Nach einer Reihe schwerer Unfälle auf den großen Ovalen innerhalb der letzten zwölf Monate kam es am Sonntag zur Katastrophe. Justin Wilson verstarb an den Folgen eines Unfalls.
In Runde 179 verlor Sage Karam in Führung liegend ohne Fremdeinwirkung seinen Wagen in Kurve 1 und schlug hart in die Safer Barrier ein. Ein Teil der Nase seines Dallara wurde in die Luft geschleudert und traf Justin Wilson am Kopf. Im Anschluss fuhr der Wagen nach links und kollidierte mit der inneren Wand. Die sofort eingeleiteten Rettungsmaßnahmen und die Überführung ins Lehigh Valley Health Network Cedar Crest Hospital konnten Justin Wilsons Leben nicht retten. Die Motorsportwelt verlor mit ihm einen großartigen Fahrer und wahren Gentlemen. Unser Mitgefühl gilt Wilsons Familie und Freunden.
So ein Unfall macht die Analyse und Beurteilung eines Rennens immens schwer. Nach dem Rennen in Las Vegas, bei dem Dan Wheldon sein Leben verlor, war ich stinksauer, weil ich das Gefühl hatte, dass die Unfallgefahr von den Offiziellen nicht nur billigend in Kauf genommen, sondern künstlich gefördert worden war. Diese Wut spiegelt sich auch im Artikel zum MAVTV 500 vom Juni wider. Heute bin ich hingegen nur sehr traurig. Man muss zwar wieder die IndyCar Series und die Fahrer massiv kritisieren, aber gerade der Unfall von Wilson war einer, der so in jeder Formel Serie der Welt geschehen kann. Nur durch geschlossene Cockpits lässt es sich verhindern, dass Fahrer von Trümmerstücke am Helm getroffen werden. Nach den Unfällen von Massa, de Villota, Bianchi, Hinchcliffe und Wilson muss dieses Thema von Experten endlich angegangen werden.
Das gilt auch für die Sicherheit der IndyCar auf Ovalen. Schon in der Qualifikation drehte sich Charlie Kimball in die Mauer, hob ab und schlug in den Fangzaun ein. Mit einer guten Portion Glück blieb er unverletzt. Der Unfall war eine 1:1 Kopie der Unfälle aus Indianapolis. Die Änderungen an den Aero Kits von Chevrolet hatten also keinerlei positiven Einfluss. Es macht den Eindruck, dass es vor allem um das Einbremsen der Chevrolet ging. Auch vor dem Rennen in Pocono war das Gejammer im Honda-Lager wieder groß, dass man keine Chance gegen die Chevrolet hätte. Die Siege auf den sechs Ovalen in diesem Jahr verteilen sich nun auf jeweils drei für jeden Hersteller. Von der drückenden Überlegenheit der Chevrolet war nach dem Rennen auf dem Texas Motor Speedway nichts mehr zu sehen.
Im Rennen ging es dann mit den Unfällen weiter:
– Runde 29: Nach einem Restart fuhr Sebastien Bourdais Kurve 2 zu hoch an, kam in den Dreck und schlug in die Mauer ein.
– Runde 85: Jack Hawksworth touchierte mit übersteuerndem Wagen leicht Charlie Kimball neben sich und drehte sich in die Wand; Kimball benötigte nur einen neuen Frontflügel.
– Runde 92: Zwischen Justin Wilson (außen) und Graham Rahal (innen) wurde es mit unruhigen Wagen sehr eng; Tristan Vautier wollte unter Rahal in eine kaum vorhandene Lücke und drehte sich und Rahal in die Mauer.
– Runde 131: Tony Kanaan steuerte seinen Wagen unter die gelbe Linie, verlor ihn dort und schlug in die Mauer von Kurve 2 ein.
– Runde 138: am Wagen von Marco Andretti brach ein Teil der Aufhängung und er landete in der Mauer von Kurve 2.
– Runde 166: Helio Castroneves kopierte Sebastien Bourdais in Kurve 1.
– Runde 179: der tragische Unafll von Sage Karam und Justin Wilson

Start des Rennens und bei den Restart war das Feld noch breiter aufgefächert (c) Bret Kelley/IndyCar Media
Neben diesen sieben Gelbphasen gab es noch vier weitere durch Debris (ab Runde 30 und 109), einen Fuchs (ab Runde 163) und eine Ölspur von Gabby Chaves (ab Runde 197), die das Rennen dann auch unter Gelb beendete. Der fehlende Rhythmus war Ursache und Wirkung in einem und da müssen sich auch die Fahrer mal Fragen, was sie eigentlich machen. Die meisten Unfälle waren klare Fahrfehler und einer überaggressiven Fahrweise geschuldet. Natürlich kann man bei einem Restart am leichtesten Überholen. Ist es aber wirklich nötig, mit vier bis sieben Wagen nebeneinander in Richtung Kurve 1 zu fahren? Josef Newgarden, Scott Dixon und Carlos Munoz wurden für zu frühes Beschleunigen bei Restarts bestraft. Die Strafe bestand aber nur daraus, wieder einige Kontrahenten vorbeizulassen. So bekommt man natürlich keine Disziplin ins Feld.
