Das Selbstverständnis der DTM-Führung ist erschütternd und überschattet jeden sportlichen Erfolg der letzen Jahre.
Schon seit Jahren kämpft die DTM um ihre Existenzberechtigung auf nationalem sowie internationalem Level. Die Serie ist für viele Hersteller zu teuer, hat zu wenig Zuschauer vor den Fernsehgeräten und auf den Tribünen (trotz seltsamer Zählweisen vor einigen Jahren) und auch die sportliche Seite ist ein Problem. Bedingt durch die geringe Anzahl an Herstellern war Teamorder immer eine wichtige Thematik und Zweikämpfe gab und gibt es noch immer nur selten zwischen Markenkollegen. Umso überraschender ist, wenn Gerhard Berger als Vorsitzender der ITR so ziemlich jede andere Serie kritisiert, aber dabei keine deutliche Verbesserung in der DTM erzielen kann. Die Formel 1 Fahrzeuge seien laut Berger zu schwer und außerdem viel zu kompliziert. Die Formel E hingegen sei viel zu langsam und eigentlich gar kein Motorsport. Eigentlich müsste man erwarten, dass das permanente kritisieren von anderen Serien spätestens dann weniger wird, wenn die eigene Serie vor dem Aus steht und mit Audi ein langjähriger Hersteller die Serie aufgibt. Dies ist jedoch nicht eingetreten und stattdessen hat Gerhard Berger am Wochenende nochmal gegen die ADAC GT Masters ausgeteilt. Diese sei nur „Hobby-Rennmeisterschaft“ und die DTM werde sich nicht dem Kundensport hergeben, sondern Profi-Rennsport bleiben.
Gewiss gibt es in der ADAC GT Masters viele „Hobby-Rennfahrer“ und auch die Werkseinsätze finden verkappt durch Privatteams statt, die teilweise Unterstützung durch die Hersteller erhalten. Trotzdem sind in den Top 10 der Serie etliche Werksfahrer zu finden, die bei den großen Langstreckenklassikern erfolgreich, und sicherlich schneller als Ferdinand Habsburg oder Fabio Scherer sind. Für Fahrer wie Rene Rast oder Sheldon van der Linde war die Serie ein wichtiger Schritt in ihrer Karriere, der sie möglicherweise auf die DTM vorbereitet hat. Weiterhin verkennt Gerhard Berger mit seiner Aussage die Interessen weiter Teile der deutschen Motorsport-Community, denn diese wünscht sich eher eine DTM wie in den späten 1980er sowie der frühen 1990er und genau diese war von Privatfahrern geprägt. Weiterhin hat in den vergangenen drei Jahren genau die Begebenheiten der DTM gezeigt, wieso man sich nicht auf Hersteller und Werkssport verlassen sollte. Relativ plötzlich verließ Mercedes-Benz die DTM und auch die Entscheidung von Audi kam relativ kurzfristig. Beides stellt(e) die Serie vor existenzielle Probleme und dürfte am Ende auch für das Ende der Serie in der jetzigen Form verantwortlich sein.
Währenddessen kann die „Hobby-Rennmeisterschaft“ des ADAC ein doppelt so großes Starterfeld wie die DTM vorzeigen und auch der Unterschied bei den Einschaltquoten verringerte sich in den letzten Jahren. Dabei gab es zwischendurch zwar auch Jahr mit kleineren Starterfeldern, jedoch konnte man im Endeffekt durch Amateure und Privatteams wieder ein größere Anzahl von Teilnehmern erzielen und bereits nächstes Jahr könnte die ADAC GT Masters die größte Motorsport-Serie in Deutschland sein. Gleichzeitig klammert sich bei der ITR und BMW an den eigenen Stolz und lehnt richtigen Kundensport fast schon kategorisch ab. Selbst die Integration von Kundenteams in die Serie war eher eine Notwendigkeit, nachdem Mercedes-Benz die Serie verließ und die Zukunft unklar war. Auch jetzt müsste die DTM sich wieder auf die veränderten Begebenheiten anpassen, doch bei kompletter Beibehaltung des Werksports ist ein Fortbestand der Serie unwahrscheinlich.
