Wie in jedem Jahr, sorgte der Einsatz des Safety Car für großen Unmut. Der ACO muss dringend eine andere Form des SC finden.
Vorweg gesagt: Es ist nicht das Safety Car an sich, dass das Problem ist. Ein SC ist gerechtfertigt. Nicht nur, weil es um die Sicherheit der Piloten geht, sondern vor allem um die Sicherheit der Streckenposten. Selbst wenn bei einer „Full Course Yellow“ die Autos nur mit 80 km/h um die Strecke fahren, ist das für die Posten gefährlich. Jeder, der mal ein paar Meter neben einer Schnellstraße gestanden hat, an dem die Autos mit der Geschwindigkeit fahren, weiß, wie unangenehm das ist. Sicherer sind die Arbeiten an der Strecke, wenn mal kein Rennwagen vorbei kommt.
Das Problem in Le Mans ist nur, dass es drei SC gibt, die das Feld aufteilen. Die SCs fahren an drei verschiedenen Stellen (Start/Ziel, erste Schikane, Indianapolis) raus und fangen die dahinter fahrenden Autos ein. Da die SCs in einem bestimmten Abstand fahren, ergeben sich so neue Abstände in den Klassen. Dabei passieren absurde Situationen. So fiel die #8 einmal im Rennen um rund 90 Sekunden zurück, weil die #7, die 20 Sekunden vor der #8 lag, gerade noch so durch rutschte, als das SC kam. Ähnliche Situationen gab es in letzten Jahren zuhauf.
So gewann letztes Jahr Porsche in der GTE auch deswegen, weil man nach wenigen Stunden ein SC gut erwischte, bzw. alle anderen schlecht. Gerade dieser Vorfall ärgerte neben den Fans auch den ACO. Noch im Februar gab man bekannt, dass man statt des SC in Zukunft mehr FCY verwenden wolle. Gefühlt war das in diesem Jahr auch der Fall, aber es geht eben nicht immer und die Sicherheit auf der Strecke geht vor. Nur leider versaute das SC in diesem Jahr so auch den Kampf in der LMP2 und der GTE.
Durch die drei SC entsteht ein weiteres Problem. Hat man einmal die 90 bis 120 Sekunden verloren, bekommt man sie nicht mehr reingefahren. Die Klassen sind so eng zusammen, dass man nicht einfach in zwei Stinkst den Rückstand aufholen kann. Möglich ist es, aber nur über eine lange Distanz. Aber dazu benötigt man ein Rennen, dass nicht wieder von einem SC unterbrochen wird. Wenn man 20 Sekunden aufgeholt hat, fällt man wieder auf den alten Abstand zurück, weil man ja wieder hinter einem anderen SC hängt und Zeit verliert. Man kann das Rennen praktisch vergessen.
Nur wie kann man das anders lösen? Ein Blick auf die Alternativen
Ein Safety Car
Es gibt nur ein SC, das bei Start/Ziel rauskommt. Problem ist hier, dass dann das gesamte Feld zunächst an einer Unfallstelle mit hohem Tempo vorbei fährt. Eine Lösung für dieses Problem könnten „Code 60“ Stellen sein, auf die man abgestuft runter gebremst wird. Das wird auf der Nordschleife praktiziert und es funktioniert gut. Nach der „Code 60“ Stelle erlaubt man dann ein erhöhtes Tempo (120 km/h oder etwas mehr) bis die Autos auf das SC aufgeschlossen haben.
Drei Safety Car
Man lässt es wie bisher, führt das Feld aber zum Ende der SC-Phase zusammen. Das SC mit dem führenden Auto bleibt zu nächst auf der Strecke, Safety Car C geht als erstes von der Strecke, die Autos dürfen mit erhöhtem Tempo (120 ihm/h oder etwas mehr) auf SC B auffahren. Sobald alle da sind, geht SC B raus, die Autos schließen auf SC A auf, dass das Rennen da freigibt.
Beide Varianten haben allerdings auch zwei Nachteile. In beiden Fällen dauernd die Prozedur etwas länger, vor allem bei der zweiten Variante. Dazu kommt, dass in beiden Fällen das Feld beim Restart extrem eng zusammen ist. Das ist bei gutem Wetter in Ordnung, bei schlechtem allerdings schwierig. 60 Autos im Regen auf einen Haufen sind gefährlich. Auch die alte „Cautions breed Cautions“ Regel ist nicht von der Hand zu weisen. Im Falle von Regen könnte man allerdings bei der zweiten Variante wieder auf bestehende Regel zurückgreifen und die Autos in drei Gruppen an den Restart lassen.
Ebenfalls kann man monieren, dass beide Vorschläge den heraus gefahrenen Vorsprung eines Teams löschen, was richtig ist. In den USA hat man damit keine Probleme, auf dem Kontinent allerdings hier und da schon. Allerdings verfahren mittlerweile fast alle Rennserien so, dass ein Vorsprung dann eben weg ist. So etwas kann auch dann auch Teil einer Strategie sein, wie man in Daytona immer wieder sehen kann.
Beide Varianten sind jedenfalls meiner Meinung nach fairer und besser für die Fans, als die bisherige, an der der ACO trotz heftiger Kritik und Hinweisen auf die „Code 60“ Lösung, irrsinnigerweise festhält.
