Der Sydney SuperSprint ist die letzte Runde vor dem wichtigen Enduro Cup und damit die Generalprobe für die entscheidende Phase der Meisterschaft. In dieser ist es nicht ganz so spannend wie noch vor ein paar Wochen, doch 129 Zähler Vorsprung auf Jamie Whincup bedeuten keinesfalls, dass Scott McLaughlin sich bereits zurücklehnen kann.
Whincup hatte zuletzt beim Ipswich SuperSprint auf dem Queensland Raceway zwar kein gutes Wochenende, doch war dort auch eine Menge Pech dabei. Im Qualifying zum ersten Rennen kollidierte er beim Herausfahren aus der Box mit James Moffat, was ihm eine Grid Penalty einbrachte. Das Rennen startete er somit nur von Rang 14. Doch damit nicht genug, denn ein Problem mit dem Druckschlauch des Wagenhebers kostete ihn bei seinem Pitstop zehn Sekunden. Mehr als P20 war somit nicht drin. Es hätte sogar noch schlimmer laufen können, denn durch den defekten Druckschlauch stand Whincups Wagen beim Auftanken kurzzeitig mit allen vier Rädern auf dem Boden, was laut dem Regelwerk verboten ist. Die Rennleitung sah allerdings von einer Strafe ab, und Whincup war somit aus dem Schneider. Im zweiten Rennen konnte er dann immerhin einen vierten Platz herausfahren und somit noch einigermaßen Schadensbegrenzung betreiben.
Was in Normalform für ihn möglich ist, zeigte Whincup drei Wochen zuvor in Townsville. Dort gelang ihm nicht nur ein zweiter Platz, sondern er konnte endlich auch seinen ersten Saisonsieg einfahren. An diese Resultate will er natürlich auch am kommenden Wochenende im Sydney Motorsport Park anknüpfen, ehe es Mitte September dann in Sandown mit dem Enduro-Cup-Auftakt richtig ernst wird.
Für den Tabellenführer Scott McLaughlin (1896 Punkte) hätten die letzten Wochen dagegen nicht besser laufen können. Seit Hidden Valley gewann er drei der letzten sechs Rennen, wurde zudem dreimal Zweiter und stand bei den letzten fünf Läufen durchgehend auf der Pole Position. Für ihn gilt es einfach, diese Form beizubehalten. Fährt er diese Resultate auch in Sydney ein, hat er sich für den Enduro Cup ein beruhigendes Polster aufgebaut. Sollte er in Sandown und Bathurst ebenfalls gute Resultate einfahren können, wird ihm der Titel kaum noch zu nehmen sein.
.@smclaughlin93’s getting well acquainted with @virginaustralia Victory Lane 👏
Race 15 winner in Ipswich 🏆🏁 #VASC pic.twitter.com/bIWVPiW0ky
— Supercars (@supercars) 29. Juli 2017
Dass es aber auch schnell anders laufen kann, musste sein Teamkollege bei DJR-Penske Fabian Coulthard erleben. Lange führte er die Gesamtwertung an, verlor aber nach einem miserablen Wochenende in Townsville (P10 und P21) den Platz an der Spitze an McLaughlin. Nachdem es auch in Ipswich „nur“ zu einem fünften und einem sechsten Platz reichte, ist er mit 1663 Punkten mittlerweile Gesamtdritter und hat 233 Zähler Rückstand auf McLaughlin und 104 auf Whincup. Läuft es in Sydney besser für ihn, würde das auch wieder mehr Spannung in der Meisterschaft bedeuten.
Für den amtierenden Champion Shane van Gisbergen hingegen könnte Sydney bereits die letzte Chance sein, um die Titelverteidigung doch noch zu schaffen, denn sein Rückstand auf McLaughlin beträgt immerhin schon 261 Zähler. Mut machen zuletzt drei dritte Plätze in Folge, und drei Laufsiege hat er immerhin auch auf seinem Konto. Im vergangenen Jahr konnte er in Sydney zudem ein Rennen gewinnen und einen fünften Platz holen. Gegen eine Wiederholung dieser Resultate hätte der Neuseeländer sicher nicht viel einzuwenden.