Eine mögliche Alternative wäre die Übernahme des BTCC-Reglement, welches eine große Markenvielfalt ermöglichen würde und zugleich die Kosten auf ein niedriges Niveau bringen könnte. Weiterhin wären zumindest werksunterstützte Einsätze möglich, wenn es beispielsweise um die Fahrerauswahl und technische Unterstützung geht. Zugleich wäre es aber auch leichter für Privatteams und aufstrebende Nachwuchsfahrer Sponsoren zu finden, die ein Programm finanzieren können. Pluspunkt wäre auch die Unterscheidung zur TCR, welche bereits in Deutschland in der TCR Germany und NLS antritt. Eine genauere Diskussion des Themas gibt es bei Auto Motor und Sport, aber auch bei uns im Podcast. Damit sei der kleine Rant beendet und die Rennen am Wochenende sollen auch nicht unerwähnt bleiben.
Rennen 1
Nach dem ersten Qualifying konnte man den Eindruck haben, dass BMW etwas gefunden hatte und den Abstand zu Audi deutlich verkleinern konnte. Bester BMW-Pilot war Sheldon van der Linde, der vom vierten Rang ins Rennen ging. Die Pole konnte sich jedoch Robin Frijns sichern vor Nico Müller. Eine kleine Enttäuschung erlebte Rene Rast, der vom siebten Startrang ins Rennen ging und das Rennen schließlich auch nur als siebter beendete. Dabei erwischte er zunächst einen guten Start, verbremste sich aber und fiel von seinem zwischenzeitlichem vierten Rang wieder zurück. Auch eine spätere Aufholjagd wurde durch einen schlechten Boxenstopp erschwert.
Direkt am Start konnte sich Müller die Führung sichern und diese gab er auch bis zum Rennende nicht mehr ab. Auch Van der Linde gehörte zu den Gewinnern des Starts, nachdem er Loic Duval überholte und sich damit den vorübergehend den dritten Platz sicherte. Im ersten Stint konnte Van der Linde Druck auf Frijns ausüben und durch einen besseren Boxenstopp dann sogar in Runde 15 vorbeigehen. Erst fünf Runden später ging Müller in die Box, sodass er die deutlich besseren Reifen im zweiten Stint hatte. Trotzdem wurde es für ihn nochmal etwas enger, nachdem Loic Duval sein Fahrzeug mit technischen Problemen neben der Strecke abstellen musste. Die DTM erklärt daraufhin den ersten Sektor zur Slow-Zone. Dies hätte eigentlich keine Auswirkungen auf die Abstände gehabt, wenn nicht Jonathan Aberdein den Pitlimiter eingelegt hätte, statt die Tempobegrenzung für Slow-Zones. Dadurch fuhr er nur 50 km/h statt der erlaubten 80 km/h und hielt Müller auf, der von seinen sieben Sekunden Vorsprung ganze fünf verlor und nur noch zwei Sekunden vor Van der Linde nach der Aufhebung der Slow-Zone war.
Am Ende wurde Nico Müller vor allem durch seinen späteren Boxenstopp gerettet, da er durch seine neueren Reifen am Ende 0,3 – 0,4 Sekunden pro Runde schneller war als Sheldon van der Linde. Im Kampf um den dritten Rang konnte Marco Wittmann noch Druck auf Robin Frijns ausüben, jedoch konnte sich dieser mit knapp 0,3 Sekunden Vorsprung den letzten Podiumsplatz sichern. Bester Privatfahrer wurde Ferdinand Habsburg mit einem guten sechsten Rang. Enttäuschend verlief das Rennen für Robert Kubica, welcher zunächst von Fabio Scherer gedreht wurde und anschließend auch nicht mehr ins Rennen fand. Mit über einer Minute Rückstand beendete Kubica das Rennen auf dem 13. Platz.
Rennen 2
Während im ersten Qualifying des Wochenendes BMW nicht ganz chancenlos war, veränderte sich die Situation wieder am Sonntag. Die ersten sechs Plätze wurden von Audi-Fahrern belegt und erst Marco Wittmann wurde bester BMW-Pilot auf dem siebten Startrang mit mehr als einer halben Sekunde Rückstand. Die erste Startreihe ging an Robin Frijns und Nico Müller. Für die zweite Startreihe konnten sich Rene Rast und Ferdinand Habsburg qualifizieren, der damit sein bestes Ergebnis im Qualifying erreichte.
