahr aber weiter steigen und durch das neue technische Reglement geradezu explodiert sind, haben die kleinen Teams kaum eine Chance. Es gib mit Force India zwar ein positives Gegenbeispiel, aber hier hat Vijay Mallya einiges an Geld investiert. Ein Luxus, der HRT, Marussia und Caterham nicht in der Form zur Verfügung stand.
Auch wenn der Untergang dieser drei Teams nichts Ungewöhnliches sein mag, für Bernie Ecclestone und die Formel Eins ist es mehr als ein Warnsignal. Denn diese Pleiten schrecken mögliche neue Investoren und Teams ab. Wenn man nicht wie Red Bull oder Mercedes massive Geldmengen zur Verfügung hat, scheint ein Erfolg in der F1 nicht mehr möglich zu sein. Und selbst wenn das Geld da ist, haben die Beispiele von Ferrari und McLaren in den letzten Jahren gezeigt, dass selbst diese Teams unter Druck geraten können.
Wenn man sich die Situation der F1 im Moment anschaut, dann sind nur Red Bull, Mercedes, Ferrari und McLaren (dank des Vertrages mit Honda) in der Lage, sicher in die Zukunft zu schauen. Williams ist massiv von den üppigen Sponsorengeldern von Martini abhängig (hat sich aber wieder gefangen). Force India scheint für den Moment sicher, aber gegen Vijay Mallya laufen noch etliche Ermittlungen in der Pleite seiner „Kingfisher Airline“. Toro Rosso hängt bekanntlich am Tropf vom Red Bull. Bleibt Sauber, das seit drei Jahren in einer Dauerkrise steckt und im letzten Jahr kurz vor der Pleite stand. Die schlechte Saison 2014 wird dem Team nicht helfen.
Wenn es also schlecht läuft, dann sieht man 2015 bei den Testfahrten erstmal nur 14 Autos. Was Bernie Ecclestone vor massive Probleme stellt, denn laut PitPass garantiert er den Veranstaltern mindestens 16 Autos. Andere Quellen sprechen von 18 Autos.
Da bis auf das Haas F1-Team, das erst 2016 kommt, kein neues Team sich auf das Wagnis F1 einlassen möchte, steht Bernie vor einem Problem. Eine Notlösung soll darin bestehen, dass die „großen“ Teams ihre Chassis an kleiner Teams verkaufen bzw. verleasen. So könnte dann Ferrari ein Chassis an Marussia geben, samt Motor und aerodynamischer Updates über das Jahr. Dafür würde Ferrari den Fahrer und mögliche Sponsoren bestimmen. Eine andere Lösung, die von Luca di Montezemolo dieses Jahr mal angekündigt wurde, sollte so aussehen, dass Ferrari, Mercedes, McLaren und Red Bull ein drittes Auto einsetzen dürfen, dass mit einem Nachwuchsfahrer besetzt wird. Der darf dann zwar Punkte für die Fahrer-WM sammeln, nicht aber für die Konstrukteurs-WM.
Das sind durchaus interessante Lösungen, aber sie verschärfen das Problem am Ende nur. Denn wenn Dietrich Mateschitz keine Lust mehr auf die F1 hat oder der Mercedes-Vorstand beschließt, dass es nun mal genug ist, dann fehlen der Serie plötzlich drei, vier oder gar fünf Chassis. Die Lösung ignoriert das grundsätzliche Problem, dass es an neuen Teams fehlt.
Denn sie löst nicht das grundsätzliche Problem der Formel Eins, die einfach zu kompliziert ist und neuen Teams nicht die Möglichkeit gibt, vor einem Eintritt in die Serie exzessiv zu testen. Selbst wenn Audi oder BMW Lust auf die F1 hätten, sie müssten wegen der Testbeschränkung damit rechnen, Jahre hinterher zu fahren. In der WEC ist die Situation leichter, hier können die Teams vor dem eigentlichen Debüt Jahre testen.