Chaz Mostert muss sich da schon mehr strecken, am besten wären Ergebnisse wie auf dem Queensland Raceway. Dort hatte er mit einem Sieg und einem zweiten Platz ein brillantes Wochenende. Wenn er diese Form beibehalten kann, wird auch er vielleicht noch einmal in den Titelkampf eingreifen können.
Für den Rest, wie zum Beispiel Mark Winterbottom und Craig Lowndes, gibt es zwar noch theoretische Chancen, bei über 500 Zählern Rückstand auf die Spitze aber eben nur die.
Was war sonst noch?
David Reynolds, die Überraschung der ersten Saisonhälfte, dümpelte in Townsville und Ipswich immer zwischen P9 und P11 herum. Allerdings machten ihm und Erebus zuletzt auch ein paar kleinere Elektronikprobleme bessere Ergebnisse zunichte. Bekommt man die in den Griff, sollte es auch wieder öfter Richtung Top 5 gehen, denn die Pace stimmte bisher meistens.
Tim Slade hatte in Ipswich mit den Plätzen vier und sieben ein recht gutes Wochenende. Er scheint rechtzeitig vor dem Enduro Cup wieder in Form zu kommen, was sicherlich auch Teamchef Brad Jones freuen wird. Im letzten Jahr schrammten er und sein Co-Driver Ash Walsh nur äußerst knapp an Siegen in Sandown und Bathurst vorbei. Wenn sie sich für dieses Jahr wieder in eine ähnliche Position bringen können, wäre das sensationell.
Zu verdanken hat Slade das übrigens auch seiner Boxencrew, die in der Pitstop Challenge führt. In drei der bisherigen vier SuperSprint-Events war seine Crew die schnellste. (Grundlage dieser Wertung ist der reguläre Pitstop beim Samstagsrennen der SuperSprints. Das schnellste Auto bekommt dabei 26 Zähler, das zweite 25, bis zum langsamsten, das schließlich einen Punkt erhält. Die ersten vier der Challenge treten vor dem Bathurst 1000 in einer Knock-Out-Runde gegeneinander an. Momentan wären das die Crews von Slade, Coulthard, Caruso und Winterbottom. Der Gewinner erhält umgerechnet rund 16.690 €.)
Not a bad w/e for us @ QR with 4th & 7th, pretty bummed to give away a podium on Sat though…! 🤦🏻♂️
Our boys had fastest stop again too 👊🏼 pic.twitter.com/DUOY0Sf8eA— Tim Slade (@_TimSlade_) 1. August 2017
Bei Nissan hatte ich nach dem recht guten Pre-Season-Test noch leichten Optimismus, was das Jahr 2017 angeht, jedoch scheint man immer noch auf der Stelle zu treten. Hin und wieder sind für Rick und Todd Kelly sowie Michael Caruso Top-10-Ergebnisse drin, aber zu mehr scheint es nicht zu reichen. Simona de Silvestro konnte hin und wieder mal aufhorchen lassen, hat aber insgesamt gesehen eine wie erwartet schwierige Saison. Für einen Tourenwagen-Rookie gibt es aber sicherlich einfachere Einstiegsmöglichkeiten, von daher schlägt sie sich meiner Meinung nach ganz ordentlich.
Nissan hat zudem einen Testtag verloren, nachdem man bei einem Evaluation Day für Super2-Fahrer Bryce Fullwood auch Jack Le Brocq in Rick Kellys Auto fahren ließ. Le Brocq hätte als Enduro-Cup-Fahrer für Nissan aber nicht an einem Evaluation Day teilnehmen dürfen und hätte sogar eine Sperre befürchten müssen. Nissan konnte es nachträglich aber als regulären Testtag einstufen. Le Brocq wird somit nicht gesperrt, dem Team bleibt aber somit nur noch ein Testtag für den Rest der Saison.