Am Bildschirm konnte man den Eindruck gewinnen, dass sich einige Fahrer für unbesiegbare Ritter auf ihren Schlachtrössern halten. Das gilt weniger für die Rookies, sondern eher für die Veteranen wie Ryan Hunter Reay, Juan Pablo Montoya, Graham Rahal, Tony Kanaan, Helio Castroneves und Ed Carpenter. Ausdrücklich loben will ich sogar Sage Karam und Gabby Chaves, die beide ein blitzsauberes Rennen abgeliefert haben. Leider wurden sie nicht mit einem Top-5-Ergebnis belohnt, das sie durchaus verdient gehabt hätten.
Es ist sehr schade, dass das Rennen keinen Rhythmus gefunden hat. Ohne die ganzen Cautions hätte sich nämlich ein sehr gutes Rennen entwickeln können. Die Rundenzeiten vieler Piloten waren sehr ähnlich, verschoben sich aber innerhalb eines Stints. Einige waren mit neuen Reifen deutlich schneller, aber die Reifen bauten dann auch stärker ab. Andere Fahrer hingegen konnten ihre Rundenzeiten deutlich länger konstant halten. Auch gab es leicht unterschiedliche Strategien. Die Fahrer von Team Penske zeichneten sich zum Beispiel durch ein sehr gutes Benzinmanagement aus. Dies kostete sie während der ersten Runde der Boxenstopps durch die unglücklich fallende Caution viele Plätze. Diese holten sie sich durch geringere Standzeiten bei den zweiten Boxenstopps aber wieder. Auch Gabby Chaves profitierte von einem abweichenden Stopprhythmus.
Josef Newgarden dominierte mit 47 Führungsrunden das erste Renndrittel. Danach waren vor allem die Penske von Helio Castroneves und Simon Pagenaud die schnellsten Wagen im Feld. In Runde 110 tauchte zum ersten Mal Gabby Chaves ganz vorne auf und konnte sich in der Spitzengruppe halten. Auch Ryan Hunter-Reay arbeitete sich in der zweiten Rennhälfte immer weiter nach vorne. Am Ende kam er auf 29 Führungsrunden und ist ein verdienter Sieger. Durch den Unfall seines Freundes und Teamkollegen Justin Wilson konnte er sich natürlich nicht wirklich freuen.
Auf den Plätzen 2 und 3 folgten Josef Newgarden und Juan Pablo Montoya. Der Kolumbianer war, nach dem Unfall von Graham Rahal, lange sehr vorsichtig unterwegs. Erst zum Rennende hin schob er sich mit einigen aggressiven Manövern nach vorne. Abgesehen von Newgarden hat er so auf alle anderen Meisterschaftsanwärter seinen Punktevorsprung ausgebaut. Will Power auf Platz 4 konnte den Punkteverlust noch am besten eindämmen.
Ein sehr unauffälliges Rennen brachte Scott Dixon Platz 9 ein. Zu keiner Zeit machte er den Eindruck, in einem wirklich konkurrenzfähigen Wagen zu sitzen. Die Fahrer, die auf den Plätzen 2 (Rahal), 4 (Castroneves), 6 (Bourdais), 7 (Andretti) und 9 (Kanaan) der Meisterschaftswertung vor dem Rennen lagen, schieden aus. Für Juan Pablo Montoya lief es also fast perfekt.
Carlos Munoz und Takuma Sato fuhren auf den Plätzen 5 und 6 sehr gute Ergebnisse ein. Ryan Briscoe, Scott Dixon und James Jakes komplettierten die Top 10. Das waren dann auch die letzten Fahrer, die das Ziel in der Führungsrunde erreichten. Gabby Chaves und Charlie Kimball schieden in der Schlussphase mit technischen Defekten aus. Pippa Mann auf Platz 13, nach einer längeren Reparaturpause mit 15 Runden Rückstand, erreichte noch fahrend das Ziel.
Das ganze Ergebnis gibt es hier oder als PDF.
Vor dem Saisonfinale am nächsten Sonntag in Sonoma, bei dem es doppelte Punkte zu verdienen gibt, können noch sechs Fahrer Meister werden. Die besten Aussichten hat natürlich Juan Pablo Montoya:
Platz | Fahrer | Team | Punkte | Rückstand auf P1 |
1 | Juan Pablo Montoya | Team Penske | 500 | |
2 | Graham Rahal | RLL Racing | 466 | 34 |
3 | Scott Dixon | Chip Ganassi Racing | 453 | 47 |
4 | Will Power | Team Penske | 439 | 61 |
5 | Helio Castroneves | Team Penske | 423 | 77 |
6 | Josef Newgarden | CFH Racing | 413 | 87 |
Pablo Montoya ist nach 2014 auch 2015 der erfolgreichste Fahrer auf den Ovalen. Mit 30 Punkten Vorsprung konnte er sich vor Scott Dixon und Graham Rahal durchsetzen.








1 Kommentare
Sage Karam hat keineswegs ein „blitzsauberes“ Rennen gefahren. Er hat sein Auto ohne fremdes Zutun verloren und damit den möglichen Sieg verschenkt.
In Anbetracht des tragischen Endes eine Randnotiz.
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