Der frühere Formel Eins Teamchef und FIA Präsident Max Mosley ist im Alter von 81 Jahren verstorben.
Es gibt in der Geschichte der Formel Eins viele Figuren, die den Sport nachhaltig geprägt haben. Der Brite Max Mosley war mit Sicherheit einer von ihnen und sein Einfluss auf die moderne Formel Eins der 2000er-Jahre kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Mosley war eine dieser „larger then life“ Persönlichkeiten, deren Lebenslauf schon von Kindheit an mit der Öffentlichkeit eng verbunden war. Sein Vater war Oswald Mosley, Gründer der British Union of Fascists in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts und ein glühender Anhänger der deutschen NSDAP. Max Mosley meinte mal, er sei in eine „merkwürdige Familie“ hineingeboren und habe erst in seinen 20ern gelernt sich davon zu distanzieren. Die pikante Note war dann das Auftauchen von Videos im Jahr 2008, die ihn angeblich in einer Nazi-Uniform auf einer Sex-Party zeigten. Mosley gewann allerdings diverse rechtliche Auseinandersetzungen gegen die britische Boulevardpresse.
Aber es zeigt schon, dass Mosley kein einfacher Charakter war. Seine kurze Rennkarriere Ende der 60er-Jahre beendete er nach zwei Unfällen schnell wieder. Dafür gründete er zusammen mit Robin Herd, Alan Rees und Graham Coaker das Unternehmen March Engineering. Zwischen 1970 und 1977 entstanden dabei diverse klassische und erfolgreiche Formel Eins Fahrzeuge. Die Marke expandierte auch in andere Serien wie die Formel Zwei, CanAm und später die IMSA/GTP Serie. Zu den Fahrern des Teams gehörten bekannte Namen wie Jo Siffert, Ronnie Petterson, Niki Lauda, Jean-Pierre Jarier, Hans-Joachim Stuck, Derek Daly, Jochen Maas, Ivan Capelli und andere. March war kein Powerhouse in der Formel Eins, aber gut genug für die Top 5 und insgesamt drei Siege. Mosley kümmerte sich um die kommerziellen und, als studierter Anwalt, um die rechtlichen Dinge des Unternehmens.
Ende 1977 verabschiedete er sich von March und wechselte in die 1974 gegründete FOCA, die Formula One Constructors‘ Association. Die hatte auf Betreiben von Brabham Besitzer Bernie Ecclestone, Frank Williams, Ken Tyrell und Colin Chapman gegründet um die kommerziellen Rechte der Formel Eins Teams besser vertreten zu können. Bis dahin war es üblich, dass die Teams oft mit den Streckenbesitzern und anderen verhandelte und die dann unterschiedliche Preise für unterschiedliche Teams zahlten. Ecclestone bot den Teams an die Verhandlungen zentral zu führen, was dann auf lange Sicht dann dazu führte, dass Ecclestone die Serie mehr oder weniger kontrollierte. Dabei stand ihm dann Mosley als Rechtsanwalt zur Seite und die beiden wurden ein sehr eingeschworenes Team, dass so ziemlich jeden Trick der Welt kannte und zur Not neue erfand.
Der Lieblingsfeind der FOCA (und von Ecclestone und Mosley) war die oberste Sportbehörde FISA (heute FIA) und deren Chef Jean-Marie Balestre. Der Kampf um Geld und Einfluss in der Formel Eins gipfelte in einem „Piraten Rennen“ (Südafrika 1981, ausgerechnet) bei dem unter anderem Williams, Lotus, Brabham, Tyrell und McLaren teilnahmen. Zwar blieben Renault und Ferrari dem Rennen fern, aber die FISA sah sich genötigt den Forderungen der FOCA beizugeben. Mosley entwickelte daraufhin das Concorde Agreement, dass ja bis in dieses Jahr in verschiedenen Varianten Bestand hat. Die FOCA, also Ecclestone und Mosley, hatten die Formel Eins wirtschaftlich seitdem komplett im Griff, die FISA hatte „nur“ noch die Übersicht über die sportlichen und technischen Regeln.
Einer weltweiten Öffentlichkeit wurde Max Mosley dann 1993 bekannt, als er Balestre als FIA Chef beerbte. Es ist bis heute vielleicht die grandioseste Leistung des Duo Ecclestone und Mosley, dass sie es schafften den Briten auf den Chefsessel der FIA zu hieven. Die seit 1971 eng befreundeten beiden Männer hatten seit 20 Jahren gemeinsam versucht die Kontrolle über die Formel Eins zu erhalten, waren jetzt in den wichtigsten Positionen für den Sport. Ecclestone sprach mal in einem Interview davon, dass sie sich die Diktatur nun mal teilen würden.
