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Guide: 24 Stunden von Spa 2019

von Philipp Körner
2 Kommentare

Die 71. Ausgabe der 24 Stunden von Spa bietet alle Voraussetzungen, die es für einen denkwürdigen Klassiker braucht. So werden 72 Boliden von elf Marken ein atemberaubendes Rekordfeld bilden und eine seriöse Favoriten-Suche de facto unmöglich machen. Dazu kommen außerdem spannende sowie harte Klassenkämpfe, die schwierigen Wettervorzeichen und die feine Tradition der immer mal eingeworfenen Überraschungssieger.

Wie in der Bildergalerie des ersten Testtags bereits hinlänglich beschrieben sendete die Vorstellung der provisorischen Entry List regelrechte Schockwellen in die Welt des Motorsports aus. Die Reaktionen schwankten von begeistertem Erstaunen bis hin zu sorgenvollen Untertönen. Provoziere der dichte Verkehr nicht eh schon genug schwere Unfälle? Wäre es nicht klüger gewesen, mehr auf Qualität zu setzen? Und angesichts der schweren, teils lebensgefährlichen Unfälle der letzten Jahre haben solche Fragen durchaus ihre Berechtigung.

Im Rahmen des Solitude Revival hatte ich erst am vergangenen Wochenende die Chance, mit Stéphane Ortelli über seinen dramatischen Abflug im letzten Jahr zu sprechen. Der 49-jährige Monegasse schilderte eindrucksvoll, wie sein Lexus nach einem Lenkungsschaden in der Eau Rouge geradeaus in die Reifen einschlug. Wie er das größtenteils gesund und vor allem lebendig überstehen konnte, wisse er bis heute nicht. Das spricht hinsichtlich der Gefährlichkeit und des Anspruchs des Ardennen-Kurses für sich.

Und auch die anderen schweren Abflüge des vergangenen Jahres waren nur dank übermotivierter Schutzengel knapp an einer Katastrophe vorbeigeschrammt. Das begann mit dem dramatischen Unfall der Lamborghini Super Trofeo, in den leider auch Mitglieder der Sportwarte involviert waren, und setzte sich im Rennen mit den brutal zerschmetterten GT3-Boliden von Jürgen Krebs und Andy Meyrick fort. Die Auslöser waren hier ebenfalls aus der Kategorie Pech, wenngleich die FCY-SC-Handhabung mit ihrem inkonsequenten Rahmen zumindest als Teil der verhängnisvollen Kettenreaktion verstanden werden muss.

Als weitere Warnung sollte in diesem Zusammenhang auch das dramatische Jahr 2014 gesehen werden, als das Rennen schon fast einem Superspeedway-Lauf der NASCAR glich, indem es sich von einem heftigen Abflug zum nächsten hangelte. Ob sich das Risiko durch kleinere Felder verringern lässt, ist zwar nur eine Vermutung, aber bei aller Freude über die kerngesunde GT3-Szene sollte auch diese Perspektive nicht vergessen werden. Hoffen wir, dass das kommende Wochenende ohne schwere Zwischenfälle abläuft!

Das Feld

Nach den kritisch-warnenden Worten gehen wir nun zum angenehmeren Teil der Vorschau über. Zuerst fällt der Blick auf das Starterfeld mit seinen vier Klassen:

