Red Bull kämpft um die Ruhe im Team und gegen McLaren. Mercedes sucht den Anschluss und auch sonst tut sich viel in hinter den Kulissen.
Nach einer finanziellen Hängepartie ist der Grosse Preis von Deutschland am Hockenheim für die nächsten Jahre erst einmal gesichert. Die nicht eben anspruchsvolle Strecke wird sich weiterhin mit dem Nürburgring die Formel Eins Rennen teilen und die traditionsreiche Geschichte fortsetzen. Und für Spannung ist dieses Jahr in Deutschland gesorgt, denn Red Bull bekommt einfach keine Ruhe ins Team. Die Vorkommnisse aus Silverstone sind auch nach zwei Wochen nicht völlig vergessen, aber Red Bull macht auch nicht gerade den Eindruck, als wenn man mit aller Macht versuchen würde, etwaige Teamorderentscheidungen gegen Webber in Zukunft ausschließen möchte. Derweil freut sich McLaren und wird in Hockenheim mit einem weiter verbesserten Auto an den Start gehen.
Die Stimmungslage im Red Bull Lager bleibt weiter angespannt. Mark Webber veröffentlichte nach dem Rennen in England eine halbgare Entschuldigung für seine „Was so ein Nummer Zwei Fahrer alles kann“ Bemerkung, gleichzeitig ließ Christian Horner durchblicken, dass es vielleicht auch nicht so eine gute Idee gewesen sein, Webber vor dem Flügelwechsel nicht zu informieren. Dr. Helmut Marko, heimlicher Teamchef, legte wiederum gegen Webber nach, in dem er dem Australier zu verstehen gab, er möge sich doch bitte mal erinnern, wo er vor ein paar Jahren rumgefahren sei und was er Red Bull alles zu verdanken habe. Derweil soll Dietrich Mateschitz wohl gesagt haben, dass er sich keinerlei Einmischung des Teams bei den Fahrern wünschen würde. Mit anderen Worten: bei Red Bull kracht es arg im Gebälk. Joe Saward ging die Woche sogar so weit, dass er behauptete, es gäbe einen Bruch zwischen der Fabrik in Milton Keynes und Red Bull in Österreich. Nun ja, kommt der Erfolg, kommen auch viele Menschen, die noch mehr Gerüchte streuen. Aber die Stimmung im Team erinnert doch mehr und mehr an das Desaster von McLaren im Jahr 2007.
Zum Grand Prix wird man sich vermutlich wieder zusammenreissen und an die Arbeit denken. Das ist auch bitter nötig, denn trotz der Überlegenheit der Red Bull, führt McLaren mit beiden Fahrern und in der Konstrukteurs-WM. Nachdem das britische Team in Silverstone wegen Abstimmungsproblemen schlecht sortiert war, sollte es in Deutschland wieder besser funktionieren. Man bringt den „blown diffusor“ mit, also jenes Heck, in dem die Auspuffrohre genau den Doppeldiffusor anblasen, damit der noch mehr Abtrieb erzeugt. Das allein wird aber nicht reichen, um Red Bull in der Quali schlagen zu können, denn da muss McLaren noch sehen, wie man die Reifen besser auf Temperatur bekommt.
Ferrari ist weiter die große Unbekannte unter den Top 4. In Silverstone hatte ich deutlich mehr erwartet, vor allem was die Möglichkeit der Italiener angeht, nach vorne Druck zu machen. Sicher – durch den Plattfuss von Massa und die Strafe von Alonso sah man eh nicht gut aus, aber auch im Rennen wie in der Quali hat mich die B-Variante des F60 nicht überzeugt. Man hat einen Schritt gemacht, aber man verharrt auf Platz drei.
Mercedes hat die großen Worte wie „WM“ schon etwas länger weggepackt und man konzentriert sich darauf, den Schaden zu begrenzen. Und darauf, Schumacher endlich mal aufs Podium zu bekommen. In Hockenheim wird es weitere Updates geben, aber man sollte nicht allzu viel erwarten. Ich bin sehr skeptisch, was den Speed der MGP beim deutschen GP angeht. Und auch, was Schumacher betrifft. Aber immerhin konnte man in den letzten Rennen sehen, dass der Rennspeed schon da ist, um aufs Podium zu fahren. Jetzt muss halt bei beiden Fahrern mal eine gute Quali her.
Dahinter wird es wie gewohnt sehr eng. Force India, Williams und Renault sind mehr oder weniger auf einem Niveau, dazu kommt Toro Rosso, wenn sie mal einen guten Tag haben. Sauber ist auch immer so eine Wundertüte, bei der man nie weiß, was bei welchem Grand Prix dann wieder raus kommt.
Erschwert wird eine Prognose für das Rennen dann gleich durch zwei Dinge. Da wären zunächst einmal die Reifen, denn Bridgestone hat die Mischungen für den glatten Asphalt am Hockenheimring sehr weit gespreizt. Man wird „Super Soft“ und die „Hard“ mit an den Kurs bringen, und probiert damit wieder etwas aus, was man in Kanada gemacht hat. Da führten die unterschiedlichen Reifen ja zu einigen interessanten Varianten bei der Boxenstrategie. Als zweiter Punkt kommt das Wetter hinzu. Es wird nicht so heiß, wie alle befürchtet hatten, dafür kann es aber den ein oder anderen Regenschauer geben, was das Rennen interessant machen könnte.