Auch HSV Racing hat kein gutes Jahr, ein dritter Platz von James Courtney war das einzige Highlight bislang. Die fehlende Werksunterstützung fällt dann doch schwerer ins Gewicht, als man es anfangs vielleicht vermutet hatte.
Beim Sorgenkind Lucas Dumbrell Motorsport scheint nun endlich sowas wie Konstanz reinzukommen, was die Besetzung der #3 angeht. Den Platz neben Rookie Alex Rullo nahmen bisher Taz Douglas, Matt Brabham, Cameron McConville, Aaren Russell und Alex Davison ein. Während Russell auch in Bathurst und Newcastle für LDM fahren wird, wird Davison aller Voraussicht nach die Rennen in Sydney und im Enduro Cup bestreiten. In welcher Funktion ist allerdings noch unklar.
Ich glaube zudem, dass in der nächsten Saison eine der beiden RECs des Teams zurückgegeben, beziehungsweise an ein Team aus der Super2 verkauft wird. Kandidaten dafür wären MW Motorsport und Matt Stone Racing (MSR). Ich kann mir leider beim besten Willen nicht vorstellen, wie LDM weiter zwei Wagen einsetzen will und fürchte sogar, dass dies die letzte Saison des kleinen Teams aus Melbourne ist.
Wildcard-Fazit
Zu guter Letzt wären da noch die Wildcard-Einsätze. Die Supercars bieten ab diesem Jahr den Super2-Teams die Möglichkeiten bei bis zu zwei SuperSprint-Wochenenden an den Rennen Australiens höchster Tourenwagenserie teilzunehmen. Zur Wahl standen dabei die Runden in Winton, Hidden Valley, Ipswich und Perth, wobei sich aber kein Team für die weite Reise nach Perth entschied. Die Teams, die schließlich Wildcards einsetzten waren Garry Rogers Motorsport (GRM) und Brad Jones Racing (BJR), die neben ihrem Supercars-Team auch je ein Super2-Team stellen, sowie MW Motorsport und MSR.
James Golding fuhr zwei Wildcard-Einsätze für GRM in Winton und Ipswich, die für ihn persönlich extrem wichtig waren. Sein Vollzeit-Cockpit bei GRM für diese Saison galt bereits als sicher, doch das Team holte sich Garth Tander zurück, der bei Walkinshaw nicht mehr gebraucht wurde. In der Super2 waren außerdem bereits Richard Muscat und Mason Barbera gesetzt, sodass für Golding nur die Rolle als Tanders Co-Driver bei den Enduros, sowie die Wildcard-Einsätze blieben. Und dabei schlug er sich äußerst gut, wie ich finde. Als bestes Ergebnis schaffte er einen 16. Platz in Winton und holte insgesamt 162 Punkte in vier Rennen – das beste Ergebnis aller Wildcard-Fahrer.
James Golding getting set for qualifying #VASC pic.twitter.com/XstHr34MAY
— Wilson Security GRM (@GRMotorsport) 29. Juli 2017
Shae Davies von MW Motorsport absolvierte wie Golding ebenfalls Einsätze in Winton und Ipswich. Auch er überzeugte, erzielte in seinen vier Rennen 153 Punkte und verzeichnete als beste Platzierung P18 in Winton. Sollte MW sich tatsächlich entscheiden aufzusteigen, hätte Davies schon mal eine gute Bewerbung abgegeben.
Macauley Jones, Sohn von Brad Jones, fuhr bereits 2015 und 2016 als Co-Driver von Dale Wood bzw. Tim Blanchard Enduro-Cup-Einsätze im Team seines Vaters. Die Wildcard-Runden in Winton und Hidden Valley brachte er ohne große Aufregung hinter sich. P20 in Winton als bestes Ergebnis, sowie 147 Zähler sind eine respektable Leistung, auch wenn er dabei eher selten auffiel. Aber das muss ja nichts Schlechtes sein, denn immerhin brachte er das Auto in allen Rennen unbeschädigt ins Ziel. Im Enduro Cup wird er in diesem Jahr neben Nick Percat fahren.