  • Pro: In der Klasse der Gesamtsiegfähigen treten heuer 35 Teams an, von denen mindestens 20 wirkliches Siegpotenzial besitzen. Bei den Fahrerkadern gibt es weder nennenswerte Einschränkungen noch Vorgaben, wodurch sich etliche Großkaliber bei den werksunterstützten Privatteams ausmachen lassen.
  • Silver Cup: Die jüngste Klasse des Ausrichters SRO legt getreu ihres Namens den Fokus auf Fahrer aus der Silber-Kategorie (Nomenklatur (absteigend): Platin – Gold – Silber – Bronze). In diese fallen größtenteils aufstrebende Talente, die durch die eigene Division quasi ein Schaufenster erhalten. Zwölf Trios/Quartette werden für das kommende Wochenende erwartet.
  • Pro-Am Cup: Obwohl in der Pro-Am-Klasse häufig die besten Duelle des Rennens stattfinden, rückt die Mischklasse leider meist in den Hintergrund. Als Basis dienen hier standardmäßig zwei Bronze-Piloten, die durch spezielle Stunden-Vorgaben einen hohen Anteil an der Fahrzeit erhalten. Zwölf Fahrzeuge sind aktuell gemeldet.
  • Am Cup: 13 Amateur-Truppen gehen 2019 das Abenteuer 24 Stunden von Spa an. Typisch für die GT3-Szene haben die meisten Bronze-Piloten zwar viel Erfahrung mit GT3-Autos vorzuweisen, jedoch finden sich einige unbekannte „Spa-Abenteurer“ in der Nennliste, die angesichts des vorherigen Exkurs zurecht im Fokus stehen werden.
  • Gaststarter: Eingeladen wurde außerdem ein Porsche 911 GT3 Cup MR mit Herbie-Lackierung, der unter anderem dank Chrom-Elementen reichlich Retro-Charme versprüht. Er ist formal der Pro-Am-Klasse zugehörig.

Die gesamte Nennliste (Stand der Verlinkung: 25.07.2019) kann hier eingesehen werden.

Wer sind die Favoriten?

Gute Frage, nächste Frage! Kaum ein Rennen ist so schwer vorherzusagen wie die modernen 24 Stunden von Spa. So war der Sieg des #34 Walkenhorst Motorsport BMW M6 GT3 (Philipp EngTom BlomqvistChristian Krognes) im vergangenen Jahr ein gutes Beispiel dafür, wie eine gelungene Rennstrategie die heutzutage stark überschätzte Quali-Speed-Rechnung ad absurdum führen kann. Dementsprechend wird Sonntag um 16:30 Uhr das Auto die schwarz-weiß karierte Flagge zuerst ansteuern, welches das beste Gesamtpaket liefert. Dazu gehören schnelle Fahrer mit Renn-Intelligenz, Strategen, die perfekt mit den getakteten SRO-Regularien und dem Wetter umgehen, und das nötige Quäntchen Glück.

In den bisherigen Läufen des Blancpain GT Series Endurance Cup konnte dies über den in Monza siegreichen #54 Dinamic Motorsport Porsche 911 GT3 R (Klaus BachlerAndrea RizzoliZaid Ashkanani), die Silverstone-Gewinner des #72 SMP Racing Ferrari 488 GT3 (Miguel MolinaMikhail AleshinDavide Rigon) und den in Le Castellet dominierenden #107 Bentley Team M-Sport Continental GT3 (Jordan PepperSteven KaneJules Gounon) gesagt werden.

Dazu kommen noch die Ergebnisse der Intercontinental GT Challenge, für die Spa ebenfalls das Jahreshighlight darstellt. Angesichts der GT3-Generationen-Regel in Bathurst und des kleinen Feldes in Laguna Seca sind die Ergebnisse an dieser Stelle ausgeklammert.

Zusammengefasst ist es in diesem Jahr so schwierig wie nie zuvor, klare Favoriten zu nennen. Bis auf Lexus (nur ein Am-Auto) hat jede Marke mindestens ein Fahrzeug als Speerspitze zu bieten. Hersteller mit größeren Aufgeboten sollten hinsichtlich der Daten und der Ausfallquoten allerdings einen gewissen Vorteil haben. Und da ist ja noch das Wetter, das Aston Martin, Audi, Bentley, BMW, Ferrari, Honda, Lamborghini, Mercedes-AMG, Nissan und Porsche einen Strich durch die Rechnung machen könnte.

