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Formula E: Vorschau Valencia ePrix / weiterer Rennkalender veröffentlicht

von StefanTegethoff
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Es ist fast ein Novum in der Formula E, aber doch nicht ganz: die Serie tritt an diesem Wochenende auf dem Circuito Ricardo Tormo vor den Toren Valencias an – also auf einer permanenten Rennstrecke.

„Nicht ganz“ sage ich deswegen, weil man ja auch in Mexico City schon seit einigen Jahren auf einer Mix-Variante aus dem Oval und der Stadion-Sektion des Autodromo Hermanos Rodriguez fährt. In Marrakesch besucht die Serie regelmäßig den dortigen Circuit International Automobile Moulay El Hassan, der zum Teil Straßenkurs, zum Teil permanente Strecke ist. Aber die „klassischen“ europäischen Rundkurse hat die FE bisher gemieden – zumindest für Rennen, Testfahrten fanden zunächst in Donington statt, seit einigen Jahren ist eben der nun bevorstehende Kurs in Valencia die Basis dafür. Teams und Fahrer kennen die Strecke also.

In den ersten Jahren der noch jungen Serie hörte man oft die Forderung von kritischen Fans wie auch von Zweiflern, die Formula E müsse auf die „richtigen“ Rennstrecken gehen, um quasi als vollwertige Rennserie ernstgenommen zu werden. Aus einer traditionalistischen Sichtweise (die ich durchaus auch gut verstehe) ist das nachvollziehbar, aber aus meiner Sicht ist es richtig, dass die FE-Organisatoren immer an den Stadtkursen festgehalten haben. Für mich sind die Stadtkurse essentieller Teil des Markenkerns der Formula E, ebenso wie die Sache mit dem Strom.

Sicher waren bei den Straßenkursen einige Flops dabei, es gab Mickey-Maus- oder Go-Kart-Bahnen mit zu vielen oder zu engen Schikanen. Aber es gab und gibt auch einige wirklich starke Stadtkurse in der Serie (ich überlege gerade, darüber demnächst einen Blogeintrag zu machen, stay tuned…). Die Atmosphäre ist dadurch eine andere als bei den traditionellen Serien und die FE muss sich absetzen, sie braucht auch aufgrund der bestehenden technischen Limitationen andere Strecken als die oft weitläufigen (natürlich teils wunderschönen) Rundkurse der Welt. Für mich passt das sehr gut zusammen.

Nun geht man also für ein Rennevent auf den Circuito Ricardo Tormo – eine der für die iberische Halbinsel recht typischen Retortenstrecken mit vielen langgezogenen, runden, oft schnellen Kurven. Das ist eigentlich so gar nicht das Territorium der FE-Boliden. Natürlich wird nicht die volle Strecke gefahren, sondern eine Kurzanbindung, aber die wiederum nochmal modifiziert: den Großteil des Infields wird das Feld auslassen, aber man nimmt nicht die eigentliche Kurzanbindung, eine schnelle Schikane, sondern biegt ein paar Meter später eng rechts ab, so wie es eigentlich gar nicht vorgezeichnet ist, und nutzt ein Teilstück des kurzen inneren Kurses.

Und dann fühlte man sich anscheinend genötigt, auf der langen Start/Ziel-Geraden – auf Höhe der Boxeneinfahrt – noch eine Bremsschikane einzubauen. Deren Sinn erschließt sich mir kaum, da sie relativ zu Anfang der Geraden kommt und dadurch weder einen guten Überholpunkt davor bietet, noch die lange Gerade nennenswert verkürzt. Durch diese beiden zunächst etwas seltsam anmutenden Modifikationen des Kurses schafft man ein paar Stadtkurs-ähnliche Ecken. Ob dieses Layout aber gutes Racing bieten kann, wird sich erst zeigen müssen. Leider wird man wohl auch in die F1-typische Track Limits-Diskussion kommen, denn zumindest bei den Testfahrten stand die Auslaufzone der ohnehin schnellen Kurve 1 den Fahrern zur freien Verfügung…

Aber ich kann mich auch täuschen: vom neuen Layout des Rome ePrix war ich auf dem Papier recht angetan – und die geänderte Passage war in der Realität zumindest zum Teil hoch problematisch. Der Start-Bogen war so eng und schlecht einsehbar, dass es schon beim Probestart nach dem Training krachte – und in den beiden Rennen ging es dort und in der darauffolgenden engen 90 Grad-Links gleich auch mehrfach drunter und drüber. Die Rennleitung ließ an beiden Tagen das Feld hinter dem Safety Car fliegend starten, einen stehenden Start wollte man an der Stelle – zumal auf leicht feuchtem Untergrund – nicht riskieren. Strafen und technische Defekte kamen auch hinzu, es war nicht das glücklichste Rennwochenende für die Formula E.