Und jetzt zu den Nebenschauplätzen
– Karun Chandok wird zwar in Deutschland sein, seinen Wagen wird aber wohl Yamamoto steuern. Bei HRT ist man auf das Geld des Japaners angewiesen. Gleichzeitig verdichten sich die Gerüchte, dass HRT bei Toyota andocken wird. In Köln hat man, immerhin eine weise Entscheidung, immer noch die komplette F1 Fabrik und kann ein Chassis bauen. Offenbar soll die Entwicklungsabteilung um Geoff Willis nach Köln ziehen und dort mit den Toyota Ingenieuren zusammen zu arbeiten. Die Japaner sind dabei aber nur Dienstleister und treten nicht mit ihrer Marke auf. Zumindest scheint HRT damit auch die Saison 2011 abgesichert zu haben.
– Fairuz Fauzy wird bei Lotus im ersten freien Training am Freitag unterwegs sein. Ist noch nicht klar, ob Trulli oder Kovalainen dafür pausieren müssen.
– Bei Renault wägt man die Optionen ab, wen man ins zweite Cockpit neben Kubica setzen möchte. Petrov, der kein schlechter ist, hat definitiv noch Chancen, muss sich aber steigern. Offensichtlich hat man ihm eine Gnadenfrist bis zum Herbst gegeben, in der er vor allem Punkte sammeln soll. Zwar bringt Petrov nicht wenig Sponsoren mit, aber dem Team bringt das Geld nicht so viel, wenn man gleichzeitig in der WM schlecht da steht und weniger TV-Gelder bekommt, die ja nach der Position in der WM aufgeteilt werden. Also werden sich Sutil und Glock noch etwas gedulden müssen. Das Räikkönen kommt, ist dadurch auch sehr unwahrscheinlich.
– Jacques Villeneuve bastelt wohl an einem Comeback. Die Woche hat er bestätigt, dass er zusammen mit Durango und einigen Sponsoren an einem eigenen Formel Eins Team arbeitet. Man hat jedenfalls bei der FIA eine Bewerbung eingereicht und kämpft damit gegen StefanGP und Euskadi um den 13. Startplatz. Durango ist kein Unbekannter, die Italiener sind seit den 80er Jahren im Motorsport unterwegs. Erst in der italienischen F3, später kamen zwei Auftritte in Le Mans und diverse andere Formelserien dazu. Seit dem Start der GP2 ist man, nicht sonderlich erfolgreich, dort unterwegs, gleichzeitig hat man einen Wagen in der AutoGP am Start. Für Durango wäre es schon ein sehr großer Sprung, ähnlich wie letztes Jahr für Manor Grand Prix, die aber mit Virgin einen potenten Hauptsponsor haben und mit Wirth Research einen erfahrenen Konstrukteur. Es gibt Gerüchte, dass hinter allem auch Flavio Briatore steckt, der zu dem neulich bei Ferrari gesehen wurde, aber was für eine Rolle Villeneuve dabei spielt bleibt auch unklar, zu mal er gerade versucht, seine NASCAR Karriere wieder anzukurbeln.
Insgesamt gesehen sind alle drei Bewerbungen nicht sonderlich stark. StefanGP war schon im letzten Winter eher eine Luftnummer, wie sie jetzt, ohne Fabrik, ohne Sponsoren, ein F1 Team aufbauen wollen, ist unklar. Um Epsilon Euskadi ranken sich seit Wochen Gerüchte, dass die Spanier ihre Bewerbung schon zurück ziehen wollten oder es noch wollen. Obwohl man eigentlich alles hat, um ein F1 Team auf die Beine zu stellen, fehlt es angeblich an sicheren Sponsoren für die Saison 2011. Sollte hinter Durango tatsächlich Briatore stecken, wird die Frage sein, wie viel Feinde er noch bei der FIA hat.
Ich bin am Wochenende, auf Einladung von Braun (Rasierer) und Porsche (Autos), am Hockenkeimring und werde per Twitter Updates schicken (so es denn ein vernünftiges Netz gibt). Die Berichterstattung im Blog übernimmt am Wochenende Kollege Chaos, ich werde nächste Woche einen größeren Bericht nachlegen.
5 Kommentare
Einladung zur Formel Eins. Wieso passiert mir sowas nie? :P
Egal, viel Spass und schiess viele Fotos.
Von einer Rennstrecke mit ganz eigenem Charakter zum uninteressanten Retortenkurs. Kaum ein Umbau war jemals so falsch wie wieder.
@nona: Danke, kam auch sehr überraschend. Aber Fotos gibt es sicher ne Menge.
@ich: Ja, der Umbau ist schrecklich, aber die alte Strecke war nicht zu halten. Zu eng, zu schnell. Aber es wäre besser gewesen, wenn man zumindest die Strecke bis zur ersten Schikane gehalten hätte. Mit dem, was jetzt ist, werden alle noch lange leben müssen.
Darf ich fragen, was Du mit Braun zu tun hast?
bye & have fun!!
Naja, zu eng und zu schnell. Für wen? Für die sichersten F1-Autos aller Zeiten, die auch deutlich langsamer und schnmaler sind als vor wenigen Jahren? Die alte Strecke war sooo schön. :-(
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