Es ist das Highlight der Formel Eins-Saison: der Grand Prix von Monaco. Hier zu gewinnen gehört zu den großen Herausforderungen und nicht umsonst zählt das Rennen zusammen mit den 24h von Le Mans und dem Indy 500 zur Triple Crown des Motorsports.
Doch bevor es am Donnerstag (!) mit den freien Trainingssessions losgeht, wird man noch viel zum Unfall der beiden Mercedes-Piloten in Barcelona hören. Mittlerweile hat sich bei fast allen Experten die Meinung durchgesetzt, dass es sich um einen Rennunfall handelte, an dem beide nicht unschuldig waren. Wie das allerdings bei Mercedes bewertet wird, ist eine andere Frage. Niki Lauda ist von seiner Meinung, dass die Schuld bei Hamilton lag, offiziell nicht abgerückt, auch wenn er es so auch nicht mehr wiederholt hat. Toto Wolff tendiert, zumindest öffentlich, zu keiner Meinung, außer der, dass so was nicht mehr vorkommen darf. Was angesichts des Rennens in Monaco zusätzlich für Spannung sorgen sollte.
Theoretisch sind die Mercedes auf die Pole programmiert, aber das dürfte in Monaco keine leichte Aufgabe werden. Gefragt ist auf der Strecke vor allem mechanischer Grip, und davon hat der Red Bull wohl im Moment am meisten. In Barcelona konnte man gut sehen, wie Verstappen ausgangs der letzten Schikane seinem Verfolger Räikkönen aufgrund einer besseren Beschleunigung immer ein paar Meter abnehmen konnte. Der RB12 bietet also jede Menge Grip, dazu kommt, dass Renault in Sachen Leistung nachgelegt hat und offenbar über viel Drehmoment im unteren Bereich verfügt. So könnte Red Bull für Mercedes zu einem echten Konkurrenten in Monaco werden. Renault bringt angeblich auch schon eine neue Ausbaustufe des Motors mit, allerdings war nicht ganz sicher, ob Red Bull die auch einsetzen wird, da man nur einen Motor pro Team bekommen kann. Erst in Kanada wird es genug Aggregate für alle geben.
Bei Ferrari ist man unzufrieden. Eigentlich hätte man in Spanien gewinnen müssen, so zumindest der eigene Anspruch. Versaut hat man sich den Sieg durch die Setup-Probleme in der Qualifikation und die falsche Entscheidung, Vettel auf drei Stopps zu setzen. Überhaupt ist die Menge an kleinen Fehlern im Team außergewöhnlich hoch. Es scheint, als sei man nicht in der Lage, ein Wochenende fehlerfrei zu gestalten. Und wenn Strategie und Setup mal passen, kommen technische Probleme dazu. Dank des Doppel-Ausfalls der Mercedes ist man weiter im Kampf um die WM dabei, aber Fehler darf man sich nicht mehr erlauben. Für Ferrari spricht, dass sie mit Vettel und Räikkönen immerhin zwei Monaco-Gewinner in den Autos sitzen haben. Sie müssen halt nur vor den Red Bull in der Quali liegen, was keine leichte Angelegenheit werden wird.
Die drei Teams werden das Rennen unter sich ausmachen, dass von hinten eine Überraschung droht, ist eher unwahrscheinlich. Entscheidend wird sein, wie man jeweils mit den Reifen klarkommen wird, denn Pirelli setzt zum ersten Mal in diesem Jahr auch den Ultra-Soft ein. Dazu weiter unten bei der Strategie etwas mehr.
Der Abstand der Top-Teams zum Rest der Welt wird auch in Monaco groß sein. Dass Williams der schnellste Verfolger sein wird, ist nicht in Stein gemeißelt. Zum einen hat der FW38 auf langsameren Kurse weiter seine Probleme, zum anderen drängelt von hinten Toro Rosso, deren Leistungsnachteil in Monaco keine große Rolle spielen wird. Nachteil von Toro Rosso: Im Gegensatz zu den Williams-Piloten fehlt es den Fahrern etwas an Erfahrung und damit kann in Monaco viele Punkte sammeln.
Überhaupt rückt das Mittelfeld in Monaco meist sehr eng zusammen. Force India, McLaren, Renault, Haas, Sauber und Manor dürften im Rennen ein kompaktes Feld ergeben. Das Beispiel von Jules Bianchi aus dem Jahr 2014 zeigt, was möglich sein kann. Einer, dem man durchaus eine Überraschung zutrauen kann, ist Pascal Wehrlein im Manor. Eine gute Startposition vorausgesetzt könnte dem Deutschen durchaus eine Überraschung gelingen. Natürlich haben Fahrer wie Magnussen und Grosjean da ebenfalls ein gewichtiges Wort mitzureden.
Einen Favoriten unter den Mittelfeld-Teams auszumachen, ist extrem schwer. Herausnehmen muss man McLaren, deren aufsteigende Form nicht zu leugnen ist. Im letzten Jahr gelang Button das Kunststück, auf P8 zu fahren, in diesem Jahr könnte das wieder was mit den Punkten werden. Vorausgesetzt, die Quali passt.
Und die ist in Monaco bekanntermaßen fast wichtiger als das Rennen selber.
Strategie:
Pirelli bringt Soft, Super-Soft und die Ultra-Soft nach Monaco. Erstaunlicherweise haben sich fast alle Teams für zehn Sätze der Ultra-Soft entschieden, was bedeutet, dass man die Reifen auch hauptsächlich im Rennen sehen wird. Es schwer einzuschätzen, wie lange die Reifen durchhalten werden, das wird man am Donnerstag testen. Auch ist schwer zu sagen, wie viel Zeit die extrem weichen Reifen bringen werden. Der Asphalt in Monte Carlo geht sanft mit den Reifen um, im letzten Jahr konnte man die Super-Soft lange fahren und es mit einer Ein-Stopp-Strategie versuchen. Das wird mit den Ultra-Soft schwieriger, aber ausgeschlossen ist nicht, dass ein paar Teams mit nur einem Reifenwechsel arbeiten werden. Man könnte auf den Soft starten, die zu 70 Prozen im Rennen nutzen, um dann auf die Ultra-Soft zu gehen.
Überholen ist bekanntermaßen schwierig in Monaco, sodass man auch mit einer vermeintlich langsameren Reifenmischung durchaus seine Position halten kann. Der Trick hier ist, sich dann einfach nach vorne spülen zu lassen und zu hoffen, dass kein Safety-Car die Strategie kaputt macht.
Monaco bietet immer die Möglichkeit, dass kleine Teams nach vorne fahren können. Die Ausfallquote ist meist erstaunlich hoch, meist wegen kleinerer Unfälle, die dann schnell zu einer Safety-Car-Phase führen. Und damit kann man das Feld ordentlich durchmischen. Angesichts der Tatsache, dass in diesem Jahr wegen der Ultra-Soft einige Wagen vermutlich mindestens zweimal an die Box müssen, bieten sich einige Möglichkeiten. Wer zur rechten Zeit eine SC-Phase erwischt, kann aufs Podium gespült werden. Oder weit nach hinten.
Dazu kommt, dass das Wetter am Sonntag, zumindest Stand heute, eine knapp 50-prozentige Chance auf Regen ausweist. Ein kurzer Schauer und schon sind alle Strategien hinfällig. Aber auch ohne Regen wird es für die Strategen das schwierigste Rennen des Jahres. Und für die Zuschauer hoffentlich eines der spannendsten.