Die engen Kämpfe im Mittelfeld konnten das Rennen nicht retten. Es war fürchterlich langweilig.
Barcelona ist keine Strecke, auf der man normalerweise spannende Rennen der Formel Eins sieht. Man kann kaum überholen, die Teams kennen die Strecke genau und verhauen sich normalerweise nicht mit dem Setup. Sie ist, wenn man es positiv formulieren will, eine Referenzstrecke, auf der man sehen kann, wie die maximale Performance eines Teams aussehen kann. Also ohne störende Einflüsse wie Reifenexperimente etc. Und genau das haben wir am letzten Wochenende gesehen. Und so sah dann auch das Ergebnis aus. Mercedes dominierte und überrundete das gesamte Feld, abgesehen von Verstappen, den man aber um 24 Sekunden abhängen konnte. Und das, obwohl Hamilton im Schongang unterwegs war.
Dass Mercedes in dieser Saison einen großen Vorsprung besitzt, haben wir schon in den ersten Rennen festgestellt. Im Rennen sind es meist um 0,5 bis 0,7 Sekunden vor den Red Bull. Der Rest hängt noch weiter zurück. Dass Mercedes aber in Spanien die störungsfrei fahrenden Racing Point ebenfalls überrunden konnte, ist schon bemerkenswert. Immerhin waren die RP den Top 3 noch am nächsten. Aber wenn man 66 Runden dann eine Runde zurückliegt, ist das nicht gesund für die Formel Eins.
Sicher, Barcelona ist aus den genannten Gründen besonders und es scheint fast so, als habe Mercedes das Auto allein für diese Strecke entwickelt. Auch kann Mercedes nichts dafür, dass man so gut ist. Aber wenn man einen Konkurrenten überrundet, der mit dem gleichen Motor unterwegs ist und zudem mehr oder weniger das Chassis aus dem letzten Jahr nutzt, dann führt das halt nicht gerade zu einem spannenden Rennen.
Das bemerkenswerteste aus der Spitzengruppe, war dann nur die Tatsache, dass Bottas nicht an Verstappen vorbeikommen konnte. Er hatte seinen zweiten Platz beim Start verloren, weil er auf der rechten Seite blieb, anstatt sich direkt hinter Hamilton einzuordnen. Vielleicht gab es hier aber auch eine Absprache, dass Bottas die rechte Seite abdecken sollte, um eben Verstappen zu blockieren. Bottas hatte dann das Pech, dass Stroll ihn in einem sehenswerten Manöver auch noch überholte. Den Kanadier holte sich der Finne dann schnell wieder, aber das war es dann auch.
Im ersten Drittel konnte man das auch verstehen, da man die Reifen schonen wollte. Warum Mercedes Bottas dann aber nicht auf eine aggressivere Strategie setze, war merkwürdig. Ein schneller Stint mit gebrauchten Soft in der Mitte, hätte Red Bull unter Druck gesetzt. Stattdessen blieb man konservativ, obwohl es kein Grund gab nach hinten absichern zu müssen. Dass Bottas aber im Rennen den Abstand, trotz der offensichtlichen Vorteile, die zumindest Hamilton hatte, nicht verkleinern konnte, war auch merkwürdig. Der Verdacht liegt nahe, dass Mercedes schon auf Team-WM-Modus umgeschaltet hat und einfach nur Red Bull distanzieren will.
Hinter den Top 3 lagen die RP, die mehr oder weniger allein unterwegs waren. Einzig Carlos Sainz konnte den RP in den letzten Runden näher kommen, da McLaren auf eine aggressive Strategie gesetzt hatte. Der Spanier fuhr einen beherzten Grand Prix und ließ zum ersten Mal in diesem Jahr seinen Teamkollegen Norris deutlich zurück. McLaren hatte Sainz einen neuen Motor spendiert, da man mit dem alten Kühlungsprobleme hatte. Das mag eine Rolle gespielt haben.
Hinter Sainz landete Vettel, aber wenn man ehrlich ist, gehört der Ferrari da nicht hin. Das Quali-Ergebnis spiegelt die Leistung von Ferrari deutlicher wider. P9 für Leclerc, P11 für Vettel. Leclerc fiel im Rennen mit einem merkwürdigen Problem mit der Motorelektrik aus, Vettel stritt sich genervt mit seinem Team über die Strategie. Er hatte relativ früh von den Medium auf die Soft gewechselt und da der Ferrari schonend mit dem Reifen umgeht, ergab sich die Möglichkeit bis zum Ende durchzufahren.
