Home Motorsport Formel Eins: Analyse GP von Ungarn 2018 – Regen und Reifen

Formel Eins: Analyse GP von Ungarn 2018 – Regen und Reifen

von DonDahlmann
2 Kommentare

Ein Gewitter und eine schlechte Entscheidung von Ferrari – Mercedes konnte in Ungarn den vielleicht wichtigsten Sieg des Jahres feiern.

Dass Mercedes in Ungarn den ersten Platz erobern konnte, war für alle eine etwas größere Überraschung. Denn bei einem normalen Rennverlauf hatte man Red Bull und Ferrari vorne gesehen. Doch Mercedes hatte mal wieder Glück und vermutlich auch die bessere Technik. Denn entscheidend war in Ungarn, wie so oft, die Qualifikation. Und da hatte Mercedes die besseren Karten in der Hand.

Die massiv verregnete Quali am Samstag drehte die Reihenfolge der Top Drei sprichwörtlich auf den Kopf. In den trocken Phasen war es Ferrari, die den Ton angaben. Man war etwas schneller als die Red Bull und deutlich schneller als die Mercedes. Doch im total verregneten dritten Teil der Quali änderte sich das Bild komplett. Plötzlich gaben die Mercedes den Ton an. Weder Vettel noch Räikkönen und schon gar nicht Verstappen kamen auch nur in die Nähe der Rundenzeiten, die Hamilton und Bottas fahren konnten. Das war dann schon erstaunlich die Frage nach dem „Warum“ stellt sich da natürlich.

Aus den Daten lässt sich leider wenig rauslesen. Meine Vermutung war zunächst, dass Mercedes schlicht mit mehr Flügel unterwegs war, aber das lässt sich nicht bestätigen. Im Gegenteil – Hamilton und Bottas waren in der Quali auf der Geraden (gemessen im trockenen Q1) schneller, als im Rennen (317 km/h zu 312 km/h). Dazu kommt auch, dass der Red Bull eigentlich im Regen das Auto hätte sein müssen, dass es zu schlagen galt. Bekanntermaßen hat der RB14 wohl den besten mechanischen Grip, den man im Regen gut gebrauchen kann.

Des Rätsels Lösung dürfte wohl im Motor Mapping liegen. Die Fahrbarkeit des Motors, also wie die Leistung in welcher Situation freigegeben wird, ist im Regen besonders entscheidend. Da zählt dann eben nicht, wie viel PS man insgesamt hat, sondern wie Leistung und Drehmoment auf die Strecke gebracht werden. Und hier hat Mercedes offenbar eine bessere Lösung gefunden, als die Konkurrenz.

Nach der Quali war klar, dass Ferrari in der Klemme stecken würde. Man musste unbedingt an den Mercedes vorbei, aber wie sollte das gelingen? Zum einen gab es die Möglichkeit am Start, zum anderen über den Long Run. Ferrari setzte die Piloten auf unterschiedliche Strategien (Vettel Soft, Räikkönen Ultrasoft), was natürlich richtig war. Überraschenderweise nahm Mercedes zum Start aber nicht die Soft, sondern die Ultrasoft. Der Grund hier für: man hatte Angst, dass die Ferrari mit ihren notorisch guten Starts die Führung übernehmen würde. Doch das gelang nicht, weil Hamilton und Bottas vorne vorbildlich alles dicht machten.

Die Frage war nun, wie man Vettel an Bottas vorbei bringen konnte. Dazu nutzte man Räikkönen, der schon in Runde 14 an die Box kam und auf die Soft wechselte. Ferrari entschied sich zu einer Zwei-Stopp-Strategie, weil die auf dem Papier schneller war und man so Mercedes unter Druck setzten konnte. Die reagierten auf prompt eine Runde später. Was überraschend war – denn Bottas fuhr zu diesem Zeitpunkt die gleichen Rundenzeiten wie Vettel und hielt dieses auf Distanz. Es gab keinen Grund den Finnen an die Box zu holen, so lange das Delta zwischen Bottas und Räikkönen für einen Stopp stabil blieb.

Der Stopp von Bottas löste dann die erste entscheidende Phase im Rennen aus. Es war klar, dass Vettel länger fahren würde um mit einer Ein-Stopp-Strategie durchs Rennen zu kommen. Dafür musste der die Soft aber bis Runde 40 schleppen. In Runde 15 betrug der Rückstand von Vettel 8,662 Sekunden und Hamilton machte keine Anstalten an die Box zu kommen. Im Gegenteil – er matchte die Rundenzeiten von Vettel. Zwischen Runde 15 und Runde 25, als der Brite and die Box kam, gelang es Vettel nicht den Abstand maßgeblich zu reduzieren. In Runde 24 lag er immer noch 6,706 Sekunden hinter dem Mercedes.

