Home TourenwagenDTM Bestzeit aus dem Ärmel geschüttelt – Super GT beeindruckt beim DTM-Finale

Bestzeit aus dem Ärmel geschüttelt – Super GT beeindruckt beim DTM-Finale

von geinou
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An diesem Wochenende war es endlich soweit: Erstmals seit Beginn der technischen Kollaboration zwischen Deutschland und Japan gab eine Delegation der Super GT ihr Stelldichein mit Test- sowie Demorunden beim DTM-Finale in Hockenheim. Auf Tuchfühlung mit den GT500-Boliden von Lexus und Nissan.

„Ich hätte noch locker schneller können“, grinste Heikki Kovalainen nach den 30-minütigen Testfahrten am Freitag am Hockenheimring. Erstmals bewegten sich mit dem Lexus LC500 sowie dem Nissan NISMO GT-R zwei GT500-Boliden aus der japanischen Super GT auf deutschen Boden. Seit 2009 befindet sich die japanische Sportwagenmeisterschaft in Gesprächen mit dem Deutschen Tourenwagen Masters, seit 2014 greift ein Kollaborationsvertrag zwischen den beiden Serien. Dass Toyotas Edelmarke sowie der Traditionshersteller aus Yokohama überhaupt im Rahmen der DTM auftauchten, galt allerdings nicht als Selbstverständlichkeit.

In den letzten Jahren schienen die Gespräche um das sogenannte Class 1-Reglement eingeschlafen zu sein. Aus dem Fahrerlager hörte man die Spatzen pfeifen, dass die Japaner die Zusammenarbeit weiter pushen wollten, seitens der deutschen Hersteller, insbesondere von Mercedes, jedoch Zurückhaltung herrschte. Seit der Ausstiegsbestätigung der Stuttgarter kam jedoch die Wende: Man näherte sich weiter an – und das Ergebnis präsentierte sich an diesem Wochenende am Hockenheimring.

 

Noch vor dem ersten Freien Training der DTM spulten Heikki Kovalainen (Lexux) sowie Ronnie Quintarelli (Nissan) mehrere Runden auf der 4,574 langen Strecke ab. Als langjähriger Anhänger sowie Reporter der Super GT war dies für meine Wenigkeit natürlich ein wahr gewordener Traum. Nippon ist schließlich weit entfernt und das eigene Budget knapp begrenzt. Das Ergebnis entsprach der Vorstellungen: Mit einem knackigen Sound düste das finnisch-italienische Gespann durch das Motodrom. Besonders auffallend war nicht nur das Zischen des rund 620 PS starken, 2,0l 4-Zylinder Turbomotors, der ab 2019 auch in der DTM zum Einsatz kommen soll, sondern vor allem auch das „Knattern“, welches fast schon an Pistolenschüsse erinnert. Aus den japanischen Fernsehübertragungen bekannt, klingt das Ganze in Natura noch mal deutlich beeindruckender. Und spätestens als beim Herunterschalten knapp 60 cm lange Flammen aus dem Auspuff des Motul Autech GT-R herausspuckten, war klar, dass es sich beim Nissan und Lexus um wahre GT500-Biester handelt.

Die Muskeln ließen die beiden Renner aus Japan aber nicht nur auf der optischen wie auch akustischen Ebene spielen, sondern auch auf dem Asphalt. Per Hand stoppte ich Heikki Kovalainen mit einer 1:29.9. Wenig später bestätigte er, dass er gar eine 1.29.8 in den Asphalt brannte. Damit war Toyotas Edelmarke nicht nur schneller als die anschließende Bestzeit von Mike Rockenfeller im ersten Freien DTM-Training (1:31.760), sondern auch als die Pole-Position-Zeit von Timo Glock (1:30.648) für das Samstagsrennen. Der Unterschied ist allerdings nicht sonderlich überraschend, trotz dass zumindest der GT500-Lexus rund 20% weniger Downforce im Vergleich zu seinem Vorgängermodell RC F aus dem Vorjahr besitzt. Grund hierfür ist eine Reglement-Änderung, welches die Kurvengeschwindigkeit der Super-GT-Autos beschneiden soll, währen die Höchstgeschwindigkeit, die laut Heikki Kovalainen rund 3 km/h schneller als jene der DTM-Autos ausfiel, sich erhöhte.

Ausgeglichen wird dieser Umstand jedoch durch die aggressive Aerodynamik sowie den Reifen. Selbstredend reisten Lexus und Nissan-NISMO mit ihren Bridgestone- respektive Michelin-Pneus nach Deutschland. In der japanischen GT-Meisterschaft herrscht ein gesunder Reifenkrieg, welcher einen großen Einfluss auf den Grip wie auch die Geschwindigkeit der Autos hat. Beim Lexus LC500 handelt es um den diesjährigen Testwagen der Marke, mit dem man über den Winter den Grundstein für den dominanten Erfolg in der ersten Saisonhälfte legte. Nissan reiste dagegen mit dem letztjährigen GT500-Godzilla an, mit dem die beiden NISMO-Werkspiloten Ronnie Quintarelli und Tsugio Matsuda zwei Saisonsiege einfuhren und versuchten, ihren Titelgewinn aus dem Vorjahr zu verteidigen.

Dabei wäre es sogar noch schneller gegangen. In einem anschließenden Gespräch bestätigte Ronnie Quintarelli mir gegenüber, dass er nicht mit voller Power fuhr. Für den Super-GT-Rekordchampion mit 4 GT500-Titeln waren es die ersten Runden auf dem Hockenheimring. Auch Heikki Kovalainen erklärte, dass er die wohl schnellste Rundenzeit des Wochenendes quasi aus dem Ärmel schüttelte. Wäre er aggressiver gefahren, wäre vermutlich eine 1:28 drinnen gewesen, sagte er. Am Ende wollte der der amtierende GT500-Meister, dessen Titelverteidigungshoffnungen im Regen Thailands vergangene Woche untergingen, gar weichere Reifen aufziehen. Damit wäre es noch mal eine Ecke schneller gegangen.

Einziger Wermutstropfen war der Streckenkommentar, der eine merkwürdige „Erst seit der DTM-Kollaboration bauen die Japaner beeindruckende Autos“-Narrative an den Tag legte. Den Fans war das egal. Sie applaudierten der gelungenen Super-GT-Vorstellung, die ihre Muskeln spielen ließen und mit ihrem knackigen Sound ein Echo durch den Wald von Hockenheim schickten. Das lockte selbst die DTM-Fahrer wie Mike Rockenfeller an, die sich das Spektakel von der Boxengasse aus ansahen. Am Ende des Tages blieb somit nur eine Frage: Sieht so die Zukunft der DTM aus?

Copyright Photos: Eigens Archiv, DTM

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