Der Streit über Funk war schon bemerkenswert. Offenbar hatte Vettel gefragt, ob er die Reifen schonen sollte, um damit bis zum Ende zu fahren. Ferrari verneinte das zunächst, kam dann aber drei Runden später selber auf die Idee, was Vettel mit „Oh for fuck’s sake. I asked you this before. Now I’ve been pushing for three laps.“ Die Konversation sagt viel über das Verhältnis zwischen den beiden Parteien aus, aber auch über das Chaos bei Ferrari. Dass es Vettel am Ende gelang immerhin noch P7 zu retten, erbrachte ihm dann den „Driver of the day“ Preis der F1.
Ein zähes Rennen hatte auch Alex Albon. Der Red Bull Pilot schaffte es zwar in Q3, aber betrug sein Abstand auf Verstappen satte 7 Zehntel. Das ist zu viel, aber konsistent mit seinen Ergebnissen in der Quali in diesem Jahr. Warum der Abstand so groß ist, kann man schwer sagen. Viele sagen, Albon sei halt so viel langsamer und man sollte lieber den großartig fahrenden Gasly zurückholen. Red Bull verweist darauf, dass Albon im Rennen besser unterwegs ist. Was auch stimmt. Aber auch nur, wenn Red Bull ihn nicht auf eine schlechte Strategie setzt.
In Barcelona opferte man Albon, um die Strategie von Verstappen perfekt zu gestalten. Albon kam relativ früh zum ersten Stopp und das zur einer Zeit, als er eigentlich relativ gut unterwegs war. Aber es war Zeit für die Stopps und die Frage war, ob man Verstappen auf die Medium oder Hard setzen würde. Probieren geht über Studieren, also zog man Albon die härteste Mischung auf.
Das Problem mit dem Reifen war nur, dass sie zu langsam waren, selbst gegenüber den gebrauchten Medium. Durch den frühen Stopp warf man Albon ins hintere Mittelfeld, wo er vor allem mit den schnellen Alpha Tauri und Renault kämpfen musste. Was mit den harten Reifen nicht einfach war. Das sah dann auch Red Bull und setzte Verstappen lieber auf die Medium um Platz Zwei nicht zu gefährden.
Zwei Fahrer, die neben Vettel, ebenfalls für den „Driver of the day“ Preis infrage gekommen wären: Pierre Gasly und Kimi Räikkönen. Der Franzose schaffte es erneut mit dem Alpha Tauri in Q3 und er hielt sich mit einer konservativen Strategie in den Top Ten. Gasly liefert diese Ergebnisse mit dem sicher nicht allerbesten Alpha Tauri in fast jedem Rennen ab, was schon bemerkenswert ist. Er hätte sicher eine Chance in einem besseren Team verdient, aber da ist ja bekanntermaßen 2021 nichts frei.
Kimi Räikkönen kam am Ende zwar nur auf P14, aber mit dem in diesem Jahr extrem schwachen Alfa Romeo war das schon eine besondere Leistung. Er brachte den Wagen (zum ersten Mal in diesem Jahr) in Q2 und war im Rennen sehr kämpferisch unterwegs. Man hatte den Eindruck, dass aus dem Wagen mehr raus quetscht, als eigentlich im Chassis steckt. Deutlich ist auch sein Abstand zu Giovinazzi. Der Italiener sieht nicht gut gegen den 40-jährigen Finnen aus. Es sieht im Moment nicht danach aus, als würde er 2021 im Alfa setzen. Da bieten sich im Moment eher Fahrer aus der F2 an (Illiot, Shwartzman).
Völlig von der Rolle waren die Renault, denen überhaupt nichts gelang. Sowohl Ricciardo als auch Ocon blieben außerhalb der Punkte und hatten auch keine Chance auf die Top Ten. Ein bisschen überraschend war das schon, waren die Renault in den anderen Rennen doch zumindest im vorderen Mittelfeld. Die Formschwankungen waren zwar erkennbar, aber nicht so krass, wie in Spanien. Ob hier ein Update nicht funktioniert hat, oder ob es an der Strecke lag, wird man dann in Spa sehen.
Hamilton führt jetzt in der WM mit 37 Punkten vor Verstappen und hat 43 Punkte Vorsprung auf Bottas. Alles andere, als eine weitere WM für den Briten wäre eine Überraschung. Sechs Rennen sind gefahren, sieben weitere sind bisher geplant. Ob weitere Rennen dazu kommen, ist noch unsicher, obwohl Abu Dhabi und Bahrain als relativ sicher gelten. Aber das Blatt müsste sich schon massiv wenden, wenn Red Bull Mercedes noch unter Druck setzen will.
Bilder: Daimler AG, Ferrari, Racing Point, McLaren, Renault, Alfa Romeo, Williams