Home Formel EinsF1 Formel Eins: Analyse GP von Aserbaidschan 2021 – Wundertüte Baku

Formel Eins: Analyse GP von Aserbaidschan 2021 – Wundertüte Baku

von DonDahlmann
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Reifenschäden, rote Flaggen und Überraschungen – Das Wochenende in Baku hatte mal wieder alles im Angebot.

Irgendwas hat das Straßenrennen in Baku, dass es jedes Jahr besonders macht. Vielleicht sind es die Mauern, die keine Fehler zulassen, vielleicht die sehr unterschiedlichen Streckensektoren, die hier etwas ausmachen. Tatsache ist, dass das Rennen selten langweilig ist. Wobei man ehrlicherweise sagen muss, dass das Rennen in diesem Jahr relativ statisch gewesen wäre, hätten die Reifen nicht eine erhebliche Rolle beim Ausgang des Grand Prix gespielt. Aber der Reihe nach.

Schon die Qualifikation lief ungewöhnlich. Stroll und Giovinazzi versenkten ihre Autos in T15, was zu Abbrüchen führte. Das war in Q1 und Q2 eher weniger schlimm, aber der Ausflug von Ocon in Q3 war dann entscheidend. Zu diesem Zeitpunkt hatten etliche Fahrer, darunter die Red Bull, noch nicht ihren letzten Run beendet. Da aber nur noch eine Minute auf der Uhr zu sehen waren, war die Quali beendet und die Ferrari fanden sich, zu ihrer eigenen Überraschung, auf der Pole. Es zeigte sich, dass es eben wichtig ist, dass man auf Stadtkursen schon versucht im ersten Run seine beste Zeit zu fahren. Eigentlich sollte man das aus Monaco gelernt haben.

Ferrari war mal wieder eine Überraschung am Wochenende, vor allem, weil man auf der langen Geraden nicht so viel Zeit verlor, wie man eigentlich erwartet hatte. Dass die Italiener in den engen Sektoren gut sein werden, hatte man dagegen erwartet. Sicher, ohne die Unterbrechung wäre Leclerc nicht auf der Pole gelandet, dafür waren die Red Bull zu schnell. Aber der Trend, dass sich Ferrari als Nummer Drei in der Hackordnung etabliert, ist sicher da. Paul Ricard in zwei Wochen wird da mehr Klarheit bringen.

Red Bull war am Wochenende erstaunlich stark. Oder besser andersherum: Mercedes war erstaunlich schwach. Nur mit Mühe und größeren Umbaumaßnahmen gelang es Mercedes Hamilton einigermaßen nach vorne zu bringen. Dafür setzte man auch auf einen neuen Heckflügel, der weniger Abtrieb bietet, was sich für den Briten auszahlen sollte. Bottas ging allerdings an diesem Wochenende völlig unter. Er setzte (oder musste) auf den normalen Heckflügel setzen, mit dem der Mercedes überhaupt nicht lief. P10 in der Quali und im Rennen keine Punkte. Es war allerdings schon bemerkenswert, wie chancenlos der Finne im Rennen war.

Für Hamilton lief es ein wenig besser und der Brite hätte das Rennen gewinnen können. Leclerc konnte sich nur kurz an der Spitze halten bevor er von Verstappen und dem Briten nach hinten durchgereicht wurde. Aber dann kamen die Stopps und der von Mercedes dauerte zwei Sekunden länger, weil man Gasly passieren lassen musste. Das sollte massive Konsequenzen haben. Verstappen setzte sich nach dem Stopp etwas ab, aber schlimmer war der Overcut von Perez.

Der Mexikaner war nur von P8 gestartet, hatte aber eine sensationelle Startrunde, bei der drei Plätze gewann. Danach schnappte er sich noch Leclerc und lag etwas hinter Hamilton auf P3. Mercedes wollte den Undercut erzwingen, aber mit dem langen Stopp war man da eh raus. Verstappen kam eine Runde später und lag bequem vor Hamilton. Schlimmer für die Mercedes war aber die In-Lap von Perez, der reihenweise Sektorenbestzeiten hinlegte und dann doch noch vor dem Briten rauskam. Damit war das Rennen natürlich gelaufen. Doch dann kam die Reifenschäden.

Erst ging bei Stroll ohne Vorwarnung der hintere linke Reifen kaputt, und das ausgerechnet auf dem schnellsten Stück der Geraden. Der Abflug war unschön, aber die Sicherheitszelle des Aston hielt. Das war in Runde 29. In Runde 45, also 33 Runden nach seinem letzten Stopp, passierte aber der exakt gleiche Schaden auch dem in Führung liegenden Verstappen. Die Frage war dann: Reifenschäden durch Debris? Überlastung? Konstruktionsbedingter Schaden? Am Montag gab es von Pirelli dazu noch keine Antwort. Auffallend war aber, dass am Reifen von Stroll kein Schaden an der Lauffläche zu sehen war. Auch die von Verstappen schien intakt. Wird sicher etwas dauern, bis die Untersuchung beendet ist.