Ein weiterer heißer Kandidat für ein Vollzeit-Cockpit bei den Supercars ist Jack Le Brocq. 2012 gewann er die australische Formel Ford, wurde 2015 Dritter und 2016 Zweiter in der Super2 Series. In den letzten beiden Jahren war er zudem jeweils Co-Driver bei Erebus und Prodrive, wobei 2016 ein vierter Platz beim Bathurst 1000 heraussprang. Seine Wildcard-Einsätze hatte er in Hidden Valley und Ipswich, wobei er zwei 19. Plätze holte, in Ipswich aber auch einmal ausfiel (Kollision mit Caruso). Mit 135 Punkten belegt er zwar nur den vierten Platz der imaginären Wildcard-Wertung, doch ohne den Ausfall hätte er vermutlich genug Punkte gesammelt, um diese für sich zu entscheiden. Ihn sehen wir als Co-Driver von Todd Kelly im Enduro Cup wieder.
Todd Hazelwood, zurzeit Tabellenführer in der Super2, ist der letzte der Wildcard-Fahrer. MSR entschied sich nur die beiden Rennen in Ipswich zu fahren, und dort konnte der 21-jährige aus Adelaide mit P22 und P18 sein Talent unter Beweis stellen. Auch ihn sehen wir im Enduro Cup wieder, dort als Co-Driver von Tim Blanchard. Im nächsten Jahr könnte Hazelwood sogar eine komplette Supercars-Saison bestreiten, so könnte man zum Beispiel die zweite REC von Lucas Dumbrell erwerben.
Finished P18 today. Lots of race battles and awesome race pace. So proud of my team, an amazing weekend! #THR #VASC #dreambig pic.twitter.com/xE1iXZWNc4
— Todd Hazelwood (@Todd_Hazelwood) 30. Juli 2017
Hazelwoods Laufbahn ist übrigens alles andere als glatt verlaufen. 2014 stieg ein wichtiger Sponsor aus, sodass seine Motorsport-Karriere kurz vor dem Aus stand. Zusammen mit seiner Mutter hielt er daraufhin sogenannte „Sausage Sizzles“ ab. So werden in Australien und Neuseeland Fundraiser genannt, bei dem Würstchen gegrillt und verkauft werden. Mit dem Erlös werden dann zum Beispiel gemeinnützige Projekte finanziert oder die Einnahmen kommen Schulen und Sportvereinen zugute. 2014 richteten die Hazelwoods 64 dieser „Sausage Sizzles“ aus, was sogar zu einem Sponsorenvertrag mit einem Wurstfabrikanten führte, der sie nicht nur mit seinen Produkten versorgte, sondern auch finanziell unterstützte. 2016 organisierte man noch einmal 120(!) weitere Fundraiser-Grillfeste, um auch in diesem Jahr Rennen fahren zu können. Zudem kann man ihn auf seiner Homepage unterstützen. Als Belohnung gibt es nicht nur Preise (Hot Laps, Merchandise, Tickets) zu gewinnen, sondern der Name des Wohltäters wird je nach Beitrag für bis zu acht Rennen auf das Auto geklebt.
Sydney SuperSprint – Zahlen und Fakten
Strecke: Sydney Motorsport Park (früher Eastern Creek International Raceway)
Länge: 3,905 km
Av. Speed: 154 km/h
Top Speed: 265 km/h
Lap Record: 1:30.9123 (Garth Tander, 2012)
Pole-Zeiten 2016: R1: Chaz Mostert 1:28.8272 – R2: Chaz Mostert 1:29.4413
Sieger 2016: R1: Shane van Gisbergen – R2: Jamie Whincup
Reifen: Soft / Supersoft
Zeitplan
Samstag:
05:35 Uhr – Qualifying 1 – 20 min.
08:25 Uhr – Rennen 1 – 31 Runden (120km)
Sonntag:
03:00 Uhr – Qualifying 2 – 20 min.
06:00 Uhr – Rennen 2 – 52 Runden (200km)
(Zeiten in MESZ und ohne Gewähr.)