Unter seine Zeit als FIA-Präsident fiel dann aber das „schwarze Wochenende“, das Rennen in Imola, bei dem Roland Ratzenberger und Ayrton Senna starben und Rubens Barrichello schwer verunglückte. Mosley hatte schon zuvor mehr Sicherheit in der F1 gefordert, was bei Teams und Streckenbesitzern nicht gut ankam. Nach dem Tod von Senna sorgte er dafür, dass die Advisory Expert Group und dem damaligen Chefarzt der F1, dem legendären Sid Watkins, gegründet wurde. Gegen den erheblichen Widerstand etlicher Teams setzte Mosley eine Leistungsreduktion der Motoren durch, verschrieb der F1 kleinere Reifen und er führte das HANS in die F1 ein. Dazu wurde jede Strecke auf ihre Sicherheit überprüft und den Betreibern Ultimaten gestellt. Da lag er allerdings in vielen Fällen quer zu Bernie Ecclestone, der wiederum langfristige Verträge mit den Streckenpromotoren hatte. Im Gegenzug überschrieb die FIA alle kommerziellen Rechte der F1 endgültig an Ecclestone.
In seiner zweiten Amtszeit besiegelten Mosley und Ecclestone die Verschiebung der kommerziellen Rechte der F1. Sehr zum Unwohlsein einiger Teams, die sich aber gegen die Übermacht aus FIA und Ecclestone nicht wehren konnten. Mosley forcierte weitere, heute völlig normale Sicherheitsstandards in der Serie, kümmerte sich aber auch um die Autoindustrie. Es war die FIA die den Standard Euro NCAP Crashtest einführte und damit die Sicherheit der Autos deutlich erhöhte.
Um Ideen war Mosley nie verlegen. Er war es, der den Anstoß dazu gab, dass die Motorenhersteller in der F1 ihre Entwicklung der Saugmotoren einstellte und stattdessen KERS entwickelten. Im gleichen Atemzug kündigte er 2008 die Einführung einer Budgetgrenze für die Formel Eins Teams an. Diese Idee scheiterte krachend am Protest von Toyota, BMW, Ferrari und anderen. 2008 war das Jahr vor dem Finanzcrash und die Budgets von Toyota und anderen langen nahe der 500 Millionen Dollar Grenze. Mosley erkannte die Unwirtschaftlichkeit des Systems und die Abhängigkeit von den Herstellern. Er sollte am Ende Recht behalten.
Im gleichen Jahr gab es dann den oben kurz angerissenen Skandal um das Sex-Video. Eigentlich wollte sich Mosley 2009 für weitere vier Jahre zum FIA-Chef wählen lassen. Aber der Skandal warf kein gutes Licht auf ihn. Gleichzeitig waren die Teams die Diktatur von Mosley und Ecclestone leid. Man wollte einen neuen Mann an der Spitze, einer, der unabhängig und nicht im Tandem mit Ecclestone arbeiten würde. Mosley akzeptierte den Druck und Jean Todt folgte ihm auf den FIA-Thron.
Max Mosley war mit Sicherheit ein gewiefter Anwalt und Geschäftsmann, dem auch die schmutzigen Tricks in der Formel Eins nicht fremd waren. Seine Zusammenarbeit mit Bernie Ecclestone kann man als kongenial bezeichnen und ohne die beiden wäre die Formel Eins vermutlich nie so erfolgreich und nie so sicher geworden, wie sie heute ist. Mosley erkannte Trends früh, hatte ein Gespür für die Feinheiten im Paddock und kannte eben einfach jeden persönlich seit Jahrzehnten. Nicht alles, was Mosley und Ecclestone fabrizierten, war zum Wohle zum Sport, nicht alles geschah aus reiner Sorge um Sport. Dazu war auch Mosley zu sehr Geschäftsmann.
In den letzten Jahren kümmerte sich Max Mosley mehr um seinen Kampf (und den vieler anderen) Kampf gegen die britische Boulevard-Presse. Er nutzte seinen Einfluss und sein Vermögen in verschiedenen Rechtsstreitigkeiten gegen unterschiedliche Blätter. In diesem Zusammenhang entstand in den letzten Jahren auch ein Dokumentarfilm über ihn, der in wenigen Wochen Premiere haben wird.
Titelbild: Raimund Kommer This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license.