Schaut man sich die Misserfolge von BMW, Toyota, Honda, Super Aguri, HRT, Caterham und Marussia in den letzten Jahren an, kann man als interessierter Investor nur zu dem Schluss kommen, dass man sein Geld lieber in anderen Rennserien verbrennt.
Die F1 krankt im Moment an mehreren Problemen, Geld ist eines. Ein anderes ist, dass sie technologisch nicht interessant ist. Die WEC erfreut sich wachsender Beliebtheit und das nicht, weil sie wahnsinnig viel günstiger ist, sondern weil sie ein deutlich interessanteres Reglement bietet. Aber notwenige Reformen und Anpassungen werden sowohl von der FIA als auch von den dominierenden Teams blockiert. Renault und Ferrari würden zum Beispiel gerne auf die Einfrierung der Motoren verzichten, Mercedes sieht das aus nachvollziehbaren Gründen anders. Aber es wird immer jemanden geben, der etwas blockiert, weil es ihm gerade nicht in den Kram passt.
Damit die Formel Eins nicht ausblutet, müsste man, neben den Änderungen am technischen Reglement, auch die Verteilung des Geldes verändern. Anstatt die zur Verfügung stehende Summe ungleich zu verteilen, sollte der Kuchen gleichmäßiger aufgeteilt werden. Caterham und Marussia wären zum einen noch dabei und zum anderen vermutlich erfolgreicher, wenn ihnen mehr Geld aus der F1-Topf zur Verfügung stehen würden.
5 Kommentare
Sehr, sehr gut zusammengefasst! Die Floskel, Teams kommen und gehen, stimmt schon lange nicht mehr. Sie gehen eher, kommen aber nicht mehr. Marussia, Caterham und HRT sind auch nur in die Formel-1 eingestiegen, weil eine 50-Millionen-Euro-Budgetobergrenze geplant war. Und das Haas-Team ist für mich eine absolute Ausnahme. Es ist ein Armutszeugnis, dass ein Team wie Carlin oder ART heute nicht mehr wie einst Jordan, Minardi oder Sauber in die Formel-1 aufsteigen können…
Im Artikel steht Hass F1. Es soll sicher Haas F1 heißen.
Noch weiter oben steht: Es ist mag also nicht üblich sein, dass die Serie Teams verliert.
Sollte es nicht heißen: Es ist mag also nicht unüblich sein, dass ….
Trotzdem ein gelungener Artikel.
Die Zeit, als Teams buchstäblich kamen und gingen, war natürlich auch eine, als es sowieso viel mehr Teams gab (und natürlich: geben konnte), teils mit wenig Substanz und Hintergrund. Entsprechend gross war das Feld, entsprechend war das Reglement mit Vorqualifikation, wo man unverrichteter Dinge vom Wochenende wieder abreisen durfte wenn man sich nicht für die Qualifikation qualifizieren konnte.
@ floehde:
Gut aufgepasst :)
Fehler sind korrigiert.
Die F1 ist ja leider keine Motorsport-Serie mehr, sondern ein (teures) „Test-Feld“ für innovative Antriebskonzepte und Aerodynamik-Studien – und somit für kleine oder neue Teams nicht zu finanzieren.
Ich hab nix gegen Hybrid-Technik, aber um diese Technik serienreif bzw alltagstauglich zu machen oder sie zu verbessern, bedarf es nicht der F1 !
So lange Werke/Hersteller die Serie benutzen, um sich zu profilieren und neue Technologien zu erproben, geht es mit dem „Sport“ in der F1 bergab bzw. den Bach runter! Leider!
Wie wär’s denn ( ganz diktatorisch ;-.)mit konventionellen 2,4l 8 Cyl.-Motoren, ohne „SchnickSchnack“, 6-Gang-Getriebe, streng limitierter Aero ? OK, dann steigen 2 Werke aus, aber dafür kämen dann 3 „Garagen-Teams“.. und wir hätten wieder spannende Rennen…
Sorry, aber man darf ja wohl noch träumen dürfen…
Wenn der Technik-Hybrid-Aero-Wahn noch weiter geht, sehe ich die F1 spätestens 2018 am Ende ( 3 Teams, 12 Autos).
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