Warm, wärmer, nass-kalt

Denn das verlangt aktuell zwar vor allem viel Schweiß ab, doch am Wochenende könnte sich alles ändern, wenn größere Gewitter Regen in die Region einführen und die Temperaturen quasi halbieren. Je nach Ankunft von Blitz und Donner besteht also die Möglichkeit, dass alle Trainings und Qualifikationen im Glutofen stattgefunden haben werden und das eigentliche Rennen bei Dauerniesel abläuft. In diesem aktuellen Szenario stehen die Teams also vor der Herausforderung, die Abstimmung und den Schlachtplan darauf anzupassen.

Welche Regeln sollte man kennen?

Wie in vielen GT3-Serien ist das sportliche Reglement eng formuliert. So dürfen Stints maximal 65 Minuten dauern, die längste Fahrzeit für einen Fahrer hinter dem Volant endet nach drei solcher Stints und Erholungspausen sind obligatorisch. Des Weiteren gibt es einen verpflichtenden „Technical Pit Stop“, bei dem Teams innerhalb von fünf Minuten längere Arbeiten wie Bremserneuerungen am Auto vornehmen können.

Grundsätzlich existieren vorgeschriebene Stoppzeiten, doch das Reglement bietet einige Möglichkeiten, um diese Zeit zu unterschreiten. Alle Details und Ausnahmen sowie genaue Erklärungen zu den Joker-Sekunden und den Joker-Stopps findet Ihr hier.

Genug gelesen! Wo kann ich den Spaß nun verfolgen?

In diesem Jahr ganz einfach über Facebook und YouTube! Ohne Geoblock. Ohne Abo-Falle. Zudem wird Eurosport teils aus Spa senden. Alle Informationen findet Ihr in unseren TV/Stream Zeiten, die Euch auch mit den verfügbaren Streams zum vollen Rahmenprogramm ausstatten werden. Besonders interessant wird der Schaulauf der neuen SRO-GT2-Kategorie, die noch von Porsche getragen wird (Stream Stand Donnerstag noch nicht bekannt). Außerdem fahren der Formula Renault Eurocup, die französische GT4 und die Lamborghini Super Trofeo.

Nützliche Links

PDF-Spotter-Guide

SRO-Live-Timing-Portal

Event-Twitter-Account

Unsere Bildergalerie – Parade und Donnerstagmorgen

Bilderquelle/Copyright: Blancpain GT Series Endurance Cup (SRO)

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2 Kommentare

Daniel 26 Juli, 2019 - 11:58

Danke für den „Guide“! :)
Ich bin zwar eigentlich nur stiller Beobachter bei eurem wunderbaren Blog, aber dieses Mal muss ich wohl doch einen Kommentar verfassen. Normalerweise verfolge ich die Rennen meiner liebsten Serien nur alleine, da ich keine Freunde bzw. Bekannte habe, welche auch meine Begeisterung für Motorsport teilen. Doch beim diesjährigen 24h Rennen von Spa habe ich mir meinen Bruder und einen Freund eingeladen um wenigstens den Start oder vielleicht sogar bis später in den Abend hinein das Rennen zu verfolgen. Um die zwei Neulinge aber jetzt an das Thema GT Motorsport heran zu führen ist euer Beitrag einfach nur Perfekt!

Danke und macht bitte immer weiter so! :) Ich werde wieder heimlich im Chat mitlesen und wenn ich mich eines Tages trauen sollte vielleicht auch einmal mit chatten…

Philipp Körner 29 Juli, 2019 - 20:47

Lieber Daniel,

vielen Dank für Deinen Kommentar und Deine netten Worte. Ich bin gerade von meiner Spa-Reise zurückgekommen und hoffe, dass Du trotz des Regens auch viel Spaß hattest. Vielleicht hast Du ja sogar das Kunststück geschafft, selbst mit widrigen Bedingungen zwei neue Motorsport-Jünger geschaffen zu haben. Falls nicht: Ende Juli 2020 folgt die nächste Chance. :D
Zum Chat: Du bist mehr als willkommen und ich würde mich sehr freuen, wenn Du einsteigst. Selbst ich als wohl größter Spam-Poster dort habe erstmal den Schritt wagen müssen, aber es dann nie mehr bereut. Viele Grüße und lass gerne mehr von Dir hören. :)

Phil

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