Das Rennen wurde jedenfalls abgebrochen und den Restart über die letzten zwei Runden des Rennens gewann Perez, weil Hamilton sich einen seiner sehr seltenen Fehler erlaubte. Offenbar hatte er vergessen, die Bremsen von der „Aufwärmstellung“ in die „Rennen“ Einstellung zu bringen. Die Folge war ein massiver Verbremser und damit fiel der Brite zum ersten Mal seit Jahren aus den Punkten. Das Pech von Hamilton war das Glück von Perez, der dann ungefährdet seinen zweiten Karrieresieg einfahren konnte. Und damit auch zeigte, dass Red Bull jetzt endlich genau den Fahrer hat, den man neben Verstappen benötigt.

Bemerkenswert waren allerdings die Fahrer auf den Plätzen dahinter. Das Sebastian Vettel und Pierre Gasly auf dem Podium standen, war schon eine faustdicke Überraschung. Vor allem das Rennen von Vettel war bemerkenswert. Der Deutsche hatte Q3 knapp verpasst und startete von P11. Sein Pech am Samstag war allerdings sein Glück am Sonntag. Da er einen frischen Satz Soft hatte, konnte er diesen zum Rennen aufziehen. Ein guter Start brachte ihn bis Runde 10 auf Platz 6 und danach entschied sich Aston Martin für einen sehr langen Overcut.

Vettel blieb bis Runde 18 draußen und führte zwischenzeitlich sogar das Rennen an. Dabei zeigte er weiter sehr gute Rundenzeiten, was ihm nach seinem Stopp auf Platz 4 brachte. Der Ausfall von Verstappen und der Fehler von Hamilton brachten ihn dann auf P2. Das war natürlich etwas glücklich, aber man muss halt auch erst einmal in die Position kommen. Und das hatte man sich hart erarbeitet. Vor allem die hervorragende Leistung von Vettel im Rennen, der sich offenbar mittlerweile im Auto sehr wohlfühlt, hat das Ergebnis möglich gemacht. Nicht vergessen sollte man aber auch Lance Stroll, der auf ebenfalls einen guten Run hatte. Als vorletzter gestartet fiel er dann auf P4 aus. Da wären Punkte für beide Autos drin gewesen.

Pierre Gasly wiederum lieferte die schon fast bekannte gute Leistung ab. Von P4 gestartet hätte da eigentlich etwas mehr drin sein sollen, aber der Overcut von Vettel verhinderte den zweiten Platz des Franzosen. Die guten Leistungen von Gasly dürften allerdings bei Alpine so langsam auffallen, wo sich Ocon weiter nur zeitweise in Szene setzen kann. Ein gutes Rennen hatte auch Tsunoda, der nicht nur in Q3 kam, sondern das Rennen auch auf P7 ohne Zwischenfälle beendete.

Ferrari hatte nach dem Highlight in der Quali im Rennen wenig zu melden. Leclerc landete auf P4 , was schon das Maximum war. Sainz leistete sich nach seinem Stopp einen Verbremser und fiel ins Mittelfeld zurück. Immerhin arbeitete sich der Spanier dann noch auf P8 vor, was angesichts des nicht so dollen Topspeeds des Ferrari schon ein guter Rebound war.

Weniger auffällig waren am Wochenende die McLaren. Nach P3 in Monaco landete Lando Norris nach einem unauffälligen Rennen auf P5 in Baku. Sicher nicht schlecht, aber ich hatte mir da doch mehr erwartet. Daniel Ricciardo tat sich erneut schwer und kämpfte lange um den Einzug in die Punkte, was ihm am Ende auf P9 auch gelang. Ob das Team, ähnlich wie Mercedes, nicht so gut mit den sehr weichen Reifen von Pirelli klarkommt? Die Vermutung liegt zumindest nahe.

Die Top Ten schloss dann Kimi Räikkönen ab, der mal wieder ein gutes Wochenende hatte. Er war konstant schneller als sein Teamkollege und spielte im Rennen seine Erfahrung aus. Der Alfa ist auch wirklich nicht schlecht, man hat immer den Eindruck, dass nicht viel für einen Sprung in Mittelfeld fehlt. Mittlerweile häufen sich auch die Gerüchte, dass Kimi eventuell noch eine Saison dranhängen will.

Die Alpine hatten am Wochenende mal wieder Probleme, aber Alonso schaffte es das Auto immerhin noch auf P6 zu bringen, weil er beim Restart noch ganz frische Reifen hatte. So richtige Fortschritte sind bei den Franzosen im Moment nicht zu sehen. Vielleicht liegt es hier auch an den, von allen, ungeliebten weichten Mischungen von Pirelli, aber das Chassis war von Anfang an schwierig zu fahren und stellte die Fahrer vor Probleme. Vielleicht wird es beim Heimrennen besser.

Bilder: Ferrari, Daimler AG, Aston Martin, McLaren, AlpineF1, Alfa Romeo, Williams, HaasF1

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