Es ist vielleicht das Überraschungsteam der Saison. Und dann vielleicht auch wieder nicht, denn der Erfolg der Inder hatte sich schon im letzten Jahr angekündigt.
Am Ende waren es 51 Punkte, die Force India auf Red Bull in der WM gefehlt haben. Das ist, über die Saison gerechnet, nicht so viel. Schaut man sich die unterschiedlichen Budgets an, wird klar, was Force India in dieser Saison geleistet hat. Gegen die knapp 200 Millionen Dollar von Red Bull stehen vielleicht 120 Millionen Dollar von Force India. Gegen die Marketingmaschine Red Bull gut auszusehen, ist schon ein kleine Kunst. Dabei hatte das Jahr für Force India nicht mal sonderlich gut angefangen.
Der VJM08 entpuppte sich schon vor dem Start als halbe Fehlkonstruktion. Das Team arbeitete über den Winter lange und hektisch, musste aber wegen „Problemen mit dem Geldfluss“ einige Rückschläge hinnehmen. Der Chassishersteller hielt die Monocoques bis zur kompletten Zahlung der Rechnung zurück, andere Zulieferer wollten angesichts der Pleiten von Caterham und Marussia ihr Geld am liebsten in bar. Force India verlor einige Wochen und konnte zum Rennen in Australien nur eine Rumpfversion des neuen Fahrzeugs hinstellen. Und die hatte massive Probleme, weil der Wagen und die Aerodynamik einfach nicht fertig entwickelt waren.
Force India kündigte schon im Frühjahr eine B-Variante des Wagens an und schleppte bei jedem Rennen ganze LKW-Ladungen an neuen Teilen an. Aber es lief nicht. Ganze 21 Punkte sammelte man bis zum Rennen in Österreich, also vergleichsweise wenig. Bei den kleinen Teams ist oft so, dass die wichtigen Punkte zu Beginn einer Saison gesammelt werden. Dann, wenn die „Großen“ noch so ihre Probleme haben, wenn die Konkurrenz im Mittelfeld auch noch nicht so weit ist. In den ersten Rennen bis Spanien kann man sich die Grundlage für den Rest der Saison schaffen.
Bei Force India lief es anders. Nachdem man die B-Variante stückchenweise bis Singapur an die Strecke gebracht hatte, lief es für das Team plötzlich richtig gut. In Spa wurde Perez Fünfter, in Russland kam er auf P3. Es folgten zwei weitere fünfte Plätze in Austin und in Abu Dhabi. Allein durch diese Plätze konnte Force India die mittlerweile deutlich schlechtere Konkurrenz hinter sich lassen.
Kämpfte man zu Beginn der Saison noch mit Toro Rosso und den Lotus, lag man am Ende des Jahres plötzlich auf Augenhöhe mit Williams und vor allem Red Bull, die man mehrfach schlagen konnte. Für so ein kleines, privates Team mit kleinem Budget und einem schlechten Start ist das schon sensationell. Und daher ist Force India für nicht wenige auch das Team des Jahres.
Sehr viel dazu beigetragen haben auch Nico Hülkenberg und Sergio Perez. Ehrlicherweise muss man sagen, dass Perez über die gesamte Saison betrachtet aber der bessere Mann im Team war. Das sieht man vor allem in der WM (78 vs. 58 Punkte). Allerdings: In der Quali lag der Deutsche mit 11:8 vorne, insgesamt kam er auch siebenmal vor seinem Teamkollegen ins Ziel, während das Perez nur sechsmal gelang. Aber der Mexikaner hatte in diesem Jahr wirklich einen guten Lauf und zeigte, dass er mit Hülkenberg auf einem Level ist.
Was wiederum ein Problem für den Deutschen darstellt. Auch wenn man als ewiges großes Talent gehandelt wird, muss man halt seinen Teamkollegen klar schlagen. Der Sieg in Le Mans hat Hülkenberg eine Menge Respekt eingebracht, aber am Ende zählt halt für F1-Teamchefs dann doch die Leistung in der eigenen Serie. Mit Talenten wie Verstappen, Kvyat, Sainz, Ricciardo und Bottas in der Serie dürfte es Hülkenberg schwer fallen, einen Sitz in einem Topteam zu ergattern. Die Zukunft scheint für ihn vernagelt. Red Bull hat eigene Talente, Ferrari schielt zu Verstappen oder Ricciardo und will allein aus Marketinggründen keinen zweiten deutschen Fahrer. Mercedes ist dicht und baut mit Wehrlein einen eignen Mann auf. Williams könnte eine Alternative sein, aber ob die jemals wieder ganz nach vorne kommen?
Für Force India wird 2016 kein leichtes Jahr. McLaren sollte eigentlich aufholen können, Renault wird Druck machen und auch Toro Rosso sollte man nicht unterschätzen, die ja mit 2015er Ferrari-Motoren antreten werden. Es kann auch gut sein, dass das Name Force India wegfallen wird. Angeblich wird das Team in „Aston Martin Racing“ umbenannt.