Den besten Start erwischte Rast, der an Müller vorbeikam und auch zunächst außen neben Frijns war. Dieser ließ ihm jedoch nicht viel Platz, sodass Rast über das Gras gehen musste. Trotzdem konnte Rast sich zunächst den zweiten Rang vor Wittmann sichern, welcher der große Gewinner des Starts war. Im Kampf um die Führung konnte Rast dann auch durch das DRS in der dritten Rennrunde an Frijns vorbeikommen. In Runde sieben hingegen setzte sich dann wieder Frijns an Rast vorbei, jedoch drückte er dabei Rast auf das Gras und die Rennleitung ordnete einen weiteren Positionstausch an. Erst durch einen Undercut beim Boxenstopp in Runde 12 konnte Frijns dann wieder an Rast vorbeigehen und sich zunächst die Führung sichern, nachdem dieser in Runde 13 in der Box war.
Im Kampf um den dritten Rang konnte auch zunächst Wittmann sich gegen Müller durchsetzen, da er bereits in Runde 12 an die Box ging. Für Müller stand erst acht Runden später der Pflichtstopp an und er fiel bis auf den sechsten Platz zurück. Während im Kampf um die Führung sich Rast schließlich durchsetzen konnte, war Müller der große Gewinner der zweiten Rennhälfte. Bis Runde 37 konnte er sich auf den zweiten Rang verbessern und am Ende reichte es sogar fast für den Sieg. Am Ende fehlten nur 0,089 Sekunden auf den Sieger Rene Rast. Für Nico Müller war es damit das erste Saisonrennen, welches er nicht gewinnen konnte, nachdem er auch das zweite Rennen in Spa-Francorchamps nach einer Strafe für Rast (unerlaubtes Nutzen von P2P) noch zugesprochen bekommen hat. Im Kampf um den dritten Rang gab es in der letzten Runde noch ein Überholmanöver von Marco Wittmann gegen Robin Frijns, dessen Reifen deutlich weniger Grip hatten. Bester Privatier wurde Ferdinand Habsburg mit dem zehnten Platz.
Auch nach diesem Wochenende muss man wieder feststellen, dass Audi noch immer deutlich vor BMW ist. Sowohl im Qualifying als auch im Rennen kann der Hersteller aus München nicht um die Führung kämpfen. Noch schlechter sieht für Robert Kubica aus, welcher der einzige Privatier bei BMW ist. Im Qualifying fehlten ihm 1,3 bzw. 1,4 Sekunden auf die Spitze und auch ein Top 10 Ergebnis fehlt ihm noch bisher. Insgesamt könnte die Saison ein Rückschlag für seine Karriere im Motorsport sein. Fairerweise muss jedoch auch gesagt werden, dass keiner von den restlichen Rookies bisher so richtig überzeugt. Einzig Harrison Newey konnte einen Punkt beim Rennen am Samstag erzielen.
Ein großer Zuschauererfolg waren beide Rennen nicht mit 530.000 Zuschauern am Samstag und 560.000 Zusehern bei Sat.1 am Sonntag. Angesichts dieser Einschaltquoten sind die Aussagen von Berger wieder interessant, denn dieser sagt: „Glaubt man wirklich, dass Hobby-Rennsport hunderttausende von Leuten am Sonntag einschalten und sich das anschauen? Ich glaube es persönlich nicht. Ich glaube auch nicht, dass das für die DTM dann empfehlenswert wäre.“ Leider waren für die letzten Wochenenden der ADAC GT Masters die Einschaltquoten nicht verfügbar, aber traditionell liegt man irgendwo zwischen 150.000 – 300.000 Zuschauern + ca. 50.000 Zuschauer pro Rennen bei YouTube. Damit wiederlegt man die Aussage von Berger, der anscheinend sich auch nicht besonders über die ADAC GT Masters informiert hat. Weiterhin hat die DTM selbst nicht viel mehr Zuschauer, aber benötigt trotzdem deutlich mehr Geld. Insgesamt ist es für mich verwunderlich, welche Aussagen Berger trifft über andere Serien und wie wenig er dabei über die anderen Serien weiß.
Für die DTM geht es bereits dieses Wochenende auf dem Lausitzring weiter auf der längeren Variante. Hierbei werden wir zwei weitere Geraden sehen, die jedoch nur bedingt Überholmanöver ermöglichen sollten. Erstmalig wird zudem die GTC und Goodyear 60 im Rahmenprogramm der DTM fahren. Hier fahren dann wirklich Hobby-Rennfahrer und vielleicht meinte Berger die Serie in seinen Aussagen. Startzeiten für die DTM bleiben gleich und alle Zeiten sowie Streams gibt es in unseren TV Terminen.
Fotos: Audi; BMW; BTCC; Gruppe C