Bilder: FIA WEC
3 Kommentare
Danke für den Kommentar zu einem wichtigen Thema. Was die Safety Car-Frage angeht, bin ich allerdings ganz anderer Meinung. Safety Car-Phasen sollen der Sicherheit bei einem Zwischenfall dienen und das Renngeschehen möglichst wenig beeinflussen. Das mag im US-Ovalrennsport teils anders aussehen, aber ich wünsche mit möglichst wenig Verzerrungen durch Safety Cars – erst recht nicht bei einem Langstreckenrennen, wo es gerade darum gibt, sich über viele Stunden mühsam Vorsprünge herauszufahren oder Rückstände aufzuholen. Im Hinblick darauf tut die Reduzierung der Anzahl der Safety Cars nur eins: die Verzerrungen vergrößern. Statt bis zu einer Drittel-Runde würde es Verschiebungen um bis zu einer ganzen Runde geben. Nun könnte man das ganze durch Wave-arounds so organisieren, dass es keine Vergrößerung von Vorsprüngen, sondern nur ein Aufschließen auf die Führenden gibt, aber auch da gilt: das sind massivere Verzerrungen im Renngeschehen um 3’20-4’00 Minuten, je nach Klasse (also auch deutlich mehr als z.B. in Daytona oder Spa). Und gerade in den Pro-Am-Klassen sind Teams ja darauf angewiesen, mit ihren Gold- und Platin-Fahrern Vorsprünge herauszufahren, um das langsamere Tempo der Bronze- und Silber-Fahrer auszugleichen. Wenn das Element wegfällt, wird Le Mans zum reinen Glücksspiel, denn heutzutage kommt das Rennen ja auch nicht mehr ohne Safety Car-Phasen aus. Für das kurzfristige Spektakel in den ersten Runden nach dem Restart mag das nett anzusehen sein, wenn das Feld immer wieder hinter den Klassenführenden aufschließen darf, aber es ist dann kein Endurance-Rennen mehr. Ebenso wie 500 Meilen-NASCAR-Rennen ihren Endurance-Charakter, den sie mal hatten, verloren haben, weshalb man die Stages mitsamt zwingender Zusammenführung und Restarts einführen musste, damit sich überhaupt noch jemand für die ersten 450 Meilen interessiert… Ich möchte nicht, dass es in Le Mans zukünftig auch nur noch darum geht, sich möglichst in der Führungsrunde zu halten und dann in den letzten paar Stunden (nach dem vermeintlich letzten Restart) loszuschlagen. Das gibt es in Daytona, was ich nicht mehr wirklich verfolge, seit es vor ca. 10 Jahren (?) mal ein Rennen mit etwa so vielen Gelbphasen wie Rennstunden gab und es am Ende in einem Shootout über wenige Runden entschieden worden ist. Dafür gibt es Sprintrennen, bei Langstreckenrennen möchte ich das nicht, da brauche ich mir nicht die ersten 23h angucken und das Live Timing verfolgen, um zu sehen, wer hier oder da mal ein oder zwei Sekunden oder gewonnen hat.
Darum mein Fazit: die Verschiebungen durch Sicherheitsmaßnahmen sollten möglichst klein gehalten werden. Die Slow Zones wurden über die letzten Jahre weiterentwickelt, haben dadurch an Sicherheit gewonnen, aber in Sachen Minimalverzerrung eingebüßt (weil sie immer an langsameren Stellen beginnen, aber dadurch länger sind). Der dieses Jahr angekündigte Ansatz mit den Full Course Yellows hat mir gut gefallen und man hat das ja anfangs auch mehrfach genutzt. Später dann weniger, ich weiß nicht, warum… Aber daran mütte man meines Erachtens anknüpfen, meinetwegen Tempo 60 statt 80, Sperrung einer Fahrbahnseite bei Bergungsarbeiten etc. Nur wenn wirklich gerade die Safety Cars gebraucht werden, um sichere Bedingungen herzustellen, sollte auf diese zurückgegriffen werden, und da finde ich die drei SCs eigentlich einen brauchbaren Kompromiss zwischen Bündelung des Feldes und möglichst wenig Eingriff ins Renngeschehen.
Insofern bin ich gegen eine radikale Veränderung hier, sondern für ein Weiterentwickeln der aktuell vorhandenen Instrumente. Damit dieses Langstreckenrennen ein echtes Langstreckenrennen bleibt.
[…] Wochenende – zum zweiten Mal in Folge – für viel Unmut. Don Dahlmann hat dazu einen Vorschlag aufgeschrieben. Ich habe eine andere […]
Hier hatte ich nach dem Podcast meinen Vorschlag im KOmmentar vorgestellt: https://www.racingblog.de/podcast/2019/06/20/racingblog-podcast-ausgabe-vom-19-6-2019/
Im Ergebnis dieser Weg bei Incidents drei Stufe:
1. Lokale Code 60
2. Full Course Code 60 die jeweils immer für ganze Runden gelten, so dass keine Abstandsverschiebungen passieren.
3. Vier Safety Cars, die zunächst alle Wagen einsammeln und dann zum Ende der Aufräumarbeiten hin einen Zeitraum von 2 oder 3 Runden in denen sich jeweils hinter jedem SC ein Klassenführender sammt den anderen Wagen sammelt. Restart dann möglichst „sortenrein“in 4 Gruppen
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