Zumindest das zweite Rennen war aber phasenweise gut anzuschauen. Dieses gewann Stoffel Vandoorne verdient, nachdem er die Pole am Vortag nicht umsetzen konnte. Polesetter hatten generell kein gutes Händchen, im zweiten Lauf drehte sich Nick Cassidy im Virgin-Audi von der Spitze in der ersten echten Kurve ins Aus.

Über die ersten zwei Doubleheader-Rennwochenenden haben sich Mercedes und Jaguar als die konstantesten Teams herauskristallisiert. Es ist zwar auch an der Spitze, wie gewohnt, viel Abwechslung geboten, aber diese beiden Teams scheinen am stabilsten im Vorderfeld mitfahren zu können. Der zweite Mercedes-Pilot Nyck de Vries erwischte allerdings ein rabenschwarzes Wochenende mit zwei Ausfällen (unter anderem war er unglücklich in einen Unfall in dem vorgenannten problematischen Startbereich verwickelt, als Lucas di Grassis Audi langsamer wurde).

Da für Mercedes trotz starker Performance somit nur ein Punkteresultat aus vier Möglichkeiten herauskam (das allerdings der Sieg von Vandoorne), liegen sie in der Teamwertung mit 65 Zählern ein Stück hinter Jaguar (82). Auf drei liegt Titelverteidiger Techeetah, für die Jean-Eric Vergne im ersten Lauf mit etwas Glück gewinnen konnte, da Lucas di Grassi, wie oben bereits erwähnt, vor ihm mit technischem Defekt verlangsamte.

In der Fahrerwertung führt Jaguar-Neuzugang Sam Bird (43 Punkte) knapp vor seinem Teamkollegen Mitch Evans (39), es folgen Robin Frijns (Virgin, 34), die beiden Mercedes-Piloten Vandoorne (33) und de Vries (32) und noch weitere Fahrer mit mehr als 30 Zählern auf dem Konto. Hier können sich also schnell Verschiebungen ergeben.

Auch in Valencia werden wieder zwei Rennen ausgetragen. Unfälle wie in Rom werden dabei aufgrund der großen Auslaufzonen wahrscheinlich weniger eine Rolle spielen, sodass mehr die reine Performance (und eventuelle technische Probleme) eine Rolle spielen werden. Der erste Lauf startet am Samstag um 15 Uhr, der zweite am Sonntag um 14 Uhr. Sat 1 geht jeweils eine halbe Stunde vorherauf Sendung, Eurosport 2 startet jeweils nochmal eine halbe Stunde früher mit Quali-Highlights bzw. der Aufzeichnung der Super Pole-Qualifikation. Es ist erfreulich, dass es beide Sender schaffen, ein festes Sendeschema anzubieten, ich hoffe, das wird über die Saison so fortgeführt.

Nach dem Valencia-Doubleheader geht es für ein einzelnes Rennen nach Monaco, wo erstmalig der volle F1-Kurs genutzt wird, wenn auch mit ein paar leichten Modifikationen, dazu zu gegebener Zeit mehr. Gestern wurde außerdem der Kalender für den Rest der Saison bekanntgegeben.

Marrakesch entfällt, und an die Stelle von Mexico City, wo die Strecke gerade für ein temporäres Corona-Hospital genutzt wird, tritt der permanente Kurs von Puebla (bekannt zum Beispiel von der guten alten WTCC). Danach soll es nach New York, London und Berlin gehen, jeweils für einen Doubleheader. Die Gemeinsamkeit – und wahrscheinlich auch ein Vorteil dieser drei Events? Sie finden nicht auf öffentlichen Straßen statt, sondern auf einfacher absperrbaren Grundstücken (Kreuzfahrt-Terminal, Messegelände, ehem. Flughafen). Aber immerhin liegen sie innerhalb der drei großen Weltmetropolen. Wenn die Events klappen, kann sich die Formula E über eine gelungene Saison in diesem zweiten Pandemie-Jahr freuen.

(Bilder: Formula E Media)

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