Macau schreibt immer seine eigenen Geschichten. Denn es sind nicht immer die Favoriten, die in den engen Gassen triumphieren. Das beweist auch das Rennen in diesem Jahr wieder. Keiner hatte Richard Verschoor auf dem Zettel – bis er plötzlich an Jüri Vips vorbeiging.
Der Macau GP 2019 ist Geschichte. Und wer auf diesen Ausgang getippt hätte, hätte nicht nur in der Glücksspiel-Metropole großes Geld machen können. Als Favoriten und Mitfavoriten wurde eine Reihe an Namen genannt. Der von Richard Verschoor zählte allerdings nicht dazu.
Im Training und Qualifying zählte Jake Hughes noch zu den schnellsten. Nach Q1 auf Polekurs wurde der Brite in der zweiten Qualifikationssitzung unter anderem von Jüri Vips geschlagen. Auf der notorisch engen Strecke sicherte sich Jüri Vips die Pole vor Robert Shwartzman. Alles sah nach einem Duell zwischen dem F3-Meister und dem estnischen Red-Bull-Junior aus.
Qualifikationsrennen
Und genau das war es auch im Sprintrennen. Doch der Lauf begann mit einem Knall. In Lisboa versuchte Logan Sargeant ein Manöver gegen Arjun Maini. Es kam zur Berührung, der Inder krachte in die Streckenbegrenzung und blockierte die Ideallinie. Die von hinten herankommenden Piloten konnten nicht mehr ausweichen. Es kam zu einem macau-typischen Auffahrunfall. Favoriten wie Jake Hughes oder Dan Ticktum beschädigten ihre Wagen terminal, unzähligen anderen Piloten blieb nichts anderes übrig als ihre Wagen zu parken, um nicht in die Kollision verwickelt zu werden. Darunter auch die beiden Premas Frederik Vesti und Marcus Armstrong. Für beide waren die Siegchancen damit schon an Tag 1 so gut wie dahin. Mitfavorit Armstrong wurde 17. Im Qualirennen und war in einer denkbare schlechten Ausgangslage. Der Rest des
Laufes verlief ziemlich unspektakulär. Callum Ilott, von Rang 3 gestartet, verlor langsam an Boden und fiel hinter Lundgaard und Richard Verschoor zurück. Vorne lief das Duell Vips gegen Shwartzman um die schnellste Runde und um das DRS. Doch der Este kam nie wirklich in Gefahr, seinen Rennsieg zu verlieren. Hinter Lundgaard, Verschoor und Ilott landeten Logan Sargeant, Alessio Lorandi, Ferdinand Habsburg, David Beckmann und Leonardo Pulcini in den Top 10. Sie alle hatten beim Unfall in der ersten Runde Glück gehabt und Plätze gut gemacht.
Hauptrennen
Mit Armstrong, Ticktum und Hughes in einer aussichtslosen Startposition waren von den Favoriten nur noch Vips für Hitech GP, Shwartzman für Prema und ART-Pilot Christian Lundgaard übriggeblieben. Doch schon am Start wurde es dramatisch. Im Gegensatz zum Tag zuvor erwischte Vips keinen so guten Start, während alle hinter ihm gut wegkamen. Am besten verliefen die ersten Meter jedoch für Richard Verschoor, der von Platz 4 kommend schon in Mandarin auf die zweite Position kam. Für Lundgaard und Shwartzman wurde es im ultraschnellen Rechtsknick jedoch eng, es kam zur Berührung und der Russe rollte mit einem Platten aus. Vips blieb hingegen vorne und hatte das Rennen auf den ersten Runden klar im Griff.
Nach ein paar Runden überschlugen sich die Ereignisse: Erst fuhr Leonardo Pulcini in Lisboa in die Streckenbegrenzung, die Situation wäre noch ohne Safety Car lösbar gewesen. Doch nur ein paar Momente später hatte DTM-Pilot Ferdinand Habsburg einen massiven Abflug in den Esses. Jetzt wurde das Safety-Car auf die Strecke gerufen. Ganz zum Leidwesen von
Vips, denn in der langen Highspeed-Passage bis Lisboa ist der Verfolger meist in einer besseren Position. Schon häufig hatte es genau dort bei Restarts Positionswechsel gegeben. Genau so kam es auch als in Runde 8 das Renngeschehen wieder aufgenommen wurde, Verschoor ging aus dem Windschatten außen an dem Esten vorbei. Nur kurze Zeit später überholte Logan Sargeant Christian Lundgaard für den dritten Platz.
Der Kampf um den Sieg wurde zunehmend intensiver. Vips konnte in den kurvigen Streckenabschnitten nur mit Mühe den Anschluss an den Niederländer halten und ihm fehlten dann die Meter auf Start-Ziel. Runde für Runde konnte er Verschoor zwar zum Verteidigen zwingen, kam aber nie außen vorbei.
Sechs Umläufe vor Schluss rollte dann Sophia Flörsch aus. Mit einem technischen Problem blieb sie kurz vor der Mandarin-Kurve stehen. Ein virtuelles Safety-Car wurde ausgerufen. Und wieder hatte Verschoor Glück, denn der Restart erfolgte noch im zweiten Sektor. Der MP-Motorsport-Fahrer konnte also noch einige Meter zwischen sich und Vips bringen, ehe die beiden auf Start-Ziel kamen.
Und wieder dasselbe Spiel, Verschoor hielt die Innenbahn und Jüri Vips blieb auf der Außenlinie über. Der letzte Strohhalm an den sich Vips klammerte, war das DRS das aufgrund der zahlreichen Gelbphasen erst drei Runden vor Schluss aktiviert wurde. Doch der Hitech-GP-Pilot kam einfach nicht mehr nah genug heran, um etwas gegen Verschoor auszurichten.
Der Macau-Rookie Richard Verschoor brachte das Rennen nach Hause und MP Motorsport zu einem unerwarteten ersten Macau-Sieg. Das gesamte Endergebnis könnt ist hier abrufbar.
Fazit
Wieder einmal wurde Macau seinem Charakter als Favoritenschreck gerecht. Auf dem legendären Guia Circuit muss einfach alles zusammenpassen, damit jemand mit der Siegertrophäe nach Hause gehen will: Eine gute Startposition, ein ordentlicher Start, jeder Fahrfehler kann das Rennende bedeuten. Das hat bei Jüri Vips alles geklappt, doch die Safety-Car-Phase und der darauffolgende Restart erwischten ihm auf dem falschen Fuß. Richard Verschoor hingegen darf sich in die illustre Liste von Macau-Sieger einreihen ohne vorher jemals ein Rennen in der GP3 oder der F3 gewinnen zu können. Auch wenn der Rennverlauf etwas glücklich war, es ist ein durchaus verdienter Erfolg. Denn Verschoor war am ganzen Wochenende schnell und vor allem fehlerfrei unterwegs.
Für mehr tolle Bilder des Wochenendes, könnt ihr euch hier die Bildgalerie von Phil anschauen.
Bilder: Macau Grand Prix Committee