989
Die zweite Runde der Saison 2016 sollte etwas Klarheit bringen, wie die Hackordnung in der Formel Eins aussieht. Vor allem, was den Abstand von Ferrari zu Mercedes angeht.
Zunächst die wichtigste Meldung: Fernando Alonso wird nicht in Bahrain an den Start gehen. Grund dafür sind die Folgen des Unfalls in Australien. Bei einer Nachuntersuchung stellte man Frakturen an den Rippen und eine Beschädigung der Lunge fest, der Spanier wird so nicht antreten können. Ersetzt wird Alonso durch den Ersatzfahrer Stoffel Vandoorne. Das dürfte ein interessantes Debüt werden, denn Vandoorne ist eines der größten Talente, die man zur Zeit im Umfeld der F1 finden kann.
Die Reihenfolge der Rennen ist in diesem Jahr etwas anders, weil das Rennen in Malaysia in den Herbst verschoben wurde. Und somit bekommt die Serie etwas schneller Klarheit darüber, wo die Teams stehen. Die kennen Bahrain mehr als gut, weil man hier und da in den letzten Jahren immer mal wieder getestet hat. Zudem bringt Pirelli die Mischungen Medium, Soft und Supersoft an die Strecke, als jene Mischungen, die man im Verlaufe des Jahres am häufigsten sehen wird. Zusammen mit dem Tielke-Kurs, der neben der beiden langen Geraden auch ein paar enge und schnelle Kurven bereithält, sollte man sehen können, wer gut in das erste Saisondrittel starten wird.
Der Vorteil dürfte auch in Bahrain weiter bei Mercedes liegen, zumindest wenn man die Tests und das Rennen in Australien anschaut. Mercedes scheint noch über Reserven zu verfügen, aber wie groß die sind, ist schwer zu sagen. Der Reifenverschleiß des W07 sah in Australien in Ordnung aus, auch wenn Mercedes auf die Medium ausweichen konnte. Dass aber Hamilton sich einen Satz Supersoft mehr hatte zurücklegen lassen, deutet zumindest an, dass man keine Angst vor den ganz weichen Reifen hat.
Diese Angst hat Ferrari auch nicht. Der Abstand von ca. 0,5 Sekunden zwingt die Italiener allerdings zu etwas mehr Risiko in der Strategie. Es scheint logisch, dass Ferrari in Bahrain für das Rennen einen zusätzlichen Satz Supersoft aufsparen wird. Das zwingt das Team allerdings dazu, in Q3 nur einen Versuch für die Pole startet. Danach muss man dann versuchen, erst einen Undercut zu schaffen, um dann den nötigen Vorsprung herauszufahren. Dies immer aber nur vor dem Hintergrund, dass Mercedes nicht mit einer ähnlichen Strategie unterwegs sein wird. Es dürfte spannend werden.
Hinter Mercedes und Ferrari klafft ein große Lücke. Weder Williams noch Force India oder Toro Rosso scheinen in der Lage zu sein, die Top-Teams unter Druck zu setzen. Bei Williams ist nicht so ganz klar, was in Australien schief gelaufen ist. Massa erreichte P5, was quasi das Maximum ist, das man erreichen kann. Er fuhr ein ungefährdetes Rennen, Bottas steckte aber mitten im Trubel und kam dort, anders als im letzten Jahr, nicht raus. Das mag mit der Strecke in Australien zusammenhängen, aber Williams machte nicht den Eindruck, als könne man aus eigener Kraft den Rest abschütteln.
Ein bisschen überraschend war die etwas unscheinbare Performance von Force India. Wir hatten sie stärker eingeschätzt. Aber so richtig vorwärts ging es für die Inder, die immerhin vor der Saison P3 in der Team-Wertung angepeilt haben, dann doch nicht. Man konnte froh sein, dass man die Toro Rosso hinter sich halten konnte, die sich in Australien selbst etwas im Weg standen. Nicht wegen der Sache zwischen Verstappen und Sainz, sondern weil man wegen der Rennunterbrechung in ein falsches Strategiefenster rutschte. In Bahrain sollte Toro Rosso besser unterwegs sein. Wenn sich die Fahrer nicht wieder ins Gehege kommen.
Und dann wäre da ja noch die Red Bull, die in Australien besser unterwegs waren, als man dachte. Ricciardo fuhr ungefährdet auf P4, hatte aber das Glück, dass Räikkönen ausfiel. Red Bull hat durchaus einen Schritt nach vorne gemacht, ebenso Renault. Es ist gut möglich, dass man in Bahrain sehen kann, dass sich Red Bull als Nummer Drei in der Serie etablieren kann. Vor allem, wenn man mal beide Autos ins Ziel bringt.
Durchaus spannend dürfte auch die Frage sein, wie gut das Haas-Team in Bahrain sein wird. Die Punkte in Australien kamen auf Grund des Unfalls von Alonso und der Unterbrechung zusammen. Aber auch weil der Wagen von Grosjean einfach schnell genug war. Man verpasste eine bessere Startposition, weil man im Trubel der neuen Qualifikation das Zeitmanagement falsch einschätzte. Die Performance legt zumindest nahe, dass man regelmäßig in die Punkte fahren kann. Was nicht für Renault und Sauber gilt und schon gar nicht für Marussia.
In Bahrain wird man leider auch noch mal das Quali-Format aus Australien sehen. Die Teamchefs wollten es ja eigentlich abschaffen, aber Pirelli, die FOM und die FIA waren dagegen. Ecclestone möchte der Sache noch mal eine Chance geben, warum auch immer. Ganz verschwinden wird das Format für Q1 und Q2 vermutlich eh nicht.
Strategie:
Bahrain ist eine Herausforderung für die Strategie. Die Trainings finden statt, wenn es warm ist, das Rennen geht in die Nacht. Da die Asphalttemperatur massiv sinken wird, ändert das auch den Reifenverschleiß. Für die Fahrer ist die Frage, ob man am Ende noch einen Satz Supersoft aufziehen kann oder nicht. Eine Strategie fürs Mittelfeld könnte also sein, dass man auf den Soft startet, einen längeren Stint mit den Medium einlegt, um dann mit den Supersoft am Ende aufzuholen. Die Medium sind allerdings schwächer, wer einen guten Reifenverschleiß hat, könnte auch zweimal die Soft aufziehen. Die Projektionen sehen allerdings in beiden Varianten kaum Unterschiede.
Für die Teams, die Q3 erreichen, sieht die Sache anders aus. Man wird auf den Supersoft starten und wird zwingend auf die Soft gehen müssen, wenn man ums Podium fahren will. Dann ist die Frage, wie lange man die Soft durch den Stint bringen kann. Mehr als 20 Runden scheint aber unwahrscheinlich. Was darauf hinausläuft, dass man zweimal die Soft aufziehen wird. Oder aber am Ende die Supersoft, wenn der Asphalt abgekühlt ist. Es ist schwer, zu diesem Zeitpunkt die Strategien genau vorherzusagen, weil Daten fehlen.