Danach zog Vettel das Tempo an. Das war aus zwei Gründen nötig. Zum einen musste er das Stopp-Delta von rund 21 Sekunden gegenüber Bottas erreichen, zum anderen sollte er nach dem Stopp auf Ultrasoft so nah wie möglich an Hamilton sein. Das gelang zunächst auch. In Runde 35 betrug sein Vorsprung auf Hamilton 12 Sekunden, auf Bottas waren es 24 Sekunden. Es wäre der ideale Zeitpunkt für einen Stopp gewesen, doch Ferrari zögerte. Man hatte Bedenken, dass die Ultrasoft bei Streckentemperaturen von rund 50 Gad nicht 35 Runden würden durchhalten können. Man ließ Vettel bis Runde 39 draussen, dabei kam er aber in Überrundungsverkehr und verlor den Vorsprung auf Bottas. Eine kurz klemmende Radmutter kostete Vettel dann weitere zwei Sekunden und er landete hinter Bottas.

Hätte Ferrari da anders reagieren müssen? Die Frage kann auch lauten: Was hatte Ferrari zu verlieren außer die drei Punkte Unterschied zwischen P2 und P3? Meiner Meinung nach wäre es sinnvoller gewesen, Vettel entweder früher reinzuholen (Runde 35) und den finalen Angriff auf Hamilton auf die letzten zehn Runden zu verlegen. Eine andere Variante wäre gewesen, dass man Vettel auf eine Zwei-Stopp-Strategie gesetzt hätte. Genug Reifen für zwei schnelle Stints auf den Ultrasoft hatte man ja. Wie gut die Zwei-Stopp-Strategie funktionierte, zeigte sich bei Räikkönen, der trotz eines Stopps mehr am Ende direkt hinter Vettel lag. Eventuell hätte man so Mercedes und Hamilton nervös machen können. Im schlimmsten Fall hätte Vettel mit frischen Ultrasoft hinter Bottas gehangen. Ob Vettel dann aber auch an Hamilton vorbei gekommen wäre, ist wieder eine andere Frage.

Das Rennen dahinter:
Das erstaunlichste Rennen des Wochenendes fuhr Pierre Gasly im Toro Rosso. Von P6 gestartet, was an sich schon eine kleine Sensation war, fuhr er ein fehlerloses Rennen. Auffällig war vor allem, dass er die Ultrasoft bis Runde 32 durchschleppen konnte, ohne von hinten unter Druck zu geraten. Die meiste Zeit des Rennens lag Kevin Magnussen hinter ihm, der ihm aber nie gefährlich werden konnten. Er musste sich nur dem von hinten nahenden Daniel Ricciardo beugen. Der Honda-Motor lief fehlerlos, allerdings muss man auch erwähnen, dass Ungarn für Honda immer eine gute Strecke war. Wie gut der Toro Rosso ging sah man auch an Hartley. Der wurde im gesamten Rennen nicht überholt, hatte aber eine andere und damit schlechtere Strategie. Der Neusseländer kam in Runde 24 und man setzte ihn dann auf die Medium. Damit konnte er aber nicht mehr angreifen.

Verhältnismäßig gut lief es auch für McLaren, aber auch hier war die Strategie ausschlaggebend. Der in Sachen Reifenverschleiß genügsame McLaren konnte die Soft bis Runde 39 fahren. Das war ausschlaggebend dafür, dass sich Alonso auf P7 festsetzen konnte. Mit den Medium fuhr er dann das Rennen zu Ende. Dabei hatte er Glück, dass Renault mit Carlos Sainz früher gestoppt hatte und dann auch die Medium nahm. Damit konnte der Spanier aber nicht angreifen.

Für seinen Teamkollegen Hülkenberg lief es in Ungarn schlecht. In der Quali verpasste er in Q2 das richtige Fenster für eine schnelle Runde, im Rennen versuchte man es mit einer Zwei-Stopp-Strategie, die aber nicht funktionierte. Ausschlaggebend war hier, dass Renault ihn schon in Runde 23 reinholte, obwohl der Deutsche die Soft aufgezogen hatte. Zu dem Zeitpunkt lag er auf P10, wurde aber durch den Stopp und die Reifenwahl (Medium) zurück geworfen. Renault korrigierte die Entscheidung in Runde 51 und gab ihm noch mal die Ultrasoft, aber da war es dann zu spät.

Schlecht unterwegs waren die Force India und Williams. Bei den Indern gibt es die bekannten Probleme rund ums Team, bei Williams ging auch in Ungarn mal wieder gar nichts. Beide Teams haben nun vier Wochen Zeit ihre Probleme auszusortieren.

Bilder: Daimler AG, Ferrari, Force India, McLaren F1, Sauber F1, Renault Sport, HaasF1, Williams F1

Das könnte Dir auch gefallen

2 Kommentare

Funkmaster Flow 31 Juli, 2018 - 00:36

Seit wann ist Hartley denn Brite? Oder habe ich da was durcheinander gebracht? 😜

DonDahlmann 31 Juli, 2018 - 07:35

Da hast Du so was von Recht.
Korrigiert.

Comments are closed.